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Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Titel: Geraeuschkiller - Mutige Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Severini
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Lawrence von Arabien mit einer
»Schwarzen Witwe« gesehen hatte, dem damals schnellsten Motorrad der Welt, auf
dem er, wie viele andere, in den Tod gerast war.
    Ihre Blicke
wanderten über die Wände. Sie waren stellenweise bedeckt mit Graffiti. Jemand
hatte Insektenköpfe mit riesigen Fühlern, Ohrmuscheln und Tierohren an die
Wände gesprüht oder mit Kohle hin gekritzelt. Im flackernden Schein der
Feuerschalen sah es so aus, als bewegten sie sich. Auch auf einem der
Sarkophage regte sich etwas.
    Clara zwang
sich genauer hinzuschauen. Was sie sah, jagte ihr Schauer über den Rücken. Das
unruhige rötliche Fackellicht beleuchtete große, mit einer grünlichen
Flüssigkeit gefüllte Einmachgläser. Menschenohren schwebten aufrecht darin. Die
Gefäße waren versiegelt. In anderen Einmachgläsern schwammen Wolfsohren und
Fuchsohren, Fledermausohren und riesige Insektenfühler.
    Und dort,
neben den Motorrädern, ragte ein sonderbares Ding aus Stahl in den Raum: ein
riesiges Menschenohr mit Katzenohrfortsätzen! Das Ohr ragte senkrecht aus hohen
Straußenfüßen.
    Clara spürte
den unwiderstehlichen Drang davonzurennen, die Treppen hoch, hinaus aus diesem schrecklichen
Haus.
    Plötzlich
hörte sie Schritte. Schritte von Bikerboots. Hackende, humpelnde Schritte. Sie
kamen die Treppe herunter.
    Sie war
verloren! Ihre Gedanken überschlugen sich. Wo sollte sie hin? Hier unten war
nichts, wo sie sich verstecken konnte.
    Nichts!
    Ihre Blicke
suchten angstvoll die Gruft ab. Die Sarkophage! Sie hatte es in ihrer Panik
nicht bemerkt – die Sarkophage standen auf großen marmornen Adlerfüßen. Wenn
sie es schaffte, unter einen Sarg zu kriechen … Sie huschte hinüber und presste
sich unter einen Sarkophag.
    Sie hielt
die Luft an, lauschte.
    Das Hacken
der Schritte wurde lauter. Unaufhaltsam.
    Sie hielt
sich ganz steif. Beweg dich nicht! Ihre Beine schliefen ein. Ihre Arme auch.
Dass ihr Knöchel schmerzte, spürte sie nur wie von fern. Jetzt dröhnten die
Schritte in ihrem Kopf.
    Ohrthor war
da.
    Sie war
nicht sicher, aber sie glaubte zu hören, dass er sich auf den Boden hockte.
    Er murmelte
vor sich hin. »Erst mal ein bisschen massieren, gut massieren.« Er schien an
seinem Bein zu hantieren. Dann klackte Eisen auf Stein. Er hat die eiserne
Pantherpranke von seinem Knie abgenommen, dachte sie. Ohrthor rieb sein Bein.
    »Ah, tut
das gut!«, seufzte er und klopfte mit beiden Händen sein Bein ab. »Viel zu gut!
Schmerz ist besser, viel besser. ›Gut tut, was wehtut‹, hat dein grausamer Mund
immer gesagt. Und wie du immer gelächelt hast dabei.«
    Aus seinen
letzten Worten glaubte Clara ein Schaudern herauszuhören. »Aber ich brauche
eine Pause, Mutter, nur eine kleine Pause!«
    Er führt
Selbstgespräche mit seiner Mutter, dachte Clara. Doch sie kam nicht dazu, sich
zu wundern, denn sie hörte, dass er in die Richtung der Motorräder ging. Ganz
leichtfüßig hörte sich sein Schritt an.
    Sein Bein
ist wirklich gesund! Dragu hatte Recht. Aber wieso quälte sich Ohrthor mit der
Eisenpranke an seinem Knie herum?
    Sie biss
die Zähne zusammen, damit sie nicht aufeinander schlugen vor Kälte, sie fror
jämmerlich auf dem gruftig kalten Marmorboden.
    Jetzt hörte
sie, wie Ohrthor den Benzinhahn am Tank öffnete, den Vergaser flutete und mit
seinem ganzen Köpergewicht den Kickstarter durchtrat. Die »Schwarze Witwe«
sprang röhrend an, er schwang sich behände auf den Sattel, gab Gas und jagte
durch die Gruft, immer im Kreis herum.
    Alles
dröhnte vom Brüllen des Motors. Immer rasanter wurde die verrückte Fahrt, der
Geruch von verbranntem Öl erfüllte sekundenschnell das Gewölbe. Dann kreischten
die Bremsen, dass die Funken sprühten. Ohrthor sprang ab, schwang sich auf die
nächste Maschine und weiter ging das Spektakel im Affentempo. Immer im Kreis
herum, immer im Kreis herum.
    Auf einmal
verstummte der Motor.
    Was war
los? Clara lauschte.
    Ohrthor
stieg ab und ging zur Mitte der Gruft. Plötzlich ein ohrenbetäubendes
steinernes Malmen und Bersten. Als brächen riesige Steinplatten entzwei, als bräche
die Gruft über ihr auseinander. Clara biss sich in die Faust, dass sie blutete,
um nur keinen Angstlaut von sich zu geben. Gleich würden die Mauern einstürzen
und sie unter tonnenschweren Gesteinsbrocken begraben!
    Aber nichts
geschah.
    Und doch
hielt das gespenstische Geräusch an. Sie hob vorsichtig den Kopf. Probierte
Ohrthor ein neues Smaragg aus? Was er gerade trieb, konnte sie bei dem Lärm
nicht hören,

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