Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
dass das Grab Jesu Christi eine Art Höhle wäre, irgendwo im Freien, und nicht dieses Mausoleum in einer verliesartigen mittelalterlichen Kirche.
    »Die Reihe bewegt sich«, sagte Rachel und schob mich sanft vorwärts.
    Bald darauf standen wir an der Tür des Mausoleums, und jetzt erst sprach Ibrahim mit dem Respekt, den ich eigentlich von Anfang an erwartet hätte.
    »Im Innern von Grab wir sehen zwei Räume«, sagte er. »Gehen wir hinein.«
    Im ersten Raum gab es ein Podium mit einem Glaskasten darauf. In dem Glaskasten war ein Stück von einem Stein ausgestellt.
    »Dieser Raum heißt Raum des Engels«, erklärte Ibrahim. »Hier liegt der Leichnam aufgebahrt, bis Platz zur Beisetzung vorbereitet ist. In Glaskasten ein Stück von Abschlussstein, den Engel zur Seite gerollt, um auferstandenen Jesus zu befreien.«
    Zu meiner Rechten bemerkte ich zwei Löcher in der Wand. »Wenn Menschen kein Feuer für ihre Osterlichter«, berichtete Ibrahim im Hintergrund, »dann Priester stehen hier und geben Feuer von Heilige Feuer, Licht von große Kerze für kleine Kerzen.«
    Meine Aufmerksamkeit war zu einer niedrigen Tür in der dicken Marmorwand zur inneren Kammer weitergewandert. Ich bückte mich hindurch und gelangte in eine kleine Gruft. Hier knieten ein Mann und eine Frau vor einem Marmoraltar und beteten. Sie hatten Kruzifixe auf den Altar gelegt, als würden die Gegenstände durch die bloße Berührung gesegnet. Über ihnen hingen silberne Lampen an Ketten herab, und überall brannten Kerzen und tauchten die Gruft in ihr flackerndes Licht. Rosen in weißen Vasen verströmten ihren Duft, der in dem kleinen Raum beinahe widerlich intensiv war.
    »David?«, flüsterte Rachel. »Bist du deshalb hergekommen?«
    Ich beugte mich vor und berührte den Marmorstein vor dem betenden Paar. Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, doch ich spürte nichts. Ich hatte mehr in Stonehenge empfunden, als ich über das Geländer geklettert war und die uralten Steine berührt hatte. »Das ist nicht der richtige Ort«, sagte ich.
    »Was?«, fragte Rachel.
    »Hier ist nichts passiert.«
    Der kniende Mann und die Frau starrten mich aus weit aufgerissenen Augen an.
    »Sir, so etwas dürfen Sie nicht sagen!«, raunte Ibrahim leise hinter mir. »Das hier heiligster Ort von ganz Jerusalem!«
    »Das ist nicht der Ort«, beharrte ich. Ich duckte mich unter der Tür hindurch und eilte nach draußen in die Rotunde zurück.
    Rachel folgte mir auf dem Fuß. Die Menschen in der wartenden Schlange starrten uns an. Sie schienen zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Es war mir egal. In mir war ein wildes Gefühl unerklärlicher Panik aufgestiegen. Bald war es dunkel draußen, und ich hatte immer noch nicht gefunden, weswegen ich hergekommen war.
    »Sag mir, was das zu bedeuten hat!«, raunte Rachel mir zu.
    »Hier ist nichts geschehen. Das ist nicht die richtige Stelle.«
    Jemand in der Schlange ächzte entsetzt.
    »Was für eine Stelle ?«, fragte Rachel.
    Ich drehte mich zu Ibrahim um, der inzwischen ein Walkie-Talkie in der Hand hielt und unschlüssig zu überlegen schien, ob er Hilfe herbeirufen sollte oder nicht. »Ist das der echte Stein im Grab?«, fragte ich ihn.
    »Nein, Sir. Marmorstein wurde über Stein gelegt, wo Leichnam von Jesus geruht hat.«
    »Man kann den richtigen Stein nicht sehen?«
    Die Miene unseres Führers hellte sich auf. »O doch, Sir, können sehen echten Stein. Können sogar berühren. Folgen bitte.«
    Er führte uns auf die Rückseite des Mausoleums. Dort stand eine weitere Kapelle, weniger prunkvoll und zur Rotunde hin offen. Sie war viel bunter als der marmorne Schrein, aus dem wir gerade gekommen waren, mit bunten Wandbehängen und Schmiedeeisen und einem jungen Mann mit einem nachmittäglichen Stoppelbart, der sie bewachte.
    »Dies heiliges Grab von andere Seite, Sir«, sagte Ibrahim im Flüsterton. »Teil von koptische Kapelle. Kopten Christen aus Ägypten. Sehr gläubige Menschen.«
    Die Schlange hier war viel kürzer. Sie führte in die kleine Kapelle und hielt vor einem Vorhang, der das, was dahinter lag, vor neugierigen Blicken aus der Ferne abschirmte.
    »Sir, hinter diese Vorhang ein Stück von richtige Stein, woJesus gelegen. Hierher die Kranken kommen und bitten um Heilung, und Gesunde bitten um Segen.«
    Während ich darauf wartete, dass ich an die Reihe kam, begann meine Haut zu jucken, als hätte ich plötzlich Ausschlag. Endlich war die Schlange soweit durch. Ich begab mich hinter den Vorhang, kniete nieder

Weitere Kostenlose Bücher