Geraubte Erinnerung

Soldaten herbei, doch plötzlich erschien Geli Bauer neben dem zappelnden kleinen Inder. Mit beinahe lässiger Geschwindigkeit packte sie Nara an der Kehle, schleuderte ihn zu Boden, drehte ihn auf den Bauch und rammte ihm ein Knie in den Rücken. Ein Soldat band Naras Hände mit Plastikfesseln und führte ihn aus dem Hangar. General Bauer nickte Geli schweigend zu.
    »General«, sagte Senator Jackson. »Es muss irgendetwas geben, das Sie gegen die beiden letzten Raketen unternehmen können! Was Ihnen auch einfällt, Sie haben unsere Autorisierung!«
    »Es gibt nichts, Senator. Absolut nichts. Alles hängt jetzt an Tennant.«

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    I ch stand sprachlos vor Entsetzen vor der schwarzen Kugel und starrte auf einen Bildschirm, der hinter einem Paneel in der Basis Trinitys sichtbar geworden war. Der Explosionsdruck der Bombe hatte einen Trichter von fast einem Kilometer Durchmesser im Ozean hervorgerufen, und ich war sicher, dass schon sehr bald eine gewaltige Flutwelle an die Ufer Virginias branden würde. Während der Atompilz höher und höher in die Atmosphäre stieg, versuchte ein Teil meines Verstandes mir einzureden, dass ich auf irgendein verlassenes, ödes Atoll im Pazifik sah und nicht auf eine Stelle im Ozean, die nur wenige Meilen von einer amerikanischen Großstadt entfernt lag. Ich riss mich von dem Bildschirm los und konzentrierte mich auf die blauen Laserblitze im Innern der Kugel.
    »Du musst diese beiden letzten Raketen zerstören«, sagte ich.
    »Ich sehe nichts, das mich dazu bewegen könnte.«
    »Wie viel Zeit bleibt noch?«
    »Zweiundzwanzig Minuten.«
    Ich hatte geglaubt, die nächsten Detonationen würden sich jeden Augenblick ereignen. »Aber … das bedeutet, dass du diese beiden Raketen absichtlich gestartet hast. Welchen Sinn macht weiteres Töten? Du hast gezeigt, wozu du imstande bist.«
    »Der erste Gefechtskopf wird nur wenige Tote verursachen angesichts der Fehlfunktion der Trägerrakete.«
    »Musst du Menschenleben vernichten, um deinen Standpunkt deutlich zu machen?«
    »Die Geschichte beantwortet diese Frage mit einemeindeutigen Ja. Die Menschheit braucht lange, um zu lernen. In Hiroshima und Nagasaki starben zweihunderttausend Menschen. Daraus habt ihr gelernt.«
    »Aber du würdest Millionen töten!«
    »Eine vergleichsweise geringe Zahl in Relation zu den sieben Milliarden auf diesem Planeten. Ist es nicht eine alte menschliche Tradition, einige wenige zu opfern, um viele zu retten?«
    »Aber du rettest niemanden damit. Du tötest, um die Menschheit zu versklaven.«
    »Das ist eine Frage der Perspektive, Doktor. Könnten Sie mit meinen Augen sehen, würden Sie mich verstehen.«
    Ich suchte hektisch nach logischen Argumenten. »Wenn du die amerikanische Regierung vernichtest, machst du für dich alles schwerer, nicht einfacher. Die Menschen werden in Panik geraten.«
    »Und sie werden begreifen, dass es kein Zurück mehr gibt.«
    Ich öffnete den Mund zu einer Antwort, doch ich brachte keine zustande. Verzweiflung hatte mich zum Schweigen gebracht. Mein Verstand war leer. Es gab nur noch eine einzige Möglichkeit.
    »Wenn du diese Raketen detonieren lässt, werde ich dir nicht erzählen, welches Ergebnis meine Visionen hervorgebracht haben.«
    Der Computer schwieg minutenlang. »Sie glauben, diese Drohung könnte mich zwingen, mich Ihrem Willen unterzuordnen?«
    »Ich glaube, du möchtest viel dringender wissen, was ich dir zu sagen habe, als dass du diese Gefechtsköpfe detonieren lassen möchtest.«
    »Warum?«
    »Weil selbst deinem Wissen Grenzen gesetzt sind. Die Wissenschaft kann dich bis auf ein paar Nanosekunden nach dem Big Bang zurückführen, aber nicht weiter. Und sie kann dich ein paar Milliarden Jahre in die Zukunft führen – vielleicht sogar bis zum Ende des Universums –, aber nicht weiter. Das kann nur ich.«
    Trinitys Antwort klang wie ein Lachen. »Sie glauben, dass Sie es können. Doch es sollte für Sie genauso offensichtlich sein wie für mich, dass Ihre Visionen so gut wie sicher Produkte Ihrer Fantasie sind. Ihre eigene Psychotherapeutin glaubt, dass Sie paranoid sind, Doktor, vielleicht sogar schizophren.«
    »Und warum hörst du mir dann überhaupt zu?«
    Schweigen.
    »Ich kann es dir sagen. Die Summe allen menschlichen Wissens wurde in dich geladen, und du fühlst dich trotzdem leer. Ich habe die Antwort, die du suchst. Und deswegen bitte ich dich erneut … bitte zerstöre diese Raketen.«
    »Sie müssen sich nicht wegen dieser Raketen ängstigen,