Gerechtigkeit: Wie wir das Richtige tun (German Edition)
Zweck ein.
Uns ist bewusst, dass Sie diese Nachricht enttäuschen wird. Ihre Enttäuschung sollte jedoch nicht durch die Vorstellung verschärft werden, dass diese Ablehnung in irgendeiner Weise Ihren persönlichen Wert widerspiegelt. Sie haben unser Mitgefühl in dem Sinne, dass Sie zufällig nicht die Qualitäten besaßen, die die Gesellschaft genau dann wünschte, als Sie sich bewarben. Wir wünschen Ihnen beim nächsten Anlauf mehr Glück.
Hochachtungsvoll …
Und hier die von jeder Wertschätzung befreite Benachrichtigung über die Aufnahme, die eine philosophisch ehrliche Hochschule denjenigen zusenden sollte, die angenommen wurden:
Sehr geehrter Bewerber,
wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihre Zulassungsbewerbung Erfolg hatte. Es zeigt sich, dass Sie zufällig genau diejenigen Merkmale besitzen, die die Gesellschaft derzeit benötigt, weshalb wir uns entschieden haben, Ihre Gaben dadurch zum Vorteil der Gesellschaft zu nutzen, dass wir Sie zum Jurastudium zulassen.
Man darf Ihnen gratulieren; nicht in dem Sinne, dass es Ihr Verdienst ist, über die Eigenschaften zu verfügen, die zu Ihrer Zulassung geführt haben, sondern nur in dem Sinne, wie man dem Gewinner in einer Lotterie gratuliert. Ihr Glück ist, dass Sie im richtigen Moment mit den passenden Merkmalen zur Stelle waren. Wenn Sie sich entscheiden, unser Angebot anzunehmen, werden Sie letztlich ein Anrecht auf die Vorteile und Leistungen haben, die mit dieser Verwendungsweise durch die Gesellschaft einhergehen. Das ist fraglos ein Grund zu feiern.
Sie oder wahrscheinlicher Ihre Eltern dürften allerdings versucht sein, zu glauben, dass diese Zulassung ein günstiges Licht wenn nicht auf Ihre angeborenen Gaben, so doch zumindest auf die bewussten Anstrengungen wirft, die Sie alle unternommen haben, um Ihre Fähigkeiten zu kultivieren. Doch die Vorstellung, Sie hätten auch nur den überlegenen Charakter, der für diese Anstrengung erforderlich war, durch eigenes Zutun verdient, ist problematisch, denn selbst Ihr Charakter hängt von glücklichen Umständen verschiedenster Art ab, für die Sie keine Anerkennung einfordern können. Sich dies als Verdienst anzurechnen wäre nicht angemessen.
Dessen ungeachtet freuen wir uns, Sie im Herbst begrüßen zu dürfen.
Hochachtungsvoll …
Solche Briefe könnten die Kränkung für jene verringern, die abgelehnt werden, und die Hybris derer dämpfen, die angenommen werden. Warum also verschicken Colleges (und erwarten Bewerber) weiterhin Briefe voller Glückwunsch- und Auszeichnungsrhetorik? Vielleicht deswegen, weil Colleges nicht vollständig von der Idee lassen können, ihre Rolle bestehe nicht nur darin, bestimmte Zwecke voranzubringen, sondern auch darin, gewisse Tugenden zu belohnen.
Warum sollten Studienplätze
nicht versteigert werden?
Das führt uns zur zweiten Frage: ob Colleges und Universitäten ihre Zielsetzung nach Belieben definieren dürfen. Lassen wir ethnische und rassische Bevorzugung für den Augenblick beiseite und sehen uns eine weitere Kontroverse zum Thema positive Diskriminierung an – die Debatte über »legacy preferences«. Viele Hochschulen geben Kindern ihrer Ehemaligen bei der Zulassung einen Vorsprung. Einer der Gründe dafür ist, dass man auf diese Weise im Lauf der Zeit ein wenig Korpsgeist und ein Gefühl der Schulzugehörigkeit aufbauen möchte. Ein weiterer Grund ist die Hoffnung, dankbare Eltern unter den Ehemaligen würden ihrer Alma Mater großzügige finanzielle Unterstützung zukommen lassen.
Um die finanzielle Begründung herauszuarbeiten, wollen wir uns das ansehen, was Universitäten als »development admits« bezeichnen – die Aufnahme von Bewerbern, die nicht Kinder von Ehemaligen sind, aber reiche Eltern haben, die für die Hochschule einen ansehnlichen finanziellen Beitrag leisten können. Viele Universitäten nehmen solche Studenten selbst dann auf, wenn ihre Noten und Testergebnisse nicht so gut sind wie sonst gefordert. Um diese Idee auf die Spitze zu treiben, stellen wir uns eine Universität vor, die beschließt, 10 Prozent der Studienplätze jedes Jahrgangs durch eine Versteigerung an die Meistbietenden zu vergeben.
Wäre dieses Vergabesystem fair? Für jemanden, der glaubt, es sei für die Bewerber ausschlaggebend, auf die eine oder andere Weise etwas zur Zielsetzung der Universität beizutragen, dürfte die Antwort ja lauten. Was immer eine Universität anstreben mag, sie benötigt dafür Geld.
Nach Dworkins Vorstellungen hat eine
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