Gerettet von deiner Liebe
verweichlichten Spanier, die in den tropischen Kolonien leben.“
„Oder die gleichfalls verweichlichten Portugiesen“, scherzte sie.
„Gewiss.“ Er schloss die Sherrykaraffe mit dem Kristallstöpsel und erhob sich leicht schwankend. Sie nahm seinen Arm, um ihn zu stützen, und er strahlte vor Zufriedenheit. „Susannah, vergiss nicht, die Kerzen zu löschen.“ Er gähnte herzhaft. „Für mich wird es Zeit, zu Bett zu gehen.“
Susannah hielt sich die Serviette an den Mund, um ihre Heiterkeit zu verbergen, und sah zu, wie ihr Vater auf wackeligen Beinen das Zimmer verließ. Als er unbeschadet die Treppe erklommen hatte, begab Susannah sich in sein Arbeitszimmer, einen selten benutzten Raum, da ihr Vater kein Interesse an geschäftlichen Belangen aufbrachte.
Sie wischte mit der Serviette den Staub vom Schreibtisch und wandte sich an den Butler, der ihr gefolgt war. „Chumley, lassen Sie bitte Feuer im Kamin machen, und bringen Sie eine hellere Lampe.“ Sie zog eine Schublade auf und eine zweite. „Hier gibt es Papier, aber keine Tinte. Vielleicht finden Sie irgendwo in diesem Haus ein Tintenfass für mich.“
„Sehr wohl, Mrs. Park.“ An der Tür drehte er sich um. „Ist etwas nicht in Ordnung?“
Susannah überlegte kurz. Nichts war in Ordnung, aber wie hätte sie ihm das erklären sollen?
„Nein, Chumley, es ist alles, wie es sein soll.“ Sie nahm ein paar Blätter Papier aus der Schublade. „Denken Sie bitte an die Tinte?“
Er verneigte sich und ging. Sie machte es sich einigermaßen bequem, da sie beabsichtigte, ziemlich lange an diesem Schreibtisch zu sitzen, so lange jedenfalls, bis sie jede Einzelheit von dem, was sie heute Nachmittag erfahren hatte, zu Papier gebracht hatte.
Sie spitzte die Feder und wartete, bis der Butler die Tinte brachte. „Nun wollen wir die wahre Geschichte aufschreiben, mein Geliebter“, murmelte sie in sich hinein.
25. KAPITEL
Stunden später hörte sie ihn die Treppe heraufkommen und glaubte beinahe, er lehne sich an ihre Tür. Zu ihrer Überraschung vernahm sie kurz darauf, wie seine Schritte sich wieder zur Treppe entfernten.
„Nein, das tust du nicht!“ Susannah sprang aus dem Bett.
Er saß auf der obersten Stufe. Sie setzte sich neben ihn. Er roch nach Alkohol.„Mr. Trevenen, Sie sind betrunken“,sagte sie statt einer Begrüßung.
Er nickte und lächelte einfältig. „Mr. Trevenen?“
„In diesem Zustand, ja.“
Er stöhnte. „In meinem Kopf dreht sich alles.“
„Kein Wunder.“
Plötzlich umklammerte er ihren Arm und flüsterte ihr ins Ohr: „In meinem Zimmer sind zu viele Leute. Eine ganze Bootsladung voll. Alle erwarten, dass ich etwas tue … einen Fisch aus dem Wasser ziehe oder ein Schiff herbeiwinke. Ich habe versagt, ich habe alle im Stich gelassen.“
Er begann zu weinen. Die rührseligen Tränen eines Betrunkenen, wäre sein Gesicht nicht so schmerzverzerrt gewesen.
Sie barg sein Gesicht an ihrem Busen. „Sie haben alles getan, was in Ihrer Macht stand, James. Niemand hätte mehr tun können.“
„Woher wollen Sie das wissen?“ Er schluchzte an ihrer Brust. „Sie waren doch nicht dabei.“
„Nein. Die ganze Last lag auf Ihren Schultern“, flüsterte sie und streichelte ihm übers Haar.
Sie wünschte, er würde mehr sagen, aber seine regelmäßigen Atemzüge ließen sie wissen, dass er eingeschlafen war. Nach ein paar Minuten weckte sie ihn. „Es ist Zeit, ins Bett zu gehen“, sagte sie und lehnte ihn gegen das Treppengeländer.
„Ich schlafe nicht in diesem Zimmer“, erklärte er.
„Das erwarte ich auch nicht“, sagte sie. „Kommen Sie.“
Er leistete keinen Widerstand, als sie ihn bei der Hand nahm und in ihr Zimmer führte. „Hier schlafen Sie besser.“ Sie nahm ihm die Krawatte ab und versuchte, ihn zu stützen, da er schwankte. Dann schraubte sie den Docht der Lampe höher, um besser sehen zu können, als sie ihm die Weste aufknöpfte. „Ich habe mir erlaubt, Ihr Nachthemd zu holen“, erklärte sie und schälte ihn aus Weste und Hemd. Er versuchte, ihr bei den Kniehosen zu helfen, scheiterte aber kläglich, da er sie nicht abstreifen konnte. Sie kniete sich vor ihn hin und öffnete die Knöpfe, die er vergessen zu haben schien.
Er wirkte keineswegs verlegen, als er nackt vor ihr stand, vermutlich weil ihm die Augen bereits wieder zufielen. „Wollen Sie im Stehen schlafen, Sir?“, murmelte sie.
Sie bemühte sich, ihn nicht anzusehen, aber die Tätowierung zog ihren Blick magisch an.
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