Gerettet von deiner Liebe
und halb verfaultem Obst herum.
„Freunde, ich weiß, was es bedeutet, gefangen zu sein“, erklärte er den Tieren. „Kein Wunder, dass ihr auf jede Gelegenheit lauert, die Flucht zu ergreifen.“ Mit energischen Schritten durchquerte er den Raum und riss das Portal auf. Ohne einen Laut von sich zu geben, breiteten die Vögel ihre Schwingen aus und flogen lautlos wie zwei Schatten an ihm vorbei.
Leichten Herzens schaute er ihnen hinterher. Auch er hatte damals bei seiner Rettung keinen Blick auf seine Gefängnisinsel zurückgeworfen, genau wie die Tukane es jetzt nicht taten.
Er drehte sich nach dem Butler um. „Ich habe sie freigelassen“, erklärte er gelassen.
„Nicht auszudenken, was Lord Watchmere dazu sagt“, brachte der Butler mit brüchiger Stimme hervor.
„Er wird mir danken“, entgegnete James. „Ich gehe nun auf mein Zimmer. Wenn Sie Lord Watchmere sehen, sagen Sie ihm bitte, ich wünsche ihn in einer äußerst dringenden Angelegenheit zu sprechen.“
James schloss die hohe Eingangstür und schaute sich noch einmal um. Nach einer gründlichen Reinigung würde die Halle wieder im alten Glanz erstrahlen. Allerdings wäre es nötig, die Büsten von Julius Cäsar und Oktavian zu entfernen, die durch die ätzenden Exkremente der Vögel bleibende Schäden davongetragen hatten. Er wandte sich wieder an den Butler. „Sagen Sie mir bitte, in welchem Zimmer ich untergebracht bin?“
Der Diener bedachte ihn mit einem verstörten Blick, bevor er sich wieder fasste. „Im ersten Stock, den Flur entlang, die dritte Tür rechts.“
„Vielen Dank. Ich hoffe, bald von Lord Watchmere zu hören.“ Wahrscheinlich wirft er mich durch das geschlossene Fenster, überlegte James. Ein Zimmer im Parterre wäre ihm lieber gewesen.
Im ersten Stock angelangt, änderte er allerdings seine Meinung beim Anblick des Porträts eines schmalbrüstigen Herrn mit einem verträumten Gesichtsausdruck und schütterem Haar.
Ein kleines Messingschild unten am Goldrahmen wies den Porträtierten als Lord Watchmere aus.
„Das lässt sich gut an“, sagte James halblaut und betrat summend das ihm zugewiesene Zimmer.
James musste nicht lange auf den Hausherrn warten. Er befand sich gerade im angrenzenden Ankleideraum, wo ein Diener seine zerknitterte Kleidung aufgehängt hatte, als ein markerschütternder Schrei von unten heraufdrang. Dann hörte er, wie ein paar Türen geschlagen wurden, fand es allerdings klüger, sich nicht auf den Korridor zu wagen. Dieses Gespräch sollte unter vier Augen geführt werden. Wenig später polterte jemand eilig die Treppe herauf.
Die Tür wurde aufgerissen und schlug krachend gegen die Wand. Lord Watchmere, der eine große Ähnlichkeit mit dem Gemälde aufwies, stand vor ihm, allerdings hatte sein Gesicht eine Farbe, die von der Natur für ein menschliches Antlitz nicht vorgesehen war. Er trug eine merkwürdige Mütze aus Blättern und Zweigen, die er sich wütend vom Kopf riss und gegen seinen Schenkel schlug, bis die Blätter flatternd zu Boden gingen. Sein grüner Wollumhang war mit Blättern aus Stoff bedeckt.
Ich habe es mit einem Verrückten zu tun, dachte James, während er sich mit ausgesuchter Höflichkeit verbeugte. „Guten Tag, Lord Watchmere, wie ich annehme?“
Der seltsam gekleidete Herr öffnete und schloss den Mund mehrmals. Seine ungesunde Gesichtsfarbe nahm einen beängstigend bläulichen Ton an. Schließlich drohte er mit zitterndem Zeigefinger. „Sie! Sie!“, schnaubte er. „Wie kann ein Gast meines Hauses es wagen, mir so etwas Abscheuliches anzutun?! Wo sind meine Ramphastos Tucani ?“
James legte einen Finger an den Mund und schloss leise die Tür. „Ich sah mich gezwungen, rasch zu handeln, Mylord“, erklärte er mit gedämpfter Stimme, um seinen wutschnaubenden Gastgeber zu zwingen, ihm Gehör zu schenken. „Sie waren in großer Gefahr.“
Seine Worte erzielten den gewünschten Effekt. Lord Watchmere ließ die Hand sinken und zog die Stirn in Falten. „Was soll das heißen, Sie unverschämter Kerl?“, knurrte er.
„Es handelt sich nicht um Ramphastos Tucani, sondern um Ramphastos Tucani incogniti, eine völlig andere Vogelart“, erläuterte James und spann sich bedenkenlos eine Lügengeschich te zusammen. „Ich lernte diese Vogelart in Guyana kennen, als wir vor Jahren in einem kleinen Hafen ankerten.“ Er gab einen tiefen Seufzer von sich, der sogar in seinen eigenen Ohren überzeugend klang. „Mylord, ich bin glücklich, rechtzeitig zur Stelle
Weitere Kostenlose Bücher