Gerissen: Thriller (German Edition)
mir ein B «, sang Ivy.
»B?«
»Für Brookfield«, erklärte Ivy. »Die randalierenden Rauhen Reiter der Brookfield High.«
»Waren Sie gut?«
»In Naturwissenschaften«, sagte Ivy. Und im Fußball: In Wirklichkeit hatte sie das Cheerleading nach einem Jahr aufgegeben, um Torfrau zu werden.
Gagnon lächelte. »Wir haben ein- oder zweimal bei den Bezirksmeisterschaften mitgespielt. Ich war Quarterback.«
»Sind Harrow und Carter oft eingewechselt worden?«
Gagnon zog die Augenbrauen hoch; sie kannte sich mit Football aus. Seine Haltung änderte sich geringfügig, entspannte sich. »Ja, sie wurden eingewechselt. Carter hatte vermutlich das Zeug zu einer Profikarriere. Und Harrow war schnell – er spielte als Wide Receiver oder als Runningback.«
»Dann haben Sie ihm Pässe zugespielt?«
»Sicher. An Thanksgiving hab ich ihm mal einen Fünfundzwanzig-Yard-Touchdown vorgelegt.«
»Wie war er?«
»Als Zehntklässler?« Gagnon dachte einen Augenblick nach. »Still.«
Er bog wieder ab. Hier standen die Häuser weiter voneinander entfernt und waren heruntergekommener. In einem Garten flatterte ein aufgeregtes Huhn, vielleicht noch nicht überzeugt, dass es nicht abheben konnte. Dann tauchte ein Straßenschild auf: RANSOM ROAD. Ivy war seltsam aufgeregt, ähnlich wie damals in ihrem ersten Studienjahr, als sie in Paris den Louvre besucht und die Mona Lisa gesehen hatte – es gab sie wirklich! Aber Gagnon ließ die Ransom Road rechts liegen und fuhr zwei oder drei Meilen weiter, dann bog er in einen namenlosen Feldweg ab, der in den Wald führte. Er nahm eine Kurve, fuhr eine Steigung hoch und parkte vor einem kleinen, von Bäumen umschlossenen Haus, vor dem ein verblasstes ZU VERKAUFEN-Schild stand.
»Ist es das?«, fragte Ivy. Sie hatte einen Wohnwagen erwartet, am Fuß des Hügels.
»Steht seit ungefähr einem Jahr leer«, sagte Gagnon. »Möchten Sie einen Blick hineinwerfen?«
»Sicher«, sagte Ivy.
Sie stiegen aus und gingen zum Haus. Gagnon schloss die Tür auf.
»Ist das eine Art Generalschlüssel?«, fragte Ivy.
Gagnon wies auf das Schild. MAKLERBÜRO GAGNON. »Meine Mutter bietet es an.«
Er führte Ivy in ein leeres, rechteckiges Wohnzimmer. Nackte Holzdielen auf dem Boden, im Kamin lag ein Haufen Asche, und die Wände waren mit gelb-roten Blumen tapeziert, bei deren Anblick man schleunigst flüchten wollte.
»Damals lag hier überall Teppichboden«, erzählte Gagnon. »Ich glaube, beige. Er hat Staub gesaugt, stand mit dem Rücken zur Tür, hörte nicht, wie ich reinkam.«
»Wie lange nach dem Überfall war das?«, fragte Ivy.
»Eine halbe oder Dreiviertelstunde«, meinte Gagnon. Der in Warpgeschwindigkeit scheiternde Überfall. »Wir waren unterwegs, sobald Mandrell den Tipp ausgespuckt hatte.«
»Ist das nicht ein bisschen seltsam?«, fragte Ivy. »In dieser Situation Staub zu saugen?«
»Vermutlich wollte er Beweise vernichten, ehe er abhaut«, sagte Gagnon.
»Und Betty Ann war schon lange mit dem Geld weg?«
»Ja.«
»Hat er Ihnen das erzählt?«, fragte Ivy.
»Nicht wortwörtlich«, sagte Gagnon. »Aber es war offensichtlich – kein Geld, keine Betty Ann.«
Ferdie stellt die große Frage, die, wo das Geld ist. Ich kann nur lachen.
»Hat er sich gewehrt?«, fragte Ivy.
»Nicht besonders«, sagte Gagnon.
Dann ist Ferdie wieder im Bild, er sieht wegen der fehlenden Zähne ein bisschen anders aus. Gagnon wirkte kräftig, aber nichts im Vergleich zu Morales, und Ivy hatte miterlebt, was Harrow mit dem gemacht hatte.
Ivy ging durch einen niedrigen Bogen in die Küche. Sie probierte den Wasserhahn an der Spüle; er funktionierte nicht. »Warum sind sie nicht zusammen abgehauen?«
»Schlauer, getrennt zu reisen«, meinte Gagnon, »und sich an einem vorher vereinbarten Ort zu treffen.«
Ivy öffnete eine Tür und sah eine staubbedeckte Holztreppe hinab. Einer dieser einfachen Raubüberfälle war schiefgegangen, Ausgangspunkt vieler Filme, aber es gab vieles, das sie nicht verstand.
»Was meinen Sie, wie lautete der ursprüngliche Plan?«
»Da gibt es nichts zu spekulieren«, antwortete Gagnon. »Mandrell hat alles verraten, das war Bestandteil des Handels.«
»Und?«
»Laut Mandrells Version war alles Harrows Idee. Wir haben ihm nicht viel Glauben geschenkt – Mandrell war gerissener als die anderen drei zusammen. Nach dem Überfall sollten sich alle an dem Anleger treffen, einschließlich Betty Ann. Weil sie nicht auftauchte, wusste Mandrell, dass Harrow ihn hereingelegt
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