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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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Plattsburgh, mit ausgereizter Kreditkarte, eine ausziehbare Aluminiumleiter auf das Autodach geschnürt und von einer Plane verdeckt. Der Bolzenschneider, dessen zwei Fuß lange Stahlgriffe in Plastik geschweißt waren, lag auf dem Sitz neben ihr. Sie war nervös, aber nicht schlimmer, als wenn sie eine Rede halten oder eine Zulassungsprüfung ablegen müsste. Ihr Verstand, logischer und durchorganisierter denn je, raste ihr noch immer voran. Er hatte die Zukunft bereits in zwei mögliche Pfade unterteilt.
    Pfad eins, und ihr Instinkt sagte ihr, dass es der wahrscheinlichere war: Betty Ann befand sich ganz in der Nähe, und am Morgen wäre alles vorüber, fast noch, ehe man Harrow vermisste, mit Sicherheit, ehe man ihre Rolle dabei vermutete.
    Pfad zwei: Betty Ann war weit weg, und sie brauchten Zeit. Für diesen Fall hatte Ivy einen Plan; er schien vorherbestimmt. Ihre gesamte Beziehung zum Leben hatte sich gewandelt, so, als sehe sie es aus einem anderen Blickwinkel, einem Blickwinkel, der mit Veränderungen zu tun hatte – vielleicht nur einer Veränderung –, aber einer zum Besseren.
    Ivy bog auf den Besucherparkplatz des Krankenhauses ein, fuhr ganz nach hinten, an den letzten Lampen vorbei in eine düstere Ecke. Das zwei Stockwerke hohe Krankenhaus war in Form eines T gebaut, die Psychiatrie im zweiten Stock befand sich am Ende des rechten Balkens. Dieser Flügel stand hinter einer rechteckigen Rasenfläche ungefähr zwanzig oder dreißig Meter vom Ende des Parkplatzes entfernt. Aus vielen Fenstern fiel Licht, doch die Psychiatrie war nur schwach erleuchtet, das letzte Fenster überhaupt nicht. Ivy langte nach dem Türgriff. Ihr Handy klingelte.
    Ivy hätte fast nicht abgenommen. Dann fielen ihr die nächtlichen Anrufe aus Dannemora ein und das Handy, das besser unerwähnt blieb. Besaß er es nach wie vor?
    »Hallo?«, meldete sie sich.
    »Ivy?« Ein Mann, vage vertraut, nicht Harrow.
    »Ja?«
    »Hier ist Whit«, sagte er.
    Einen Moment lang sagte ihr der Name gar nichts.
    »Whit?«
    »Vom New Yorker. «
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich Ivy. »Ich hatte einfach nicht –«
    »Störe ich gerade?«, fragte Whit. »Wenn Sie möchten, kann ich später –«
    »Nein, nein«, versicherte Ivy. Eine Reihe Lichter im zweiten Stock erlosch. »Kein Problem.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja.«
    »Gut«, sagte Whit. »Als Erstes möchte ich mich entschuldigen, dass Sie so lange warten mussten.«
    »Oh, das ist schon in Ordnung.« Eine Seitentür im Hauptflügel des Gebäudes öffnete sich, das erleuchtete Rechteck umrahmte einen Mann in Uniform: ein Wachmann. Er ging hinaus, schloss die Tür, wurde zu einem Schatten in der Dunkelheit, schwer auszumachen.
    »Ich rufe natürlich wegen ›Höhlenmann‹ an«, sagte Whit. »Was damit passiert ist, ist ganz außerordentlich.«
    »Ist etwas passiert?«, fragte Ivy.
    »Mit ›Höhlenmann‹«, sagte Whit. »Sind Sie sicher, dass ich nicht störe? Sie klingen ein wenig –«
    »Ja«, sagte Ivy. »Ich meine, nein, gar nicht.«
    Whit räusperte sich, wie es Menschen tun, wenn sie noch einmal von vorn anfangen. »Meiner Erfahrung nach«, begann er, »kann man eine Story, die in einer bestimmten Konfiguration angelegt ist, nicht mehr verbessern, gleichgültig, wie oft man sie überarbeitet. Aber die Änderungen, die Sie vorgenommen haben – ich beziehe mich auf die Sequenz des möglichen Kannibalismus –, sind einfach magisch. Und als er dann versucht, seine Mutter anzurufen – gruselig.«
    »Ach«, sagte Ivy. »Ähm.« Der Wachmann trat plötzlich nur einen Meter vor ihr aus der Dunkelheit. Ivy erstarrte. Der Wachmann schaute nicht ins Auto, schien es nicht einmal zu sehen. Er zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich mit dem Rücken an die Fahrertür – der Saab begann zu schaukeln – und warf das Streichholz fort.
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«, sagte Whit. Vielleicht verstand er ihr Schweigen als Zustimmung. »Wie sind Sie darauf gekommen?«
    Der Wachmann summte: »Dubidubidu.«
    Ivy atmete nicht. Sie drückte sich das Handy fest ans Ohr, damit kein Geräusch weiterdrang.
    »Ich beziehe mich auf die Überarbeitung«, sagte Whit. »War es einer dieser Einfälle aus heiterem Himmel, oder hatten Sie das Gefühl, dass die Story ein solches Element braucht?«
    Ivy sagte nichts.
    »Sie müssen natürlich nicht antworten«, sagte Whit. »Ich bin nur neugierig, das ist alles. Ich meine mich zu erinnern, dass Sie über eine Änderung sprachen, die Ihnen jemand

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