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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Zwanzig zu achtzehn. Ronfeld verzog keine Miene, genauso wie Fischer.
    Beim nächsten Ballwechsel verrutschte Fischer die Brille, beim übernächsten die Trainingshose und aus unerfindlichen Gründen wollte er beides sofort korrigieren. Zwanzig zu zwanzig.
    Drei Minuten später setzten sie sich an den kleinen Holztisch an der Wand. Fischers Gesicht war schweißüberströmt, er keuchte, beugte sich nach vorn und schloss die Augen. Ronfeld trank einen Schluck Mineralwasser und lehnte sich zurück. An der Tafel über dem Tisch waren vier weiße Kreidestriche unter dem Buchstaben N und keiner unter dem Buchstaben W. Das Spiel, das Fischer praktisch schon gewonnen gehabt hatte, war fünfundzwanzig zu dreiundzwanzig an Ronfeld gegangen.
    »Es ist nicht nur eine weitere Kriminalisierung…« Vornübergebeugt nahm Fischer den Faden wieder auf.
    »Du höhlst vielmehr das Recht aus. Auf Kosten eines vierzehnjährigen Mädchens, das manchmal die Kontrolle über sich verliert. Dieses Kind hat große psychische Probleme, es ist gestört, es hat den Tod seiner Mutter nicht überwunden…« Er streckte sich und drehte den Kopf.
    »Wir dürfen es nicht wegsperren, wir dürfen dem Geschrei nicht nachgeben, Niklas!«
    »Dieses Kind ist eine Kriminelle, und zwar eine Schwerkriminelle, das weißt du, Wastl. Ich werde dieses Wort nicht benutzen, aber sie ist eine Schwerkriminelle, denk an die Aussagen der Opfer! Der Junge, den sie im Kunstpark zusammengeknüppelt hat, der war vier Tage im Krankenhaus, der wird sein Leben lang eine verunstaltete Nase haben, sein Arm ist gebrochen, drei Zähne fehlen. Und was hat er getan? Nichts! Er hat nichts getan! Er wollte dieses Scheißhandy nicht kaufen, das ihm deine Mandantin andrehen wollte. Dafür hat sie ihn verprügelt. Und nicht nur einfach so verprügelt, wie sich Jugendliche eben prügeln, sie hat ihn niedergeschlagen, so wie sie ihre früheren Opfer auch niedergeschlagen hat, ein gezielter Schlag zwischen die Beine, mit Schuhen mit Stahlkappen, und dann besorgt sie sich einen Holzprügel und drischt auf den Jungen ein. Der lag am Boden, der war hilflos, der wehrte sich nicht, dafür gibts Zeugen, einige Zeugen, der arme Junge hat nicht das Geringste dazu beigetragen, dass dieses Mädchen so ausgerastet ist. Sie hat genau gewusst, was sie getan hat, sie hat es immer gewusst, bei allen achtundsechzig Taten vorher.«
    »Das ist doch lächerlich, Niklas!« Fischer stand auf, ging zum Waschbecken, wusch sich das Gesicht mit eiskaltem Wasser, rieb es mit den Händen ab und öffnete die Tür zum Kellerflur. Kalte Luft strömte herein. »Es gab keine Anzeige, keine einzige vorher.«
    »Natürlich nicht! Weil wir gegen strafunmündige Kinder nicht ermitteln.«
    »Genau das ist der Punkt.« Fischer machte einen Schritt auf Ronfeld zu, der wieder aus der Wasserflasche trank und sie an den Lippen hielt, während Fischer redete. »Es wird nicht ermittelt, aber kaum ist das Kind vierzehn, soll es im Nachhinein für seine Taten zur Verantwortung gezogen werden. Das ist Unrecht. Das dürfen wir nicht zulassen, dagegen verwahr ich mich. Wir können ein Kind nicht als Serientäter bezeichnen, wenn es nur zwei Straftaten begangen hat. In diesem Fall die im Kunstpark.«
    »Lucy Arano ist eine Serientäterin. Und dafür wird sie bestraft. Dafür kommt sie in ein geschlossenes Heim. Darauf werd ich plädieren und jeder Richter wird meiner Empfehlung folgen. Das ist genau die Art von Schockbehandlung, die so eine Täterin braucht, um sich zu besinnen. Die braucht keine Erlebnispädagogik, die braucht keine sozialpädagogische Verzärtelung, die braucht Grenzen, harte, unüberwindliche Grenzen. Dieses Mädchen hat doch kein Unrechtsbewusstsein, Wastl! Die denkt, sie kann machen, was sie will, sie kann Schlägern, rauben, alte Frauen überfallen, Gleichaltrige niederknüppeln, Automaten aufbrechen, Supermärkte bestehlen. Die glaubt, dass niemand gegen sie ankann. Und sie ist so davon überzeugt, dass sie nicht mal merkt, dass sie am Tag ihres vierzehnten Geburtstags wieder eine Straftat begeht, und eine besonders hässliche noch dazu. Sie wusste, dass sie mit vierzehn straf und haftfähig wird, das wusste sie, die Polizei hat es ihr hundertmal gesagt und sogar ihr überforderter Vater wird es ihr gesagt haben. Alle haben es ihr gesagt, sie wusste Bescheid. Und es war ihr scheißegal. Sie wird angeklagt wegen gemeinschaftlichem Raub und gefährlicher Körperverletzung und wird ein Jahr ohne Bewährung kriegen. Und

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