Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
Vom Netzwerk:
gerissen und mich zurückgestoßen. Ich hab mich ja ein wenig aufgesetzt gehabt, damit sie das Geld besser sehen kann. Mein Rücken hat mir fürchterlich wehgetan, und meine Schulter, alles hat wehgetan, aber ich hab gedacht, wenn ich mich aufsetz, dann sieht sie mich besser. Sie hat das Geld eingesteckt, das hab ich noch gesehen, ehe ich wieder auf den Rücken gefallen bin, auf einen Ast drauf, glaub ich, es hat geknackt, ich hab erst gedacht, das ist mein Rücken, der knackt, irgendwas ist gebrochen, da hab ich große Angst gekriegt. Ich hab gedacht, ich hab mir was gebrochen und kann nicht mehr alleine aufstehen, die Vorstellung war schrecklich. Und dann, glaub ich, hat sich das Mädchen noch mal über mich gebeugt und mir dieses schwarze Messer vors Gesicht gehalten und ich kann Ihnen sagen, ich hab einen Krieg erlebt, aber so viel Angst um mein Leben hab ich noch nie gehabt.«
    Als Luisa Kren sich jetzt aufrichtete, sah Fischer wieder ihre blauen Augen, ein wässriges Blau, und sie nahm alle Kraft zusammen, um nicht in Tränen auszubrechen.
    »War…«, begann Fischer zögernd, »war Lucy, war das Mädchen allein? Oder haben Sie noch jemand anderen gesehen? Ein anderes Kind, ein anderes Mädchen, einen anderen Jungen.« Aus den Polizeiprotokollen wusste er, dass Luisa Kren noch nicht alles berichtet hatte, was geschehen war.
    »Ja«, sagte sie. Ihr blauer fester Blick erschien dem Anwalt wie ein Vorwurf, wie eine stumme schmerzvolle Frage, warum er sie immer noch weiter quälte, warum er von ihr etwas hören wollte, das er bereits kannte. Dabei war er gewiss nicht der Verantwortliche für dieses Verhör. Er hatte nichts nötiger als eine Pause, er brauchte frische Luft, er musste raus aus dieser Enge, weg von diesen Gedanken, die ihn folterten und auf Abwege führten. Reiß dich zusammen, bleib sachlich!
    »Da war doch ein junger Bursche«, sagte Fischer, um Frau Kren zu ermuntern.
    »Kann sein«, sagte sie. »Ich hab der Polizei gesagt, ich hab einen Jungen gesehen, der hat mit dem Mädchen gesprochen, was, hab ich nicht verstanden, ich bin ja auf dem Boden gelegen.«
    »Wo kam der Junge plötzlich her?«, fragte Fischer.
    »Das weiß ich nicht«, sagte sie. »Er ist auf einmal da gewesen, so wie vorher das Mädchen, und dann sind die beiden weg.
    Ich hab mich nach einiger Zeit aufgerappelt und nach Hause geschleppt. Und dann hab ich meinen Arzt angerufen und der ist dann gleich gekommen.«
    »Sie haben keine Anzeige erstattet«, sagte Fischer.
    »Nein«, sagte sie. Sie holte tief Luft, das Sprechen fiel ihr schwer und sie war müde geworden. Mit der rechten Hand strich sie sich über die linke, sehr sanft. »Ich bin froh gewesen, dass mir nichts passiert ist, ich hab, wie sich herausstellte, nur Prellungen gehabt. Und einen Mordsschrecken.«
    Für eine Sekunde glaubte Fischer ein vermischtes Lächeln auf ihrem grauen Gesicht zu bemerken.
    »Sonst ist alles noch ganz gewesen an mir. Mein Arzt hat die Polizei angerufen, und dann sind zwei Beamte gekommen, die haben ein Protokoll mit mir gemacht. Später hab ich erfahren, dass das Mädchen auch andere Leute überfallen hat, aber sie ist noch nicht strafbar, ich meine, sie ist noch zu jung und man kann nichts gegen sie machen.«
    »Sie ist inzwischen vierzehn und damit straffähig«, sagte Ronfeld. »Sie kommt vor ein Jugendgericht. Ihre Aussage, Frau Kren, hilft uns sehr.«
    »Das Mädchen hat mir Angst gemacht«, sagte die alte Frau und blickte zur Tür, an der dieser Mann mit der Augenklappe stand, dessen Namen sie vergessen hatte, und diese Frau mit den hellblonden kurzen Haaren, an deren Namen sie sich erinnerte, weil er nicht schwierig war: Feyerabend. »Das Mädchen ist noch so jung, warum ist die so? Wissen Sie das, Herr…« Auch der Name des Mannes, der sie angerufen hatte und jetzt vor ihr saß und das Aufnahmegerät abschaltete, war ihr entfallen.
    »Noch nicht«, sagte Staatsanwalt Ronfeld. »Wir werden es herausfinden.«
    »Das interessiert dich doch einen Dreck, wieso die so geworden ist!«, rief Fischer, als er sich jetzt im Tischtennisraum des Schelling-Salons seine weit geschnittene Bluejeans anzog.
    »Für dich ist der Vater an allem schuld. Sehr einfach!«
    »Vor allem ist das Mädchen an allem schuld!«, sagte Ronfeld laut und stopfte seine Turnhose und das T-Shirt in einen Jutebeutel, bevor er seine braune Cordhose vom Kleiderhaken nahm. »Schmink dir das ab! Auf Bewährung lass ich mich nicht ein, das wäre eine Verhöhnung der Opfer. Und

Weitere Kostenlose Bücher