German für Deutsche
der Wunschliste aller Bildungsbeförderer. Nur wenn Brocken solcher Wunschsprachen in vordergründig heimische Gefilde, also in Zeitung, Werbung, Fernsehen, eindringen, ist der Aufruhr groß.
Zugegeben: Was dort auftaucht, ist oftmals schlampig und ungehobelt gefügt. Aber erfolgreiche Erziehung besteht im Kern nicht aus Verboten, sondern aus Ermöglichungen 8 auf höherem Niveau.
8 Gängig würde an dieser Stelle » Chancen« zu lesen sein. Ein ausgelutschteres Wörtchen ist aber heute kaum mehr denkbar. Dann lieber etwas Antiquiertes.
Dass spielerische Erziehungsarbeit erfolgreich sein kann, belegt der Aufstieg von Buchautor und Spiegel-Online -Redakteur Bastian Sick zum unterhaltsamen Orthographie- und Grammatikerzieher der Nation, der auf Lese-Shows und Sprach-Events Hunderttausende zu einem bewussteren Umgang mit Sprache animiert hat.
Ein anregendes Projekt fand ich auch an der Goethe-Universität in Frankfurt unter dem Titel EuroComprehension oder kurz EuroCom. Die Losung der Euro-Versteher: » Einsprachigkeit ist heilbar. (…) Die Sprachen im Haus Europa sind einander nicht fremd. In den romanischen, germanischen und slawischen Sprachfamilien versteht man sich. (EuroCom) ist die (…) Ergänzung zum Englischen als Welthilfssprache. EuroCom weist den Weg zur Mehrsprachigkeit in Europa.«
Die These der Projektbetreiber: Mehrsprachigkeit ist in allen europäischen Nationen die Regel und nicht die Ausnahme. Alle Sprachen sind von Elementen anderer Sprachen durchdrungen. Um als Leser und Sprecher Zugang zu allen drei europäischen Sprachfamilien zu bekommen, sind Brückensprachen nötig. Englisch, Französisch und Russisch sind laut EuroCom am besten dazu geeignet.
EuroCom schwebt ein permanent lernender Eurolandbewohner vor, der sich nach und nach Teilkompetenzen in allen drei Brückensprachen erwirbt und so möglichst viele Sprachsituationen klug bastelnd bewältigen kann: » Der optimal kommunizierende Mensch ist auch in vermeintlich einsprachigen Gesellschaften ein Homo ludens, ein spielerisch handelnder Mensch, der virtuos das Springen zwischen den Sprachen beherrscht.«
Eine dem Autor höchst sympathische Vorstellung, von der auch manche Anmerkung der hier zu lesenden Wörterbuchartikel durchdrungen ist.
No Future oder gute Hoffnung?
Der Autor hat sich hier als Freund des Englischen geoutet. Die Probleme des Sprachimports sollen aber nicht geleugnet werden. In aller Kürze:
Anglizismen sind manchmal schwer zu schreiben. Varianten entstehen und vagabundieren durch die Medien. Schnellere Normierung durch den Duden wäre hilfreich.
Anglizismen sind manchmal schwer zu verstehen. Medien sind Vermittler. Also müssen sie diese Vermittlerrolle im Zweifelsfall häufiger erfüllen. Anmerkungen, Glossare, Tipps können helfen.
Anglizismen haben manchmal ein unklares Genus. » Cluster« bezeichnet einen Verbund, Schwarm oder Haufen. Heißt es » der Cluster« oder » das Cluster«? Der Gebrauch schwankt. Einen Anhaltspunkt geben die naheliegenden Übersetzungen; deren Genus wird oft adaptiert. » Der Cluster« hat also bessere Chancen; es sollte schnell eine Version normiert werden.
Anglizismen sind manchmal schwer in die deutsche Grammatik einzubauen. Das Verb » layouten« braucht ein Partizip. Heißt es » outgelayt«, » gelayoutet« oder » layoutet«? Was sinnvoll ist und (fast) zu deutschen Grammatikregeln passt, wird schnell klar. 9 Es sollte schneller normiert werden.
9 Das Partizip wird im Deutschen meist mit » -ge« gebildet. Es gibt Verben mit Vorsilben ( » erkennen«, » bekommen«, » hinterfragen«), die kein » -ge« vertragen. Es gibt aus dem Lateinischen entlehnte Verben ( » studieren«, » reparieren«), die auch ohne » -ge« auskommen. » Layouten« wird intuitiv wie ein Mix aus lateinischem Verb und Verb mit Vorsilbe behandelt. Das » lay- » erscheint dabei als die Vorsilbe zu » outen«. Das ist zwar Unsinn, führt aber immerhin zu einer schreib- und sprechbaren Partizipform.
Neologismen mixen Deutsches, Englisches, Französisches. Ein New-Thinking-Parcours ist ein Zungenbrecher, bei dem im Wort zwischen englischer und französischer Aussprache umgeschaltet werden muss (das » switchen« habe ich mir gerade verkniffen). Das ist nicht zu ändern. Wer solche Wörter nutzt, muss sich anstrengen. Wer will, dass er von vielen verstanden wird, muss einfacher schreiben. Das gilt aber nicht nur für Anglizismen, sondern alle Wörter, die bei uns heimisch sind.
Anglizismen vermehren unsere
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