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German für Deutsche

German für Deutsche

Titel: German für Deutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Wueller
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zuvor die Sinnfrage gestellt und für mich abschlägig beantwortet. Aber mein Buchprogrammchef wollte es genauer wissen. Nun denn. Aber seien Sie gewarnt: Es wird knibbelig 14 , holen Sie sich einen Tee oder Kaffee.
    14 Ruhrgebietssprache; es geht um schwierige Kleinarbeit.
    Seit Jahren ist zu lesen: Der Ausdruck » Sinn machen« sei ein übler Anglizismus. Das englische to make sense würde scheinbar wörtlich übertragen. Und das ungeachtet dramatisch unterschiedlicher Bedeutungsaufladungen von Original und falscher Übersetzung. Im Deutschen sei » Sinn machen« nicht nur falsch, sondern auch sinnlos, weil es etwas ganz Falsches sagen wolle.
    Es sei Bastian Sick zitiert (aus dem zweiten Band seiner fulminant 15 erfolgreichen Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod -Buchreihe):
    15 Mit » glänzend« oder » blitzend« zu assoziieren; dahinter steckt latein. fulmen ( » Blitz«).
    »› Sinn‹ und › machen‹ passen einfach nicht zusammen. Das Verb › machen‹ hat die Bedeutung von fertigen, herstellen, tun, bewirken; es geht zurück auf die indogermanische Wurzel mag-, die für › kneten‹ steht. Das erste, was › gemacht‹ wurde, war demnach Teig. Etwas Abstraktes wie Sinn lässt sich jedoch nicht kneten oder formen. Er ist entweder da oder nicht. Man kann den Sinn suchen, finden, erkennen, verstehen, aber er lässt sich nicht im Hauruck-Verfahren erschaffen.«
    In die Richtung zielen auch andere Kritiker. Im Kern steckt demnach Sinn in einer Sache. Oder er steckt nicht drin. Und dann kann man ihn auch nicht machen, um ihn reinzustecken.
    Sortieren wir den Unsinn, nein: das Unbedachte und Verkürzte aus dieser Stellungnahme des Herrn Sick heraus:
    Abstraktes lässt sich nicht machen? Dabei lässt sich in der deutschen Sprache jede Menge Unsinn machen. Etwas hoch Abstraktes. Oder Ernst, auch jede Menge Ärger, sodann Spaß und Sex oder Liebe, je nach Geschmack. Alles Abstrakta. Es geht also mit dem Machen schwer greifbarer Phänomene, zumindest sprachlich, wenn es auch in der Praxis Schwierigkeiten geben mag.
    Weiterhin: Der Bedeutungsumfang der indogermanischen und germanischen Ursprünge ist weiter zu fassen, als bei Herrn Sick angedeutet: Es gehören neben dem Pressen und Kneten vor allem das Verschmieren, Verputzen, allgemeiner: das Bauen, dazu.
    Das deutsche » machen« und das englische to make haben heute sehr verschiedenen Bedeutungsumfang, obwohl beide, wie schon zu hören ist, verwandt sind. Es gibt eine protogermanische Wurzel makonan und ein schon kenntlicheres althochdeutsches makon. Im Niederländischen heißt es noch heute maken. » Dat maakt niet uit.« bedeutet » Macht nichts,« oder » Ist schon ok.« Aus dem Altenglischen kennen wir macian.
    Als die Sachsen im 5. Jahrhundert England eroberten, entstand nach und nach aus den frisch importierten Einflüssen der neuen Herrscher und dem keltisch-lateinischen Bestand eine neue Sprache: das Altenglische. (Das war etwa zwischen 450 und 1100 lebendig. Am Ende dieser Sprachepoche eroberten die Normannen von der Normandie aus die Insel und haben das Englische nochmals kräftig aufgemischt.) Das Sächsische wurde jenseits des Kanals absorbiert, entwickelte sich also nicht weiter. Das Sächsische im deutschen Sprachraum aber veränderte sich.
    Und so verteilten sich zwei Bedeutungsakzente des alten makonan unterschiedlich im Deutschen und Englischen: Bei uns setzte sich der Gestaltungs- und Bewirkensaspekt durch, im Englischen die Bedeutung »e rlangen, erreichen«.
    Viele englische Wendungen machen das deutlich: To make money ist deshalb nicht mit » Geld machen« zu übersetzen, sondern mit » es zu Geld bringen«. (Womit im Vorbeigehen ein weiteres anglizistisches Missgeschick beim Übersetzen abgehakt wäre.)
    Wenn ein Sportler ruft » We made it!«, dann hat das Team zwar einiges für den Sieg getan, die korrekte Übersetzung aber lautet » Wir haben es geschafft!«. Und sagt der Engländer » It doesn’t make sense to me«, will er ausdrücken, dass die Bedeutung einer Sache sich für ihn nicht erschließt, dass kein Sinn erkennbar ist, dass für ihn die Sache keinen Sinn ergibt.
    Nun zum Sinn. Dass Herr Sick und viele andere Deutsche spontan den Sinn einer Sache nicht einem schnöden Machen überantworten wollen, hat etwas mit sehr deutscher Denktradition zu tun. Der Sinn soll eher erfasst, erspürt, erfahren, erlebt werden. Deutsche setzen sich dem Sinn gerne wie einer mentalen Erweckungsdusche aus.
    Wie sind wir auf diesen Sinn gekommen? Im

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