German für Deutsche
nötig, den man auch anders – eben mit: » nicht unbedingt« – übersetzen könnte.
Egal ob aus Platon oder der New York Times abgeschaut: Journalisten haben ein immenses Problem: Es wird ihnen eingebläut, nicht zweimal das gleiche Wort für eine Sache in einem Text zu nutzen. Banale Folge: Erst sagt man » Bundesregierung«, dann » Berlin« (da sitzt sie ja, die Regierung), sodann » Merkels Team« oder ähnliche Jovialitäten. Und dann vielleicht noch mal » Bundesregierung«. Auch Adjektive und Adverbien unterliegen solchem Variationsdruck. Und einige Vorkommnisse von » nicht notwendigerweise« sind sicher diesem Druck geschuldet.
Entscheidender aber: » nicht notwendigerweise« hat etwas leicht Überzogenes, Manieriertes, hochsprachlich Verschwurbeltes. Wer es nutzt, zeigt, dass er auf höheren Leveln zu schreiben weiß. Es wird aber dem Zwischen-den-Zeilen-Leser auch subtil angedeutet, dass einem der ganze Kram doch tiefsteigentlich am Arsche vorbeigeht. Unterschwellige ironische Distanzierung müsste man das nennen.
Liest man die gepflegteren gedruckten Medien in diesem, unserem Lande, wird man – so hoffe ich dringend – irgendwann schlagartig erkennen: Die ganze gehobene Journaille glaubt nicht so ganz an all den Kram, den sie da in Worte fasst. Sie hat sich auf einen Basso Continuo (sozusagen eine Grundtonalität) der ironischen Schwebung eingelassen. Das begann in den 70er Jahren, dem ersten Jahrzehnt der Großen Desillusionierung, wo die einen Verzweifelten in den Drogenkonsum, die anderen in den Terrorismus abglitten. Und die Journalisten und ihre Leser sich auf die kommenden spaßigen Zeitgeistjahre einzustimmen begannen. Das soll hier nicht ausgeführt werden; es geht ja » nur« um die Sprache (um die es dummerweise dann doch nicht nur geht, wenn es um Sprachwandel und Wörteradaption geht).
Was bleibt? Mit dem simplen Anglizismenvorwurf ist es nicht getan. Das Problem liegt nicht nur tiefer (man könnte graben), es ist weitverzweigter (man gräbt sich den Boden unter den Füßen fort). Und es lässt sich nicht unbedingt und auch nicht notwendigerweise mit dem erhobenen Zeigefinger des Sprachwächters lösen.
Regieren oder administrieren?
Arg breitgetreten wird seit Jahren die Kritik am sprachlichen Umgang mit dem englischen administration. Das Wörtchen kann vielfältig übersetzt werden: mit » Verwaltung«, » Behörde«, » Ministerium« oder eben auch » Regierung«. Die Unterschiede sind gewaltig: In Verwaltungen und Behörden sitzen Angestellte, in Regierungen (meist) gewählte Volksvertreter, in Ministerien beide Gruppen. Das sollte man schon auseinanderhalten. Dummerweise kennen wir auch noch das Fremdwort » Administration«, das die gleiche Schreibweise wie das englische administration aufweist. Hierzu erläutert das Große Fremdwörterbuch des Duden: » Administration: (…) 4. Regierung, bes. in Bezug auf die USA .«
Wie kommt das nun? In den USA bezeichnet government mehr als nur das Kabinett samt Präsident. Es ist die Staatsgewalt einschließlich Kongress und Oberstem Gerichtshof gemeint. Soll nur vom Regierungsteam gesprochen werden, wird administration gesagt. Dummerweise halten sich die Engländer nicht an diese Unterscheidung: Da heißt die Regierung government. (Was wir nicht mit » Gouvernement« übersetzen; das haben deutsche Kriegsbetreiber im 20. Jahrhundert nachhaltig für die Verwaltung eroberter Gebiete missbraucht.)
Was machen nun deutsche Journalisten. Sie schreiben » Die Obama-Administration steht unter Druck«. Sie übernehmen unnötigerweise einen für deutsche Leser eher irreführenden englischen Ausdruck. Aber wie oft schreiben sie es? Nach Recherchen mit mehreren Internet-Suchmaschinen folgende Statistik: Es wird in den Medien etwa 20-mal häufiger » US -Regierung« als » US -Administration« geschrieben. Wie gehen wir mit dieser 5-Prozent-Rate von Administrierern um? Sollen wir uns darüber echauffieren (franz. s’échauffer: »sich ereifern, sich erhitzen«; der französische chauffeur ist auch Heizer)? Sollen wir auch in der 101. Auflage eines » Deutsch für irgendwen«-Buches wieder an dieser Stelle die ausgefranste Anglizismenpeitsche schwingen? Lohnt sich das?
Versöhnlicher Nachsatz: » Administration« mag in den letzten Jahren leicht im Schwinden begriffen sein. Und das kann auch an den hier etwas ungerecht behandelten Sprachkritikern liegen.
Sinn oder Nonsense machen?
Ich wollte über das Sinn machen nicht schreiben. Ich hatte mir
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