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Germania: Roman (German Edition)

Germania: Roman (German Edition)

Titel: Germania: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Gilbers
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Weltkrieg geben muss. Hach, diese verdammten Bengels! Ich hatte ihn schon beinah gefasst!« Oppenheimer kochte immer noch vor Zorn darüber, dass die Hitlerjungen von Vogler auch noch ein Lob bekommen hatten. Obwohl es jetzt aussichtslos war, den Verdächtigen zu finden, leitete Vogler sofort eine Fahndung ein.
    Das Bild, wie Heini mit dem Messer vor ihm auf und ab schritt, ging Oppenheimer nicht mehr aus dem Kopf. Er wog ab, inwiefern es wohl eine Ähnlichkeit zwischen Vogler und dem Hitlerjungen namens Heini gab. Es war eine interessante Frage, ob die Halbwüchsigen heutzutage die Erwachsenen imitierten oder ob es genau andersherum war und sich die Erwachsenen vielmehr wie Kinder aufführten.
    Oppenheimer fühlte sich erschöpft und nahm den Rest des Tages frei. Vogler widersprach nicht, da er noch die Mitarbeiter in der Reichskanzlei vernehmen musste und die Suche nach dem Flüchtigen beaufsichtigte. Es war ihm wohl klar, dass Oppenheimer heute keine große Hilfe mehr sein würde. Außerdem war die Wahrscheinlichkeit, dass jemand aus der Reichskanzlei beobachtet hatte, wie der Täter die Leichenteile ablegte, verschwindend gering.
    Als Oppenheimer sich erhob, um nach Hause zu gehen, hielt Vogler ihn auf.
    »Warten Sie«, sagte Vogler und riss Oppenheimers Davidstern von der Jacke. »Das Ding konfisziere ich lieber.«
    Oppenheimer nickte. »Tja, lebendig bin ich wohl nützlicher«, sagte er bitter.
    Doch als Oppenheimer in Richtung der Levetzowstraße ging, änderte er seinen Plan und beschloss, Billhardt aufzusuchen. Er musste Namen des verdächtigen SA-Mannes in Erfahrung bringen, egal, wie müde er war. Er war fest entschlossen, Billhardt so lange auf die Nerven zu gehen, bis dieser den Namen verriet. Außerdem schien die Gelegenheit günstig. Bei all dem Trubel um ihn herum hielt es Oppenheimer für unwahrscheinlich, dass er beschattet wurde.

    »Sag ihnen, es sei eine Nachricht von Schiller. Der Name des Verdächtigen ist Johannes Lutzow. Die Ermittlung war im September 1932. Ich brauche alle Akten, die sich in diesem Zusammenhang finden lassen. Lüttke weiß Bescheid.«
    Hilde notierte sich Oppenheimers Angaben. »Johannes Lutzow, gut«, murmelte sie. »Hat dir Billhardt sofort den Namen gegeben?«
    Oppenheimer verzog sein Gesicht. »War ziemlich anstrengend, ihm den aus der Nase zu ziehen. Sag mal, kann ich vielleicht einen Schnaps oder so was haben?«
    Hilde blickte ihn überrascht an. »Na, dass ich das noch mal erleben darf.«
    »Du hast keine Ahnung, was ich in dieser Woche alles erlebt habe.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Erst den Schnaps«, erklärte Oppenheimer.
    Drei Gläser später hatte er Hilde den weiteren Mordfall und den Fund der vier Arme vor der Reichskanzlei geschildert.
    »Das gefällt mir gar nicht«, sagte Hilde besorgt. »Es eskaliert. Die Abstände zwischen den Morden werden geringer. Er scheint einen großen Druck zu spüren. Gleichzeitig verhält er sich immer risikofreudiger. Heute hat er ein richtiges Husarenstück geliefert. Er muss glauben, euch haushoch überlegen zu sein.«
    »Genau das ist unser Vorteil«, erwiderte Oppenheimer. »Er wird sich verraten. Heute hat er einen schweren Fehler begangen, als er sich am Fundort blicken ließ.«
    »Natürlich ist das unser Vorteil. Doch ich frage mich, welchen Preis wir noch zahlen müssen, ehe er gefasst wird. Ich meine nicht die dumme Kuh, die er zuletzt getötet hat. Ich sorge mich darum, dass er spätestens jetzt weiß, wer hinter ihm her ist. Das kann für dich sehr gefährlich werden.«
    »Der soll nur kommen. Ich warte geradezu darauf, ihn nochmals in meine Finger zu kriegen. Die Hitlerjungen heute fand ich wesentlich beunruhigender.« Oppenheimer überlegte. »Wo kommt nur dieser Hass her? Das waren Kinder, Herrgott noch mal.«
    »Diesen Hass hat es schon immer gegeben. Bei jungen Männern ist das nicht ungewöhnlich, die rebellieren gerne, machen jeden Scheiß mit. Keine Ahnung, warum das so ist. Vermutlich können einige von ihnen nur auf diese Weise ihr Selbstwertgefühl etablieren. Hitler hat diesen Hass für seine Zwecke instrumentalisiert. Und genau das ist das Perfide daran.«
    »Ich frage mich, was mit diesen Kindern geschieht, wenn der Krieg erst einmal vorbei ist.«
    »Diese Generation ist verloren«, sagte Hilde und kippte einen Klaren. »Sie wurden von klein auf konditioniert. Ihnen wurde alles beigebracht: Rassenkunde, Antisemitismus, der ganze Kehricht.«
    »Wenn sie konditioniert worden sind, dann muss man das

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