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Germania: Roman (German Edition)

Germania: Roman (German Edition)

Titel: Germania: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Gilbers
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Realität umgesetzt worden. Ja, es hat Versuche gegeben, und ich will nicht leugnen, dass sie bislang nicht sehr erfolgreich waren. Deswegen wurde das Projekt bis auf weiteres verschoben.«
    »Was für Probleme gab es denn?«
    »Sehen Sie, bislang haben sich in der Mehrzahl Männer als Zeugungshelfer angeboten, deren erbbiologischer und charakterlicher Wert weit unter dem Durchschnitt liegen. Wir vom Lebensborn sind uns unserer großen Verantwortung bewusst und haben es vorerst aufgegeben, offensiv nach Zeugungshelfern zu suchen. Unser Verein sieht es nicht als seine vorrangige Aufgabe an, Partnerschaften anzubahnen. Aber ich denke, nach dem Endsieg wird es jede Frau als ihre Ehrenpflicht ansehen, dem Führer und dem deutschen Vaterland Kinder zu schenken. Zu dieser Zeit werden wir sicher auch unseren Einsatz in Bezug auf die Zeugungshelfer wieder verstärken.«
    Der Herr Doktor war in Fahrt gekommen. Während er von seinem Betätigungsfeld sprach, schaffte es der Herr Doktor, was bislang noch keinem Menschen gelungen war: Er stolzierte im Sitzen.
    »Wissen Sie, der Reichsführer SS vertritt eine faszinierende These. Er hat Indizien dafür gefunden, dass es bereits bei den Germanen und Doriern Zeugungshelfer gab. Es ist also eine alte Tradition, die wir nur aufgreifen und im Sinne der erbbiologischen Verantwortung neu deuten. Wenn eine Frau im heiratsfähigen Alter noch keinen Ehemann aufweisen konnte, war es lange Zeit über Tradition, dass ihr Vater einen Mann für sie aus der Dorfbevölkerung aussuchte. Der Auserwählte hatte sie in der Nacht auf dem Ahnengrab zu begatten und blieb auch beim Geschlechtsakt anonym. Stellen Sie sich mal vor, in manchen Gebieten ist diese Sitte sogar noch heute lebendig.« Nach diesen Worten verlor sich der Blick des Herrn Doktor in der Ferne.
    Oppenheimer schaute den Mann im weißen Kittel sprachlos an. Völlig unverhofft hatte ihre Konversation eine merkwürdige Wendung genommen. Nervös rückte Oppenheimer auf seinem Stuhl hin und her. Er beschloss, das Gespräch lieber wieder auf die Untersuchung zu lenken.
    »Wissen Sie zufällig, mit wem Fräulein Friedrichsen engeren Kontakt hatte?«
    »Das weiß ich nicht. Ich nehme an, dass sie am ehesten Umgang mit den Schwestern hatte. Einige von ihnen sind jedoch von der NSV seitdem versetzt worden.«
    Wieder eine dieser unsäglichen Abkürzungen. Der Wasserkopf des NS-Apparates war voll davon. »NSV?«, fragte Oppenheimer.
    »Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt. Sie bestimmt, wo das Personal eingesetzt wird.«
    »Wäre es möglich, zur Übersicht eine Liste mit allen Mitarbeitern zu bekommen, die hier angestellt waren, als Fräulein Friedrichsen im Heim arbeitete?«
    Der Herr Doktor blickte überrascht von Oppenheimer zu Vogler. »Ich – verstehe diese Frage nicht. Hauptsturmführer, als Sie vorgestern hier waren, habe ich sie Ihnen doch schon gegeben!«

    Oppenheimer war ernstlich verstimmt. Er hatte nun endgültig das Gefühl, von Vogler verschaukelt zu werden. Schmollend saß er mit verschränkten Armen im Auto und versuchte, sich zu beruhigen. Nachdem sie sich einige Kilometer von Klosterheide entfernt hatten, glaubte er schließlich, seinen Zorn wieder im Griff zu haben.
    »Wir können natürlich Spielchen spielen«, begann Oppenheimer. »Doch ich glaube, der Fall ist zu ernst. Es geht schließlich um einen Mord, den wir hier aufklären sollen. Ich weiß nicht, warum Sie mich überhaupt hinzugezogen haben. Nur wenn ich alle Informationen bekomme, kann ich vernünftig arbeiten. Wir können auch so weitermachen wie bisher, doch dann werden wir viel Energie und Zeit verschwenden. Es ist einfach nicht sinnvoll, wenn ich Spuren verfolge, denen bereits nachgegangen wird. Ich muss einen Überblick über den Stand der Untersuchung haben, sonst kann ich Ihnen nicht helfen. Tut mir leid.«
    Als sie sich der Reichshauptstadt näherten, dämmerte es bereits. Doch Oppenheimer erkannte auf den ersten Blick, dass schwarzer Qualm in der Luft hing. Wahrscheinlich hatte es einen weiteren Luftangriff gegeben. Nachdem er fast den ganzen Tag in ländlicher Idylle verbracht hatte, weit entfernt vom Aroma des Todes und der Verderbnis, das in Berlin jeden Winkel durchdrang, war dieser Anblick ein Schock, der Oppenheimer unvermittelt wieder in die Alltagsrealität der Hauptstadt katapultierte. Es war eine Realität, in der er immer noch im Judenhaus wohnte, immer noch geächtet war, eine Realität, in der sein Leben keinen Pfifferling wert war. Bei

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