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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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mit bleichem Gesichte seine Mitteilungen an, als die Levaque ankam und ihr die Missetat des Alten erzählte. Sie machte nur eine gereizte und ungeduldige Bewegung, doch folgte sie der Levaque.
    Frau Hennebeau glaubte in Ohnmacht fallen zu müssen. Welche Scheußlichkeit! Diese arme Cäcilie, eine Stunde vorher noch lebend und so fröhlich! Herr Hennebeau mußte seine Frau einen Augenblick in die Hütte des alten Mouque eintreten lassen. Mit seinen ungeschickten Händen öffnete er ihr Leibchen, betäubt von dem Moschusdufte, der ihm entströmte. Während sie, in Tränen gebadet, Negrel umfangen hielt, der völlig bestürzt war über diesen Todesfall, welcher dem Heiratsplan ein plötzliches Ende machte, betrachtete der Gatte -- von einer Unruhe befreit -- die beiden in ihrem Gejammer. Dieser Unglücksfall brachte alles wieder in Ordnung; es war ihm lieber, seinen Neffen zu behalten, damit seine Frau nicht zum Kutscher herabsinke.
     

Fünftes Kapitel
    In der Grube unten heulten die unglücklichen Verlassenen in ihrem Entsetzen. Das Wasser reichte ihnen jetzt bis zu dem Leibe. Das Rauschen des unterirdischen Stromes betäubte sie; bei dem Absturze der letzten Reste der Verzimmerung glaubten sie, die Welt sei aus den Fugen gegangen. Was ihnen vollends den Verstand raubte, war das Gewieher der im Stalle eingeschlossenen Pferde: der furchtbare, unvergeßliche Todesschrei von Tieren, die hingemordet werden.
    Mouque hatte Bataille frei gelassen; das alte Pferd war da und sah zitternd, mit weit offenen, starren Augen das Wasser immer höher steigen. Der Aufzugsraum füllte sich sehr rasch; in dem rötlichen Lichte der drei Lampen, die noch an der Decke hingen, sah man die grünliche Flut immer mehr anwachsen. Als das Tier fühlte, wie das eiskalte Wasser ihm die Haut durchnäßte, rannte es plötzlich davon und verlor sich in einer der Abfuhrgalerien.
    Die Flucht wurde allgemein; die Männer folgten dem Tiere.
    »Hier ist nichts mehr zu machen!« rief Mouque. »Man muß sich nach dem Réquillartschachte wenden.«
    Der Gedanke, daß sie sich durch die benachbarte, alte Grube retten könnten, wenn sie dort ankämen, bevor ihnen der Weg abgeschnitten würde, riß alle fort. Die zwanzig Arbeiter drängten sich, in eine Kette aufgelöst, die Lampen hoch, damit das Wasser sie nicht auslösche. Glücklicherweise stieg die Galerie sanft an; sie konnten zweihundert Meter zurücklegen, immer mit dem Wasser kämpfend, ohne daß die Flut weitere Fortschritte machte. Alter Aberglaube erwachte in diesen verstörten Seelen; sie beschworen die Erde, denn die Erde rächte sich und ließ das Blut ihrer Adern ausströmen, weil man ihr eine Schlagader durchschnitten hatte. Ein Alter stammelte längst vergessene Gebete und bog dabei die Daumen nach außen, um die bösen Berggeister zu besänftigen.
    Doch bei der ersten Wegkreuzung brach ein Zwist los. Der Stallwärter wollte links gehen, andere versicherten, daß man den Weg abkürze, wenn man rechts gehe. So verlor man eine Minute.
    »Was geht's mich an, wenn ihr die Knochen laßt?« rief Chaval. »Ich gehe nach dieser Richtung.«
    Er wandte sich rechts und zwei Kameraden folgten ihm. Die anderen liefen weiter hinter Mouque, der in der Réquillartgrube aufgewachsen war. Allein auch er schwankte und wußte nicht, wohin er sich wenden solle. Die Köpfe wurden irre; die Alten erkannten nicht mehr die Gänge, deren Netz sich in ihrem Gedächtnisse verwirrt hatte. Bei jeder Abzweigung blieben sie stehen, unsicher, nach welcher Richtung sie sich wenden sollten. Dennoch mußten sie sich entscheiden.
    Etienne lief als letzter, durch Katharina zurückgehalten, der die Ermüdung und die Angst alle Kräfte genommen hatten. Er wäre mit Chaval nach rechts geflohen, weil er glaubte, dies sei der richtige Weg; aber er hatte ihn laufen lassen, auf die Gefahr hin, in der Grube zu bleiben. Übrigens dauerte die Auflösung der Schar fort; wieder waren einige abgefallen, und es blieben nur mehr sieben Leute bei dem alten Mouque.
    »Hänge dich an meinen Hals, ich werde dich tragen«, sagte Etienne dem Mädchen, als er sah, daß es nicht weiter konnte.
    »Nein, laß mich«, flüsterte sie. »Ich vermag nicht zu folgen und will lieber gleich sterben.«
    Sie waren stehengeblieben und demzufolge etwa fünfzig Meter hinter den anderen zurück. Er hob sie trotz ihres Widerstandes empor, als die Galerie plötzlich verrammelt wurde; ein ungeheurer Block war niedergestürzt und trennte sie von den anderen. Die

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