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Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
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Seine Kritik der Wolffischen Psychologie besteht, wie sich im einzelnen zeigen wird, zwar zu Recht. Aber es ist mit ihr nicht eigentlich das geleistet, was an jener Stelle der Vernunftkritik, analog der späteren Antinomienlehre, hätte geleistet werden müssen, nämlich die Problematik solcher Begriffe aufgedeckt, die für die Erfahrung zu Recht bestehen – was ja Kant im Bereich der transzendentalen Psychologie ganz übersieht – aber, sobald sie über die Grenzen der Erfahrung hinaus angewandt werden, zu Widersprüchen führen. Von der in der Einleitung zur Paralogismenlehre behaupteten Notwendigkeit, daß die Vernunft in jene Paralogismen gerate, kann sonach, soweit der Umfang der Kantischen Untersuchung reicht, keine Rede sein. Auf die antinomischen Verhältnisse in der Psychologie meinen wir in unserer immanenten Kritik der Lehren vom Unbewußten hingewiesen zu haben. Es ist hier nachträglich die systematische Stelle der Untersuchung jener Antinomien im transzendentalen System bestimmt. Wichtiger aber ist: daß die Kantische Kritik der rationalen Psychologie durch die formale Deutung des Begriffs des Ich denke eine transzendentale Theorie der Psychologie und vor allem eine zureichende Bestimmung des transzendentalen Grundes psychischer
Dinglichkeit
unmöglich macht; eine Aufgabe, der wir uns, um den Begriff des Unbewußten klären zu können, später zuwenden müssen. Nicht genug damit, daß es in der Vernunftkritik an einer positiven Begründung der Psychologie mangelt; die Dignität der vorhandenen psychologischen Erkenntnisse wird so radikaler Skepsis unterstellt, daß sie, von jeder transzendentalen Fundierung unabhängig, sich der fragwürdigsten Hilfshypothesen bedienen dürften, ohne daß ihnen wissenschaftlich beizukommen wäre. Mit dem Begriff des Unbewußten aber bedient sich Psychologie eben einer solchen Hilfshypothese, deren wissenschaftliche Kritik wir uns als Aufgabe gestellt haben. Es versteht sich, daß unsere Kritik nicht weit käme, wenn sie sich mit den Kantischen Resultaten zufrieden gäbe. Zudem widerstreitet einem solchen Stande wissenschaftlicher Anarchie die tatsächliche und zweifelsfreie Gewißheit eines großen Teiles der psychologischen Erkenntnisse.
    Es sei endlich angemerkt: um die »Reinheit« des Ich denke sicherzustellen, will Kant den Begriff des Ich denke verstanden wissen »nicht so fern er eine Wahrnehmung von einem Dasein enthalten mag ..., sondern seiner bloßen Möglichkeit nach, um zu sehen, welche Eigenschaften aus diesem so einfachen Satze auf das Subject desselben (es mag dergleichen nun existiren oder nicht) fließen mögen« (K. d. r. V., 353). Soweit mit dem Subjekt das naturalistische Ich oder selbst das empirische, wenn es
vor
der Analyse des Bewußtseinszusammenhanges vorausgesetzt ist, verstanden sein soll, hat der von Kant in Klammern gesetzte Satz seinen guten Sinn. Davon abgesehen kann er eben jenen Begriff des Ich als bloßer logischer Einheit befassen, den wir als unzureichend erkannten. Endlich aber ist es möglich, ihn im Sinne jenes »Bewußtseins überhaupt« zu interpretieren, das später in den Prolegomena seine dubiose Rolle spielt. Jener Begriff verliert seinen ontologischen Rechtsanspruch und seine Schrecken, sobald man einsieht, daß er, wofern er überhaupt einen Sinn haben soll, nichts anderes als eine
Abstraktion
sein kann, die von einer Vielheit von Bewußtseinsverläufen deren gemeinsame Merkmale zusammenfaßt, aber die Analyse der einzelnen Bewußtseinsverläufe voraussetzt und darum um nichts »reiner« als jene und zur »reineren« Fassung des Ich denke nicht geeigneter ist.
     
    Nach der prinzipiellen Betrachtung der Kantischen Methode der Paralogismenkritik meinen wir uns berechtigt, in die Diskussion der einzelnen Paralogismen einzutreten.
    Der erste Paralogismus betrifft die Substantialität des Ich. Diese Substantialität wird als transzendentale Bedingung des Bewußtseins insofern anerkannt, als »das Ich das Subject [ist], dem Gedanken nur als Bestimmungen inhärieren, und dieses Ich kann nicht als die Bestimmung eines anderen Dinges gebraucht werden« (K. d. r. V., 730; aus der ersten Ausgabe). Daß aus diesem Substanzbegriff des Ich, der im Sinne des Systems der Grundsätze nur auf Gegenstände der Erfahrung angewandt werden kann, nicht die Fortdauer usw. der Seele geschlossen werden könne, bestimmt Kant mit fraglosem Recht; denn durch jene Setzungen würde die Grenze der Möglichkeit von Erfahrung überschritten. Den

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