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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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Einstweilen ist lediglich Mäßigkeit vonnöten. Und sag mir nicht, die Träume wären ein Ersatz für die Wirklichkeit. Du bist kein Neuling und weißt sehr gut, dass die Träume ebenfalls Wirklichkeit sind. Sie sind eine heile Welt. Warum nennst du die Erlangung dieser Welt den Untergang?
    Riemaier, sagte ich, weil diese Welt trotz allem illusorisch ist, sie ist ganz in dir, nicht aber außerhalb deiner, und alles, was du in ihr tust, bleibt in dir. Sie ist der realen Welt entgegengesetzt, sie ist ihr feindlich. Menschen, die sich in die illusorische Welt begeben haben, sind für die reale Welt verloren. Das ist, als würden sie sterben. Und wenn alle in die illusorische Welt gehen – und du weißt, dass es so enden kann –, hört die Geschichte der Menschheit auf …
    Shilin, sagte Riemaier, die Geschichte ist die Geschichte der Menschen. Keiner möchte sein Leben umsonst leben, und der Sleg bietet dir solch ein Leben … Ja, ich weiß, du meinst, dass du auch ohne ihn nicht umsonst lebst, aber gib zu, niemals hast du so intensiv und leidenschaftlich gelebt wie heute in der Wanne. Die Erinnerung ist dir ein wenig peinlich, du würdest es nicht wagen, anderen davon zu erzählen. Das ist auch gar nicht nötig. Sie haben ihr Leben, du hast deins …
    Riemaier, sagte ich, all das ist richtig. Aber die Vergangenheit! Der Kosmos, die Schulen, der Kampf gegen die Faschisten, gegen die Gangster – soll das alles umsonst gewesen sein? Habe ich vierzig Jahre lang umsonst gelebt? Und die anderen? Auch umsonst?
    Shilin, antwortete Riemaier, in der Geschichte ist nichts umsonst. Die einen haben gekämpft und den Sleg nicht erlebt. Du aber hast gekämpft und ihn erlebt …
    Riemaier, gab ich zurück, ich habe Angst um die Menschheit. Das ist doch das Ende. Das Ende des Wechselspiels zwischen Mensch und Natur, zwischen Persönlichkeit und Gesellschaft, das Ende der Beziehungen zwischen Menschen, das Ende des Fortschritts. Milliarden Menschen in Badewannen, in heißem Wasser, in sich selbst versenkt. Nur in sich selbst …
    Shilin, wandte Riemaier ein, das ist schrecklich, weil es ungewöhnlich ist. Und was das Ende betrifft, so kommt es nur für die reale Gesellschaft, für den realen Fortschritt. Der Einzelne verliert nichts, er gewinnt nur, denn seine Welt wird unvergleichlich intensiv, seine Beziehung zur Natur – der illusorischen selbstverständlich – wird vielfältiger und das Verhältnis zur Gesellschaft – ebenfalls der illusorischen, aber davon wird er ja nichts wissen – stärker und fruchtbarer. Und über das Ende des Fortschritts brauchst du dich nicht zu grämen. Du weißt, alles hat ein Ende. Und so endet auch der Fortschritt der realen Welt. Früher wussten wir nicht, wie er enden wird. Jetzt wissen wir es. Wir kamen nicht dazu, die potenzielle Intensität des realen Seins zu erkennen, vielleicht hätten wir diese Erkenntnis in hundert Jahren gewonnen, doch jetzt ist sie in unseren Händen. Durch den Sleg siehst du die fernsten Nachkommen und die fernsten Vorfahren, Eindrücke, die du im realen Leben nie gewinnen würdest. Du bist einfach in einem alten Ideal gefangen, aber denk logisch: Das Ideal, das dir der Sleg anbietet, ist genauso schön … Du hast doch immer von einem Menschen mit Fantasie und großer Vorstellungskraft geträumt …
    Riemaier, sagte ich. Wenn du wüsstest, wie müde ich bin. Ich habe das Streiten satt. Mein Leben lang streite ich mit mir und mit anderen Menschen. Ich habe immer gern gestritten, weil das Leben sonst kein Leben ist. Aber ich bin jetzt gerade müde, und gerade über den Sleg möchte ich nicht streiten …
    Dann geh, Iwan, sagte Riemaier.
    Ich steckte den Sleg in den Empfänger. Wie auch Riemaier vor wenigen Monaten. Ich stand auf. Wie er. Ich hatte aufgehört, an etwas zu denken, und war nicht mehr von dieser Welt, aber ich hörte noch, wie er sagte: Vergiss nicht, die Tür abzuschließen, damit man dich nicht stört … Und da setzte ich mich.
    Aha, Riemaier!, sagte ich. So war das also! Du hast kapituliert. Hast die Tür fest verschlossen und dann in verlogenen Berichten an deine Freunde geschrieben, es gäbe kein Sleg. Und dann hast du mich, damit ich dich nicht störe, in den Tod geschickt, nur einen Augenblick hast du gezögert, mehr nicht. Dein Ideal ist Dreck, Riemaier. Wenn im Namen eines Ideals anderen Menschen Leid zugefügt wird, ist dieses Ideal einen Dreck wert. So ist das, Riemaier. Genau so. Ich könnte dir noch viel sagen, du Slegist. Ich könnte noch

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