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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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Spiegelbild zeigte erneut leicht angegraute Haare über einer braungebrannten Stirn, die im Rhythmus der Fahrt auf und ab hüpften.
    Sermus räusperte sich erneut, beugte sich galant zu Nina hinüber und sagte: »Wahrhaft prachtvolle Maschinen, finden Sie nicht auch, Nina Iwanowna?«
    Nina lächelte ihn an und sah dann zu Akimow hinüber. Dieser blickte finster und kaute auf seinen Lippen herum. Wenigstens war er nicht mehr wütend. Nina sagte: »Sie sind zu klug, Ihre Maschinen.«
    Sermus strahlte und nickte mehrmals.
    »Oh, das ist noch gar nichts, Nina Iwanowna. Das Interessanteste kommt noch.«
    Etwa vierzig Minuten vergingen. Inzwischen hatten sie die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Die Kentauren liefen geschäftig, ja ein wenig hastig hin und her, wie eine Koppel Jagdhunde, und blieben von Zeit zu Zeit stehen, um den Boden unter ihren Füßen zu inspizieren. Wenn sie liefen, schwankten ihre langen Brust-Hals-Segmente mit den gehörnten Köpfen gleichmäßig hin und her. Unermüdlich schlugen sie sich durch das dichte Gestrüpp, legten für Orang breite Schneisen frei, wateten ohne zu zögern durch Bäche und sumpfige Abschnitte und errichteten für Orang stabile Dämme aus Zweigen und trockenen Grasbündeln.
    Dann erreichten sie das Ufer eines rötlichen Moorsees – die heikelste Stelle des Grauen Sumpflands. Die Kentauren zögerten, sprangen vor und zurück, wobei sie mitunter bis zum Bauch im Schlamm versanken. Dann aber warfen sie sich ins Wasser und schwammen los, sodass sich hinter ihnen gelber Schaum bildete. Orang hingegen nahm einen Umweg, zwängte sich zwischen dem See und dem Rand des Fünfhundert-Meter-Streifens hindurch und empfing die schlammverschmierten und mit glitschigen Algen behängten Kentauren am gegenüberliegenden Ufer.
    Nina klatschte in die Hände. Sermus lächelte und sagte:
    »Er hat uns überlistet. Aber das ist noch gar nichts.«
    Er blickte sich um, überlegte einen Augenblick und wandte sich an Akimow: »Wäre es jetzt nicht an der Zeit?«
    Akimow nickte. Sermus holte aus seiner Brusttasche das schwarze Gehäuse eines Radiofons und drückte auf die Ruftaste.
    »Archangelski hört«, ertönte eine schwache Stimme.
    »Hier spricht Sermus. Es geht los, Kolja.«
    »Zu Befehl, Ernest Karlowitsch!«
    Sermus steckte das Radiofon wieder ein und streckte den Hals, um über den Fahrer hinweg nach vorne zu schauen.
    Das Geländefahrzeug fuhr nahezu geräuschlos, sodass sie das abgehackte mechanische Aufheulen und das metallische Quietschen und Scheppern, das sich plötzlich erhob, sofort vernahmen. Noch wussten sie nicht, woher es kam. Nina spürte, wie ihr ein unangenehmes Schaudern den Rücken hinunterlief. Irgendwo tief in ihrem Innern weckten die Geräusche seltsame Bilder, die unheimlich und abscheulich waren. Wahrscheinlich war ihr Urgroßvater daran schuld, ein Artillerist, der laut Familienüberlieferung vier Jahre lang auf den rauchenden Feldern des Großen Krieges gegen faschistische Panzer gekämpft hatte.
    Tatsächlich: Es war ein Panzer. Eine altertümliche Kriegsmaschine, breit und geduckt, übersät von grellorangefarbenen Rostflecken. Er war urplötzlich seitlich von ihnen auf dem höchsten Punkt des Hügels aufgetaucht und rollte nun schlammspritzend auf die Kentauren zu, die stehen geblieben waren.
    »Imitation einer externen Bedrohung«, kommentierte Akimow. »Der Panzer wird von einem kybernetischen Fahrer gelenkt, der auf seine Steuerfrequenz eingestellt ist.«
    »Wo habt ihr den ausgegraben?«, murmelte Bykow. »Ist der etwa gefechtsbereit?«
    »Nein«, antwortete Akimow.
    Wirklich, wo haben sie den ausgegraben?, dachte Nina. Die letzten Panzer waren vor Jahrzehnten in die Hochöfen gewandert. Dieses einmalige Exemplar aufzutreiben war bestimmt nicht einfach gewesen.
    Die Kentauren warteten ab. Orang schob sich langsam näher an das Geländefahrzeug heran. Er schien zu schwanken, gleichsam unschlüssig, was zu unternehmen sei. Sein künstliches Gehirn arbeitete jetzt mit rasender Geschwindigkeit: Kristallgitter orientierten sich neu, ungeheuere, nie zuvor registrierte molekulare Verbindungen bildeten sich, um im nächsten Augenblick wieder zu zerfallen, elektronische Wirbelstürme entstanden und wurden von kaum merklichen Turbulenzen abgelöst … Orang dachte nach, suchte nach Analogien, verglich und berechnete. Noch aber reichte die Datenmenge nicht aus. Nina musste an die echten, lebendigen Menschen denken, die vor langer Zeit zum ersten Mal einem Panzer

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