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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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waren die Flecken der Salzsümpfe verblasst, die Dünen schimmerten dunkel, und im Osten war der Himmel jetzt schwarz wie chinesische Tusche.
    »Sie haben recht«, meinte Novago und ließ seinen Blick umherschweifen. »Wir sollten tatsächlich nicht so laut sprechen. Es heißt, sie hat ein ausgezeichnetes Gehör.«
    Mandel zwinkerte ein paarmal mit den reifbedeckten Wimpern und fingerte mit einiger Mühe die körperwarme Pistole aus dem Koppel. Er entsicherte sie und steckte sie in den rechten Stiefelschaft. Auch Novago holte seine Waffe hervor, steckte sie aber in den linken Stiefelschaft.
    »Sie schießen mit der Linken?«, fragte Mandel.
    »Ja«, erwiderte Novago.
    »Das ist gut.«
    »So sagt man wenigstens.«
    Sie sahen einander an, konnten aber einer vom andern kaum noch den schmalen Streifen zwischen Maske und Fellkapuze entdecken.
    »Also weiter«, sagte Mandel.
    »In Ordnung. Allerdings sollten wir jetzt im Gänsemarsch gehen.«
    »Einverstanden«, erwiderte Mandel fröhlich. »Ich gehe voran.«
    Sie setzten ihren Weg fort: vorne Mandel mit der Instrumententasche in der linken Hand, und fünf Schritte hinter ihm Novago. Wie schnell es dunkelt, dachte Novago. Noch fünfundzwanzig Kilometer, vielleicht auch etwas weniger. Fünfundzwanzig Kilometer durch die Wüste, und das bei völliger Finsternis … Jeden Augenblick kann sie über uns herfallen, dort hinter der Düne hervorkommen, zum Beispiel. Oder auch hinter der anderen, die etwas weiter entfernt liegt … Novago fröstelte bei dieser Vorstellung. Wir hätten schon am Morgen losfahren sollen, überlegte er. Aber wer konnte ahnen, dass sich auf der Trasse eine Kaverne verbirgt. Ausgesprochenes Pech. Dennoch, es wäre in jedem Fall besser gewesen, am Morgen zu starten. Wenn nicht sogar am Vortag mit dem Geländewagen, der die Windeln und Apparaturen zur Plantage brachte. Doch nein, gestern wäre es ja gar nicht gegangen, da hat Mandel noch operiert … Jetzt wird es dunkler und dunkler; Mark ist bestimmt schon sehr unruhig – er wird dauernd zum Aussichtsturm laufen, um nachzusehen, ob die Ärzte nicht endlich in Sicht sind. Während wir uns zu Fuß und bei Nacht durch die Wüste schleppen. Irina wird ihm gut zureden, aber natürlich genauso aufgeregt sein. Es ist ihr erstes Kind, das erste Kind auf dem Mars überhaupt, der erste Marsianer … Irina ist zwar eine gesunde und ausgeglichene Frau, dachte Novago weiter, eine bewundernswerte Frau sogar, aber ich hätte anstelle der beiden vorerst auf ein Kind verzichtet. Aber was soll’s, es wird sicher alles gut gehen. Hauptsache, wir kommen nicht zu spät …
    Novago sah unentwegt nach rechts, zu den dunklen Dünenkämmen hinüber. Mandel schaute in die gleiche Richtung, und so bemerkten sie nicht gleich die zwei Fährtensucher, die von links kamen.
    »Hallo, Freunde!«, rief der Größere der beiden.
    Der andere war klein und wirkte fast quadratisch; er warf den Karabiner über die Schulter und winkte.
    »He«, sagte Novago erleichtert. »Das sind doch Opanassenko und der Kanadier Morgan. Guten Abend, Freunde!«, grüßte er erfreut.
    »Na, das ist ja eine Begegnung«, sagte der hochaufgeschossene Humphrey Morgan, als sie herangekommen waren. »Guten Abend, Doktor.« Er drückte Mandel die Hand. »Guten Abend, Doktor«, wiederholte er, und schüttelte auch Novagos Rechte.
    »Guten Tag, Genossen«, dröhnte Opanassenko.
    »Was führt euch denn hierher?«
    Noch ehe Novago etwas erwidern konnte, erklärte Morgan plötzlich: »Danke, es ist alles bestens verheilt!« Dabei streckte er Mandel abermals seine lange, schmale Hand hin.
    »Was ist verheilt?«, fragte Mandel verblüfft. »Na trotzdem, es freut mich.«
    »Nein, nein, er ist noch im Lager«, sagte Morgan. »Aber er ist auch schon fast wieder gesund.«
    »Was sind das für eigenartige Reden, Humphrey?«, fragte Mandel verwirrt.
    Da packte Opanassenko Humphrey Morgan am Kapuzenaufschlag, zog ihn zu sich heran und schrie ihm ins Ohr: »Siehst du, Humphrey: falsch! Du hast die Wette verloren!« Dann wandte er sich zu den Ärzten und erklärte, der Kanadier habe vor einer Stunde versehentlich die Geräuschmembranen in seinen Kopfhörern beschädigt und höre jetzt nichts mehr. Er beharre aber auf seiner Meinung, dass er in der Marsatmosphäre auch ohne akustische Hilfe zurechtkäme.
    »Er hat behauptet, genau zu verstehen, was man ihm sagt. Darauf haben wir gewettet, und er hat verloren. Jetzt wird er fünfmal meinen Karabiner reinigen müssen.«
    Morgan

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