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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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des Verlagsbeirates], Bela [Kljujewa, die Lektorin des Buches], Sergej [Shemaitis, Leiter des SF-Lektorats]. Es redete hauptsächlich Melentjew, die anderen schwiegen. Falski sagte kein einziges Wort. Bela praktisch auch nicht. Sergej wachte ein paarmal auf und teilte mit: einmal, dass es um eine Anordnung der Akzente geht, und beim zweiten Mal, dass Shilin ein alter Held der Strugatzkis ist und aus den früheren Büchern hervorgeht, dass er Kommunist ist. Gussew mischte sich jedes Mal ins Gespräch, wenn es mir gelungen war, Melentjews Wortschwall aufzuhalten (das kam ein paarmal vor, und jedes Mal war Melentjew sehr ungehalten – er wollte reden). Gussew sprach sehr seltsam: mal für uns, dann plötzlich mir nichts, dir nichts dagegen. […]
    Melentjew begann mit einem Angriff (›Wie stellen Sie sich die Welt, die Erde in Ihrem Roman zur beschriebenen Zeit vor?‹) und griff praktisch die ganze Zeit an. Ein paarmal konnte ich seinen Angriff stoppen (ich brüllte ebenfalls), doch er fing immer wieder an, versuchte mich aufs Kreuz zu legen (›Die Autoren wissen genau, dass sie nicht nur den Kapitalismus meinen‹), machte das Lektorat herunter, ›das die Autoren übermäßig liebt‹, redete allen möglichen Unsinn – übrigens in ganz unanständigen Ausdrücken – über Revolutionsexport, Spanien, China – mit einem Wort, er hielt Volksreden.
    Ich ging endgültig zur Verteidigung über, als er geradezu sagte, dass das Ende des Romans im Widerspruch zur Ideologie des Verlages steht. ›Das ist Tolstojanertum, wir sind für Revolutionsexport, und Sie werden uns nicht davon abbringen. Sorgen Sie gefälligst dafür, dass am Ende klar wird: 1. dass Shilin nicht allein ist, 2. dass von Jahrhunderten keine Rede sein kann, 3. dass Shilin sich auf die fortschrittlichen Kräfte des Landes zu stützen und sich nicht mit Erziehung zu befassen gedenkt, sondern mit kräftigeren Sachen.‹ […] Wenn man vom Ton absieht und seine Überlegungen (die sich oft widersprachen) zusammenfasst, ergibt sich folgendes Bild: Das Buch ist wichtig und notwendig. Wir sind bereit, es herauszubringen und fortan gegen den Zensor und gegen die Kotljars zu verteidigen. Die ausgeführten Korrekturen haben schon einiges klargestellt, dieser Prozess muss vollendet werden. Der Verlag verteidigt niemandes Positionen außer den Positionen des Verlages. Der Verlag verfolgt eine bestimmte Linie und stützt sich auf eine bestimmte Ideologie. Damit der Verlag auch in Zukunft diesem Weg folgen kann, müssen die herausgebrachten Bücher sich in die Verlagsideologie einfügen. Zu diesem Zweck muss noch ein letzter Akzent gesetzt werden: Man muss Shilin zu einem von vielen machen und zeigen, dass er sich nicht mit Erziehungsarbeit zu befassen gedenkt (jedenfalls nicht nur), sondern den fortschrittlichen Kräften helfen will. Dann wird das unser Buch, und wir sind bereit, es zu verantworten, obwohl es immer noch eine Menge Zweideutigkeiten und Haken hat.
    Auseinandergegangen sind wir freundschaftlich. Ich habe mich hingesetzt und die notwendigen Korrekturen angebracht, und zwar: 8
    1. Ich habe die ›Unterdrückung‹ aus einer Überlegung Shilins entfernt, als er denkt: ›Hier wird niemand unterdrückt oder stirbt vor Hunger.‹ Melentjew bestand nachdrücklich darauf, dass der erste Teil des Satzes verschwindet, um den Kotljars keine Munition zu liefern. Na schön.
    2. Ich habe das Wort ›hundertjährig‹ gestrichen. Shilin schlägt jetzt einfach einen ›Plan zur Wiederherstellung‹ usw. vor. 9 Das Wort ›hundertjährig‹ brachte Melentjew zur Raserei, und es half nichts, dass ich mich auf Lenin berief. Er verstummte einfach und fing nach einer Weile wieder an, dasselbe zu reden.
    3. Ich habe den Einschub, den wir im letzten Absatz des Buches gemacht haben, noch erweitert. Jetzt denkt Shilin ungefähr so: Ich bin nicht allein, sogar hier muss es Menschen geben, die das alles ebenso hassen wie wir ( WIR ). Sie wissen nur nicht, wie. Aber WIR wissen es ja. Wir werden ihnen helfen, werden sie lehren, was zu tun ist und wie man den Hass nicht auf Kleinkram vergeudet. UNSER Platz ist hier. Und mein Platz ist hier … usw.
    Wie du siehst, habe ich ihnen einen riesigen Brocken vorgeworfen, doch seltsam – ich verspüre keine besonderen Gewissensbisse. Während dieses Gesprächs ist mir aufgegangen, dass es ja gar nicht darum geht, was Shilin zu tun vorschlägt. Das ist alles Seich, Geschwätz. Ich habe Melentjew sogar vorgeschlagen, den ganzen

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