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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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Große Runde Stempel saugte sich an meinem Antrag fest.

Verschiedene Vorgänge
    Wir verließen den Sitzungssaal als Letzte. Ich war deprimiert. Edik fasste mich unter. Auch er war bedrückt, ließ sich aber nichts anmerken. Von der trägen Masse seines Aggregats gezogen, tänzelte der gute alte Edelweiß um uns herum. Er säuselte mir Worte ewiger Liebe ins Ohr, versprach, die Füße zu waschen und Wasser zu trinken, und verlangte Wege- und Tagegelder. Edik gab ihm drei Rubel und hieß ihn, übermorgen wiederzukommen. Edelweiß schlug noch einen halben Rubel wegen gesundheitsschädlicher Arbeitsbedingungen heraus und verschwand. Da wurde mir wohler.
    »Lass den Kopf nicht hängen«, sagte Edik. »Noch ist nicht alles verloren. Ich habe da eine Idee.«
    »Was für eine?«, fragte ich matt.
    »Ist dir die Rede von Lawr Fedotowitsch aufgefallen?«
    »Ja«, antwortete ich. »Warum hast du das gemacht?«
    »Um zu überprüfen, ob er Verstand hat«, erklärte Edik.
    »Und?«
    »Wie du selbst gesehen hast, ja. Er hat Verstand, aber er ist bei ihm völlig ausgeschaltet. Nichts als bürokratische Reflexe. Aber als ich seinen Verstand aktiviert habe, konnte ich ihm vorgaukeln, er habe tatsächlich eine echte heuristische Maschine vor sich und sei außerdem gar nicht Wunjukow, sondern ein wahrhaftiger Administrator mit breit gefächertem Horizont. Wie du siehst, ist immerhin etwas dabei herausgekommen. Allerdings ist seine psychische Elastizität enorm. Als ich das Feld abschaltete, waren bei ihm keinerlei Anzeichen einer Restdeformation zu erkennen: Er war wieder ganz der Alte. Aber es war ja auch nur ein Testlauf; jetzt rechne ich alles noch mal richtig durch, justiere den Apparat noch ein wenig, und dann werden wir sehen. Wäre doch gelacht, wenn wir den nicht ändern könnten. Wir machen aus ihm einen anständigen Menschen, das ist zum Besten für uns, für alle anderen und für ihn selbst …«
    »Wohl kaum«, entgegnete ich.
    »Weißt du«, meinte Edik, »die Theorie der positiven Remoralisation besagt, dass sich jedes Wesen, das nur über einen Funken Verstand verfügt, in ein anständiges Wesen verwandeln lässt. Natürlich muss man in jedem Einzelfall individuell vorgehen. Genau diesen individuellen Ansatz suchen wir jetzt. Also: nur keine Trübsal. Alles wird gut.«
    Wir traten ins Freie. Fjodor, der Schneemensch, wartete schon auf uns. Er erhob sich von der Bank, auf der er gesessen hatte, und zu dritt schlenderten wir Arm in Arm die Straße des Ersten Mai entlang.
    »War es schwer?«, fragte Fjodor.
    »Schrecklich«, antwortete Edik. »Ich bin zu müde, um zu sprechen, zu müde, um zuzuhören, und obendrein ganz dumm im Kopf. Merkt man mir das nicht an, Fjodor?«
    »Noch nicht«, sagte Fjodor schüchtern. »So etwas fällt gewöhnlich erst nach ein, zwei Stunden auf.«
    »Ich möchte etwas essen«, warf ich ein. »Ich möchte mich vergessen. Gehen wir wohin und schlemmen richtig – mit Wein, Eis und allem Drum und Dran.«
    Edik war dafür, und auch Fjodor hatte nichts dagegen, entschuldigte sich aber, er trinke keinen Wein und könne auch mit Eis nichts anfangen.
    Die Straßen waren voller Menschen, aber niemand fla nierte auf den Gehwegen, wie es an Sommerabenden in allen Städten üblich ist. Die Nachkommen von Olegs Gefolgsleuten und Peters Grenadieren saßen still und manierlich auf ihren Außentreppchen und knackten schweigend Samenkerne. Kerne von Wassermelonen, Sonnenblumen, Kürbissen und Honigmelonen. Die Außentreppchen waren mit Ornamenten und Figuren verziert, hatten geschnitzte Pfeiler oder bestanden aus glatter Wassereiche – wunderbare Außentreppchen, unter denen man jahrhundertealte Museumsstücke antraf, die vom Staat geschützt wurden; die schweren Eisenschilder, die davon kündeten, verunstalteten sie jedoch völlig. Irgendwo in einem Hinterhof jaulte eine Harmonika – jemand ließ dort, wie man so schön sagt, alle Register spielen.
    Edik fragte Fjodor interessiert nach dem Leben in den Bergen. Fjodor hatte von Anfang an eine starke Zuneigung zu dem höflichen Edik gefasst und gab bereitwillig Auskunft.
    »Das Schlimmste«, erzählte Fjodor, »sind die Bergsteiger mit ihren Gitarren. Sie können sich nicht vorstellen, Edik, wie schrecklich es ist, wenn in unseren trauten, stillen Bergen, wo nur hin und wieder eine Lawine zu Tale geht, und auch das nicht ohne vorherige Ankündigung, plötzlich jemand dicht an Ihrem Ohr klimpert, mit den Füßen stampft und grölt, dass irgendein ›Bergfex‹

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