Gesammelte Werke 6
Kommandant lamentierte, natürlich sei auch das ein schwarzer und keineswegs ein grüner oder weißer, sondern eindeutig ein schwarzer Kasten, aber eben nicht jener, der als Vorgang unter der Nummer siebenundneunzig geführt werde und für den ein Antrag des Kollegen Alexander Iwanowitsch Priwalow vorliege. Dieser schwarze Kasten dagegen sei eigentlich gar kein Kasten, sondern eine heuristische Maschine, die als Vorgang die Nummer zweiundvierzig trage und für die kein Antrag vorliege. Wybegallo brüllte – tjä –, man solle hier nicht mit Zahlen jonglieren und mit alten Männern Schindluder treiben, schwarz bleibe schwarz und werde niemals weiß oder grün. Also möge man hier keinen Machismus und Empiriokritizismus verbreiten; die Genossen Mitglieder der maßgeblichen Troika möchten sich den Kasten nun mal selbst ansehen und sagen, ob er schwarz sei oder beispielsweise grün. Chlebowwodow rief etwas über seinen Babkin in die Runde, Farfurkis forderte, man dürfe nicht von der Instruktion abweichen, und Edik plärrte genüsslich: »Nieder!« Ich aber wiederholte immer wieder wie ein defektes Grammofon: »Mein Schwarzer Kasten ist kein Kasten, mein Schwarzer Kasten ist kein Kasten …«
Schließlich hatte sogar Lawr Fedotowitsch das Gefühl, dass etwas nicht stimmte.
»Hrrrm!«, ließ er sich vernehmen, und alles wurde still. »Ein Hindernis? Genosse Chlebowwodow, räumen Sie’s aus dem Weg.«
Chlebowwodow trat entschlossen auf Wybegallo zu, nahm ihm den Kasten aus der Hand und betrachtete ihn aufmerksam.
»Wofür hat der Kollege Subo einen Antrag?«, fragte er.
»Für einen Schwarzen Kasten«, antwortete der Kommandant verzagt. »Den Vorgang Nummer siebenundneunzig.«
»Ich frage nicht, welche Nummer der Vorgang hat«, entgegnete Chlebowwodow. »Ich frage, ob er einen Antrag für den Schwarzen Kasten hat.«
»Ja«, gab der Kommandant zu.
»Und von wem?«
»Vom Kollegen Priwalow aus dem Forschungsinstitut für Hexerei und Zauberkünste. Da sitzt er.«
»So ist es«, stimmte ich leidenschaftlich zu. »Aber mein Schwarzer Kasten ist kein Kasten, genauer gesagt, nicht ganz.«
Chlebowwodow achtete jedoch nicht auf mich. Er hielt den Kasten gegen das Licht, schob sich dann auf den Kommandanten zu und stieß drohend hervor: »Ist er ein Bürokrat? Sieht er etwa nicht, welche Farbe das hier ist? Die Rationalisierung ist vor seinen Augen erfolgt, der Kollege Repräsentant der Wissenschaft sitzt vor ihm und wartet auf die Erledigung seines Antrags. Versteht er? Es ist längst Abendbrotzeit, draußen wird es schon dunkel, er aber jongliert hier mit Zahlen.«
Ich spürte, wie mich Trübsal überkam und meine Zukunft ein einziger trister, nicht enden wollender, ganz und gar irrationaler Albtraum war. Trotzdem begriff ich nicht, was vor sich ging, und stammelte nur immerzu kläglich, mein Kasten sei nicht ganz ein Kasten, genauer gesagt, ganz und gar keiner. Ich wollte dieses Missverständnis für mein Leben gern aufklären. Auch der Kommandant murmelte etwas Über zeugendes, aber Chlebowwodow kehrte wieder auf seinen Platz zurück und drohte ihm mit der Faust.
»Der Kasten ist schwarz, Lawr Fedotowitsch«, meldete er triumphierend. »Ein Irrtum ist ausgeschlossen, ich habe ihn mir selbst angesehen. Ein Antrag liegt vor, und der Repräsen tant ist anwesend.«
»Das ist nicht der Schwarze Kasten!«, jaulte ich mit dem Kommandanten im Chor, aber Lawr Fedotowitsch, der uns durch sein Theaterglas musterte, entdeckte offenbar eine Ungereimtheit an uns und schlug unter Berufung auf die Meinung des Volkes vor, unverzüglich zur Utilisierung zu schreiten. Einwände gab es nicht, alle Verantwortlichen nickten.
»Den Antrag!«, befahl Lawr Fedotowitsch.
Und schon lag mein Antrag vor ihm auf dem grünen Tisch.
»Den Entscheid!«
Der Entscheid fiel auf den Antrag.
»Den Stempel!!!«
Die Tür des Panzerschranks ging knarrend auf, es roch nach Aktenmief, und vor Lawr Fedotowitsch blinkte kupfern der Große Runde Stempel. Da begriff ich, was im nächsten Augenblick geschehen würde. In mir sträubte sich alles.
»Aufhören!«, krächzte ich. »Hilfe!«
Lawr Fedotowitsch packte den Stempel mit beiden Händen und hielt ihn über den Antrag. Ich nahm all meine Kraft zusammen und sprang auf.
»Das ist nicht der richtige Kasten!«, brüllte ich aus vollem Halse. »Was soll das? Edik!«
»Einen Augenblick«, bat Edik. »Hören Sie mich bitte erst an.«
Lawr Fedotowitsch hielt in seiner unerbittlichen Bewegung
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