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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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Pantoffeln gegen solide Straßenschuhe mit dicker Sohle, zieht einen Mantel über und drückt sich eine zerknautschte Baskenmütze aufs Haar. Dann bückt er sich nach einem großen, mit leeren Kefir-, Limonade- und Sonnenblumenölflaschen prall gefüllten Netz, das neben der Garderobe steht.
    Unter dem Gewicht des Netzes leicht gebeugt, betritt er den Treppenabsatz vor seiner Wohnung und bleibt überrascht stehen.
    Aus der Wohnung gegenüber kommen zwei Sanitäter mit einer Trage, auf der totenblass sein Nachbar Konstantin Kurdjukow liegt, ein im Vergleich drittrangiger Dichter, mit dem Snegirjow flüchtig bekannt ist.
    Bei seinem Anblick ruft Kurdjukow: »Snegirjow! Dich schickt mir der Himmel!«
    Seine Stimme klingt so verzweifelt, dass die Sanitäter sofort stehen bleiben.
    Snegirjow beugt sich teilnahmsvoll über ihn. »Was hast du, Kurdjukow? Was ist passiert?«
    Kurdjukow verdreht die trüben Augen, sein sabbernder Mund steht offen. »Rette mich, Snegirjow«, krächzt er. »Ich sterbe! Ich flehe dich an. Du bist meine einzige Hoffnung. Soja ist nicht da, niemand ist da.«
    »Schieß los, Kurdjukow«, antwortet Snegirjow. »Was kann ich für dich tun?«
    »Fahr ins Institut! Ins Institut … Kennst du das an der Bogorodsker Chaussee? Frag dort nach Martynjuk … Martynjuk, Iwan Dawydowitsch. Merk dir den Namen! Den kennt dort jeder. Er ist Vorsitzender des Gewerkschaftskomitees. Sag ihm, dass ich mich vergiftet habe, ein Fall von Botulismus. Ich sterbe! Er soll mir wenigstens zwei, drei Tropfen geben. Ich weiß, dass er welche hat … Er soll sie mir geben!«
    »Schon gut, schon gut! Martynjuk, Iwan Dawydowitsch, zwei Tropfen. Und was für zwei Tropfen? Weiß er Bescheid?«
    Auf Kurdjukows Gesicht tritt ein merkwürdiges, nicht in die Situation passendes Lächeln. »Sag bloß: Methusalin; dann ist er im Bilde.«
    In diesem Moment kommt der Arzt aus Kurdjukows Woh nung und fährt die Sanitäter an: »Was ist? Worauf wartet ihr noch? Beeilt euch mal ein bisschen! Beeilen, hab ich gesagt!«
    Während die Sanitäter Kurdjukow die Treppe hinuntertragen, schreit dieser verzweifelt: »Snegirjow! Ich werde für dich beten!«
    »Ich fahre sofort hin!«, ruft Snegirjow ihm hinterher. »Bin schon unterwegs.«
    Der Arzt, im Mundwinkel eine noch nicht angezündete Zigarette, stopft sich verschiedene Papiere in die Kitteltasche und wartet auf den Fahrstuhl.
    Erschrocken fragt ihn Snegirjow: »Hat er wirklich Botulismus?«
    Der Arzt zuckt mit den Achseln und antwortet: »Eine Vergiftung. Nach der Untersuchung wissen wir mehr.«
    »Martynjuk, Iwan Dawydowitsch«, sagt Snegirjow laut, und als der Arzt ihn verständnislos anblickt, erklärt er hastig: »Nein, nein, ich will mir nur einen Namen einprä gen. Martynjuk, Vorsitzender des Gewerkschaftskomitees … Methusalin.«
    Die Fahrstuhltür geht auf, und die beiden steigen ein.
    »Was meinen Sie«, fragt Snegirjow, »hilft dieses Methusalin auch gegen Botulismus?«
    »Wie sagten Sie?«
    »Methusalin, glaub ich«, erwidert Snegirjow verwirrt.
    »Nie gehört«, meint der Arzt trocken.
    »Ist wohl ein neues Mittel«, mutmaßt Snegirjow.
    Der Arzt entgegnet nichts.
    »Vielleicht sogar ein brandneues«, vermutet Snegirjow. »Wissen Sie, es kommt aus diesem Institut an der Bogorodsker Chaussee. Übrigens, wo bringen Sie Kurdjukow hin?«
    »In die II. Städtische Klinik.«
    »Ach, das ist ja nicht weit.«
    Am Rettungswagen trennen sie sich, und Snegirjow läuft, mit seinen Flaschen klappernd, auf die Straßenmitte und hält ein Taxi an.
    Als er wieder aus dem Taxi klettert, nimmt Snegirjow das Netz fest in die Hand und geht, unter dem Gewicht gebeugt, die breiten Betonstufen des überdachten Eingangs zum Institut hinauf. Mit seinem Körpergewicht drückt er die breite Glastür auf und gelangt in eine geräumige Halle, die vom Licht zahlreicher Quecksilberröhren erhellt wird. In der Halle befinden sich viele Leute, die in Grüppchen beieinanderstehen und rauchen. Snegirjow bleibt mit seinem Netz an einem Abfallbehälter hängen, sodass die Flaschen klirren. Alle Blicke richten sich auf das Netz. Verlegen tritt Snegirjow auf das erste Grüppchen zu, das er trifft, und erkundigt sich nach dem Vorsitzenden des Gewerkschaftskomitees Martynjuk. Man mustert ihn von oben bis unten und weist dann zur Hallendecke. Snegirjow begibt sich zur Garderobe und reicht dem Garderobier Mantel und Mütze. Er versucht, diesem auch sein Netz aufzuschwatzen, erhält aber eine entschiedene Abfuhr und verstaut

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