Gesammelte Werke 6

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    KURDJUKOW : Ich bitte Sie, Rittmeister! Als Edelmann! Ich sage Ihnen ganz offen: Ich muss mit ihm reden.
    KARIERTER : Reden! Abmurksen wollen Sie ihn, und ich habe nachher den Ärger.
    KURDJUKOW leidenschaftlich seine leeren Hände vorweisend: Womit? Womit soll ich ihn abmurksen? Und selbst wenn? Wäre das so schlimm?
    KARIERTER : Schlimm wär’s vielleicht nicht, aber andererseits: Befehl ist Befehl … Durchsucht Kurdjukow rasch und routiniert. Na schön, gehen Sie rein, Bassawrjuk, Gott mit Ihnen.
    Kurdjukow betritt auf Zehenspitzen das Schlafzimmer und schließt fest die Tür hinter sich. Snegirjow blickt ihm finster entgegen. Kurdjukow aber lässt sich nicht beirren; mit einem Satz ist er an der Liege und neigt sich über Snegirjows Ohr.
    KURDJUKOW : Also, wir machen es so: Ich übernehme den Ritt meister. Du hast nur eins zu tun: den Magister gut festzuhalten. Alles andere überlass mir.
    SNEGIRJOW schiebt ihn mit gespreizten Fingern von sich und setzt sich auf.
    KURDJUKOW : Was starrst du mich so an? Müssen wir aus diesem Schlamassel raus oder nicht? Fehlte ja noch, dass sie dich oder mich abmurksen. Bildest du dir vielleicht ein, dass jemand für dich eintreten wird? Was hat der Magister dir vorgeflunkert? Hat dir wohl das Blaue vom Himmel versprochen? Glaub ihm kein Wort! Wir müssen selbst für uns eintreten. Ein anderer wird es nicht für uns tun. Du Esel, wir müssen erst mal hier raus, dann kann jeder seiner Wege gehen. Hast du wirklich keinen Ort, wo du eine Weile untertauchen kannst?
    SNEGIRJOW : Ich schnappe mir also den Magister?
    KURDJUKOW : Ja doch!
    SNEGIRJOW : Und du schnappst dir den Rittmeister?
    KURDJUKOW : Ja doch. Die anderen sind uninteressant.
    SNEGIRJOW : Raus!
    KURDJUKOW : Wieso denn? Du Esel glaubst mir wohl nicht? Na, dann versprich mir wenigstens eins: dass du Iwan Dawydowitsch festhältst, wenn ich mir den Rittmeister schnappe.
    SNEGIRJOW : Raus, hab ich gesagt!
    KURDJUKOW knurrt wie ein Hund, läuft zum Fenster, sieht sich rasch und gründlich den Rahmen an und eilt zufrieden zur Tür. Nachdem er sie geöffnet hat, dreht er sich noch einmal zu Snegirjow um und zischt: Denk an dich, Snegirjow! Ich sag’s dir noch einmal! An dich!
    Kaum ist er verschwunden, kommt Natalja ins Schlafzimmer und schließt ebenfalls fest die Tür hinter sich. Sie tritt an die Liege, setzt sich neben Snegirjow und sieht sich im Zimmer um.
    NATALJA : Mein Gott, wie lange war ich nicht mehr hier! Wo ist denn der Sekretär geblieben? Hier stand doch mal ein kleiner Sekretär.
    SNEGIRJOW : Den habe ich Lisa gegeben. Aber was kümmert’s dich?
    NATALJA : Warum bist du denn so ruppig? Ich hab dir doch nichts getan. In diese Geschichte hast du dich selbst reingeritten. Mach nicht so ein böses Gesicht! Gestern hast du mich ganz anders angeguckt. Hast du Angst?
    SNEGIRJOW : Wovor sollte ich Angst haben?
    NATALJA : Na, wie soll ich’s sagen? Solange Kurdjukow lebt …
    SNEGIRJOW : Ihr werdet es nicht wagen.
    NATALJA : Heute nicht, aber morgen …
    SNEGIRJOW : Auch morgen werdet ihr’s nicht wagen. Ist denn tatsächlich noch keiner von euch daraufgekommen, dass das für euch das Ende wäre?
    NATALJA : Hör zu. Du siehst das falsch. Die sind völlig kopflos vor Angst und zu allem fähig. Das ist, was du begreifen musst. Ich sehe dir an, dass du irgendwas ausheckst. Geh nicht zu weit! Glaub niemandem ein Wort. Und dreh keinem von ihnen den Rücken zu – die fackeln nicht lange! Ich habe gesehen, wie so etwas abläuft.
    SNEGIRJOW : Und wie kommt es, dass du plötzlich wieder deine Liebe zu mir entdeckst?
    NATALJA : Weiß ich selbst nicht. Mir ist, als hätte ich dich heute zum ersten Mal gesehen. Ich dachte immer, du wärst bloß ein geiler Bock, ein Mann für ein, zwei Nächte. Dabei bist du ganz anders! Sie rückt dichter an Snegirjow heran, schmiegt sich an ihn und streichelt sein Gesicht. Ein Mann, ein richtiger Mann … Umarme mich! Was sitzt du da wie ein Fremder? Ich bin es doch! Weißt du nicht mehr, wie du mich eine Fee, eine wunderschöne Hexe genannt hast? Na? Ich will mich doch nur von dir verabschieden. Wer weiß, was in der nächsten Stunde passiert. Vielleicht können wir es jetzt zum letzten Mal …
    SNEGIRJOW befreit sich mühsam aus ihren Armen und steht auf: Begrab mich nicht vor der Zeit! Und hör endlich auf! Ist das jetzt etwa der richtige Augenblick?
    NATALJA sich an ihn klammernd: Ein letztes Mal … Ein allerletztes …
    SNEGIRJOW : Nein! Du bist wohl verrückt