Gesammelte Werke 6
Doubles, also, gewiss nicht dazu erschaffen, dass sie dumme Flausen im Kopf haben.«
»Aber eine Laune kann doch auch ein Bedürfnis sein«, widersprach Roman.
»Wir wollen uns hier nicht mit Scholastik und Kasuistik beschäftigen«, verfügte Wybegallo. »Und auch nicht mit religiös-mystischen Analogien.«
»Nein, das wollen wir nicht«, sagte Roman.
B. Zucht drehte sich mit ärgerlichem Gesicht zu Roman um und wandte sich von Neuem an Wybegallo: »Wann und wo, Amwrossi Ambrosjewitsch, wird uns das universelle Modell vorgeführt werden?«
»Antwort«, sagte Wybegallo. »Hier, in diesem meinem Labor. Der Zeitpunkt wird der Presse noch mitgeteilt.«
»Ist in den nächsten Tagen damit zu rechnen?«
»Es gibt sogar die Auffassung, dass schon in den nächsten Stunden damit zu rechnen ist. Also wird’s am besten sein, wenn die Kollegen von der Presse gleich hierbleiben und warten.«
Da drehten sich die Doubles Fjodor Simeonowitschs und Cristóbal Juntas wie auf ein Kommando um und gingen.
Roman fügte hinzu: »Amwrossi Ambrosjewitsch, finden Sie eine solche Vorführung in einem geschlossenen Raum, noch dazu mitten in der Stadt, nicht zu gefährlich?«
»Wir haben nichts zu befürchten«, erklärte Wybegallo wichtig. »Wer sich fürchten muss, das, tjä, sind bloß unsere Feinde.«
»Erinnern Sie sich noch, dass ich Sie auf die Möglichkeit aufmerksam machte, dass …«
»Also, tjä, dann sind Sie, Genosse Oira-Oira, nicht beschlagen genug. Man muss zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit, zwischen Zufall und Notwendigkeit, zwischen Theorie und Praxis unterscheiden, und überhaupt, Genosse Oira-Oira …«
»Trotzdem wäre es auf dem Versuchsgelände …«
»Ich teste doch keine Bombe«, fiel ihm Wybegallo arrogant ins Wort. »Ich teste das Modell des idealen Menschen. Gibt’s noch Fragen?«
Ein Neunmalkluger aus der Abteilung für Absolutes Wis sen wollte wissen, wie der Autoklav funktioniere, und Wybe gallo machte sich bereitwillig ans Erklären. Die schlecht gelaunten Laboranten bauten ihre Gerätschaften zur Befriedigung geistiger Bedürfnisse wieder ab. Der Kadaver fraß. Sein schwarzer Anzug platzte aus allen Nähten.
Roman betrachtete ihn forschend. Dann sagte er plötzlich mit lauter Stimme: »Ich habe einen Vorschlag zu machen. Wer hier kein persönliches Interesse verfolgt, sollte jetzt den Raum verlassen.«
Alle drehten sich zu ihm um.
»Es wird hier gleich eine große Schweinerei geben«, erläuterte er. »Und eine Menge Dreck.«
»Das ist eine Provokation«, sagte Wybegallo würdevoll.
Roman packte mich am Ärmel und schob mich zur Tür. Ich zog Stella hinter mir her. Die übrigen Zuschauer folgten uns. Auf Roman hörte man im Institut, auf Wybegallo nicht. Im Labor waren außer den dort Arbeitenden nur die beiden Korrespondenten zurückgeblieben; wir versammelten uns im Korridor.
»Was ist los?«, wollten die Leute von Roman wissen. »Was passiert denn da? Wieso gibt es eine Schweinerei?«
»Weil er jeden Moment platzen muss«, antwortete Roman und ließ keinen Blick von der Tür.
»Wer muss platzen? Wybegallo?«
»Mir tun bloß die Korrespondenten leid«, meinte Edik. »Hör mal, Sascha, ist die Dusche heute in Betrieb?«
Da flog die Labortür auf, und zwei Laboranten schleppten den Bottich mit den leeren Eimern heraus. Ein dritter Laborant, der sich immer wieder ängstlich umsah, tänzelte um die beiden herum und murmelte: »Wartet, Jungs, wartet, ich helfe euch gleich, der Bottich ist doch schwer.«
»Macht die Tür zu«, riet ihnen Roman.
Der dritte Laborant schlug hastig die Tür zu, kramte seine Zigaretten heraus und trat auf uns zu. Seine Augen waren weit aufgerissen und unruhig.
»Gleich geht’s los«, erklärte er. »Scharfblick ist ein Esel – ich habe ihm noch zugezwinkert … Und wie der frisst! Das ist nicht auszuhalten!«
»Jetzt ist es fünf vor halb drei …«, begann Roman – da krachte es auch schon. Die Fensterscheiben zersprangen. Die Labortür fiel ächzend aus den Angeln, und durch die Öffnung flogen ein Fotoapparat und eine Krawatte. Wir wichen zur Seite. Stella kreischte auf.
»Ruhig Blut«, sagte Roman. »Das war’s schon. Jetzt gibt es einen Konsumenten weniger auf Erden.«
Der Laborant war kreidebleich geworden und sog gierig an seiner Zigarette. Aus dem Labor drangen glucksende Geräusche, jemand hustete, ein anderer stieß Verwünschungen aus. Es roch abscheulich. Ich murmelte unentschlossen: »Man müsste mal nachsehen …«
Niemand rührte
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