Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
Vom Netzwerk:
sich. Stattdessen sahen mich alle mitleidig an. Stella weinte leise und klammerte sich an meine Jacke. Einer flüsterte seinem Nachbarn zu: »Das ist der Diensthabende, verstehst du? Jemand muss es ja wieder in Ordnung bringen.«
    Ich ging zögernd auf die Tür zu, da aber torkelten schon, ineinander verkrallt, die Korrespondenten und Wybegallo aus dem Labor heraus.
    Gott, was für ein Anblick!
    Langsam kam ich wieder zu mir, holte die Platinpfeife aus der Tasche und blies hinein. Da bahnte sich der Katastrophentrupp aus Hausgeistern, die auf Fäkalienräumung spezialisiert waren, einen Weg durch die Menge.

5
    Glaubt mir, ringsum war der entsetzlichste Anblick,
    der sich je einem Auge bot.
    Fran ç ois Rabelais
    Was mich am meisten verblüffte, war, dass der Vorfall Wybe gallo nicht im Geringsten entmutigte. Während die Hausgeister ihn mit Absorbenzien begossen und mit Duftwässern einrieben, verkündete er im Falsett: »Und da hatten Sie, Genosse Oira-Oira, und auch Sie, Genosse Amperjan, immerzu Angst: ›Was soll nur werden, wie können wir ihn bremsen?‹ Also: In Ihnen beiden steckt ein ungesunder Skeptizismus. Ich würde sagen, ein Zweifel an den Kräften der Natur, an den menschlichen Möglichkeiten. Und was ist aus diesem Zweifel geworden? Geplatzt ist er – vor den Augen der Öffentlichkeit! Ist geplatzt und hat mich und die Kollegen von der Presse besudelt.«
    Die Presse schwieg verstört und drehte sich unter den zischenden Strahlen der Absorbenzien ergeben von einer Seite auf die andere. G. Scharfblick zitterte am ganzen Leib. B. Zucht schüttelte andauernd den Kopf und beleckte sich unwillkürlich.
    Als die Hausgeister das Labor notdürftig gesäubert hatten, warf ich einen Blick hinein. Der Katastrophentrupp setzte geschäftig neue Fensterscheiben ein und verbrannte die Überreste des Magen-Modells in einem Muffelofen. Viel war von ihm nicht übrig: ein Häufchen Knöpfe mit der Aufschrift »For gentlemen«, ein Jackenärmel, ein Paar unglaublich ausgeleierte Hosenträger und eine künstliche Kinnlade, die dem bei Ausgrabungen entdeckten Unterkiefer des Gigantopithekus ähnelte. Der Rest war anscheinend verpufft. Wybegallo sah sich den zweiten Autoklav, auch Selbsteinschließer genannt, an und behauptete, es sei alles in bester Ordnung. »Ich bitte die Presse, sich zu mir zu bemühen«, bat er. »Den Übrigen schlage ich vor, sich wieder um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern.« Die Presse zückte die Notizbücher, und dann setzten sich die drei an den Tisch, erörterten die Einzelheiten der Skizze »Die Geburt einer Entdeckung« sowie der informativen Notiz »Professor Wybe gallo erzählt«.
    Die Zuschauer trotteten, einer nach dem anderen, davon. Roman entfernte sich, nachdem er mir die Schlüssel zu Janus Poluektowitschs Panzerschrank abgeluchst hatte. Stella ging ihrer Wege, noch immer verzweifelt, weil Wybegallo sie an keine andere Abteilung abtreten wollte. Die Laboranten waren, wie es schien, merklich erleichtert, endlich von hier wegzukommen. Edik lief, umringt von einer Schar Theoretikern, den Korridor entlang und rechnete im Kopf den Mindestdruck im Magen des explodierten Kadavers aus. Auch ich kehrte auf meinen Posten zurück – nachdem man mir versichert hatte, der Versuch mit dem zweiten Kadaver starte nicht vor acht Uhr früh.
    Das Experiment hatte einen beklemmenden Eindruck hin terlassen. Ich warf mich im Vorzimmer in einen der großen Sessel und überlegte eine Weile, ob Wybegallo nun ein Dumm kopf war oder ein verschlagener Demagoge und Stümper. Der wissenschaftliche Wert seiner Kadaver war offenbar gleich null. Modelle auf der Basis eigener Doubles konnte jeder Mitarbeiter anfertigen, der seine Magisterarbeit verteidigt und einen zweijährigen Lehrgang für nichtlineare Transgression absolviert hatte. Genauso einfach war es, die Modelle mit magischen Eigenschaften auszustatten, denn diesbezügliche Nachschlagewerke, Tabellen und Lehrbücher für Aspiranten der Magie gab es wahrlich genug. Modelle bewiesen im Grunde nichts und waren für die Wissenschaft nicht interessanter als ein Kartentrick oder die Darbietung eines Degenschluckers. Einem Laien hingegen schien das alles ungeheuer beeindruckend; er war erfüllt von ehrfürchtigem Schauder und einer vagen Ahnung unwahrscheinlicher Möglichkeiten. Man konnte also verstehen, warum es die erbärmlichen Zeitungskorrespondenten zu Wybegallo zog wie die Fliegen zum Mist. Wybegallo mit seinem krankhaften Drang nach Attraktionen und

Weitere Kostenlose Bücher