Gesammelte Werke
Sand, aber wir vermochten nicht gleich zu erkennen, was es sei. Endlich sahen wir, dass es der Körper jenes fremdartigen Tieres mit den scharlachroten Zähnen und Klauen war, das der Schuner am 18. Januar aufgefischt hatte. Kapitän Guy hatte die Absicht gehegt, den Balg ausstopfen zu lassen und ihn nach England mitzunehmen. Er hatte auch, kurz bevor wir die Inseln anliefen, einige Anordnungen in diesem Sinne erteilt, und das Tier war in die Kajüte gebracht und in einem Schrank verstaut worden. Die Explosion hatte es an den Strand geworfen, aber wir konnten die Erregung, die es bei den Wilden hervorrief, nicht recht begreifen. Sie umdrängten das tote Tier in geringem Abstand, doch keiner zeigte Lust, ganz nahe heranzutreten. Nach und nach umpfählten es die aus dem Wald Zurückkehrenden mit einem Zaun, und sobald dieser fertig war, stürzte die ganze ungeheure Versammlung unter dem lauten Geschrei: »Tekeli-lil Tekeli-lil Tekeli-li!« nach dem Innern der Insel.
Dreiundzwanzigstes Kapitel
Während der nächsten sechs oder sieben Tage blieben wir in unserem Bergversteck und wagten uns nur zuweilen und mit großer Vorsicht heraus, um Wasser und Nüsse zu holen. Wir hatten uns auf der Plattform eine Art Schutzdach errichtet; darunter war ein Lager aus trocknen Blättern; drei große flache Steine dienten uns als Herd und Tisch. Feuer erzeugten wir mit vieler Mühe durch Aneinanderreihen zweier Stückchen Holz, eines weichen und eines harten. Der Vogel, den uns ein glücklicher Zufall gesandt hatte, erwies sich als ein trefflicher, nur etwas zäher Braten. Es war kein Seevogel, sondern eine Art Rohrdommel oder Nachtrabe, mit kohlschwarzem, leicht angegrautem Gefieder und Flügeln, die im Verhältnis zu seinem Körper winzig schienen. Später sahen wir noch drei Vögel dieser Gattung in der Nähe unserer Schlucht, sie suchten offenbar nach dem erlegten Genossen; da sie sich jedoch nicht niederlassen mochten, so konnten wir ihrer nicht habhaft werden.
Nun war der eine Vogel aufgegessen, und wir sahen uns gezwungen, nach neuen Lebensmitteln zu fahnden. Die Nüsse reichten zur Sättigung nicht aus, auch verursachten sie uns arges Bauchgrimmen und nach übermäßigem Genuss heftiges Kopfweh. Am Strand östlich vom Berg hatten wir ein paar große Schildkröten bemerkt und meinten sie leicht fangen zu können, falls wir den Augen der Wilden entgehen würden. Wir beschlossen daher, den Abstieg zu versuchen.
Zuerst stiegen wir auf der Südseite hinab, da es hier am wenigsten schwierig schien, aber kaum waren wir hundert Ellen weit gelangt, als – wie wir eigentlich erwarten mussten – eine Abzweigung der Klamm, in der unsere Kameraden den Untergang gefunden hatten, den Weg vollkommen abschnitt. Wir folgten dem Rand dieser Kluft etwa eine Viertelmeile weit – da versperrte uns abermals ein Abgrund von schauerlicher Tiefe den Pfad, und wir mussten unverrichteter Dinge zurückkehren, es war unmöglich, auf dem schmalen Brink Fuß zu fassen.
Jetzt wandten wir uns ostwärts, hatten aber den gleichen Misserfolg zu verzeichnen. Nach einstündigem Klettern, währenddessen wir beständig in Gefahr waren, den Hals zu brechen, befanden wir uns in einem riesigen Kessel aus schwarzem Granit, dessen Grund ein feiner Staub bedeckte; der einzige Ausgang aber war der raue Pfad, auf dem wir herabgestiegen waren. Wir kletterten mühevoll zurück und versuchten es nun mit dem nördlichen Rand der Anhöhe. Hier war größte Vorsicht vonnöten, da die geringste Unachtsamkeit uns in den Gesichtskreis der Wilden bringen musste. Wir stahlen uns daher auf Händen und Füßen fort und waren sogar wiederholt genötigt, uns der Länge nach hinzulegen und unsere Leiber flach durchs Gestrüpp zu schieben. Auf diese sorgfältige Weise bewegten wir uns eine Zeitlang fort. Dann kamen wir an eine Kluft, die alle anderen an Tiefe übertraf und unmittelbar mit der großen Klamm zusammenhing. So zeigte sich’s denn, dass wir mit unseren Befürchtungen recht gehabt hatten. Wir waren von der Welt da unten gänzlich abgeschnitten. Vollkommen durch unsere Anstrengungen erschöpft, krochen wir, so gut wir konnten, nach unserer Plattform zurück, warfen uns auf die Streu und genossen ein paar Stunden süßen und tiefen Schlafes.
Mehrere Tage nach jener vergeblichen Suche waren wir damit beschäftigt, den Berggipfel nach jeder Richtung zu erkunden, um über etwaige Hilfsquellen unterrichtet zu sein. Außer den ungesunden Nüssen und einer sauren Art des
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