Gesammelte Werke
da wir mehrere Abteilungen Wilder bemerkten, die mit Beute beladen ihrem Dorf zustrebten.
Unsere nächste Sorge war, unser Versteck so sicher wie möglich zu gestalten; das Guckloch, durch das wir vorhin, nach dem Aufstieg aus der Klamm, ein Stück blauen Himmels erblickt hatten, verdeckten wir mit Gestrüpp und ließen nur so viel offen, dass wir die Bucht überblicken konnten, ohne von unten gesehen zu werden. Nun freuten wir uns herzlich unserer Sicherheit; denn es war jetzt unmöglich, uns zu beobachten, solange wir in der Schlucht verblieben und uns nicht hinaus auf die Höhe wagten. Es schien uns, als ob die Schwarzen diesen Grund niemals betreten hätten; aber als wir uns erinnerten, dass die Spalte, die uns hereingeführt hatte, eben erst durch den Zusammensturz der jenseitigen Bergwand hervorgerufen worden war und ein anderer Zugang nicht vorhanden schien, befiel uns jetzt auf einmal die Angst, dass uns der Rückweg abgeschnitten sein könnte. Wir beschlossen, bei günstiger Gelegenheit diese Höhen gründlich zu durchforschen; inzwischen beobachteten wir durch unser Guckloch die Bewegungen der Eingebornen.
Sie hatten das Schiff bereits vollständig in Trümmer gelegt und schickten sich eben an, es in Brand zu setzen. Bald sahen wir eine mächtige Rauchwolke aus der Hauptluke emporwirbeln, und gleich darauf schossen dichte Flammen prasselnd aus dem Vorderkastell. Was von der Takelung, den Masten, den Segeln noch übrig war, geriet sogleich in Brand, und das Feuer verbreitete sich in rasender Eile übers Verdeck. Trotzdem blieben noch viele der Wilden am Schiff hängen und bearbeiteten die Ziehnägel und anderes Eisen- und Kupferzeug mit großen Steinen, Äxten und Kanonenkugeln. Am Strand und in den Kanus und Flachbooten befanden sich nicht weniger als zehntausend Wilde in unmittelbarer Nachbarschaft des Schuners, ohne die beutebeladenen Scharen zu rechnen, die landeinwärts oder nach den benachbarten Inseln unterwegs waren. Jetzt musste eine Katastrophe eintreten. Und unsere Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Zuerst gab es nur einen starken Stoß (wir empfanden ihn an unserem Standort deutlich wie den leichten Schlag einer elektrischen Batterie), aber von einer Explosion war nichts zu sehen. Die Wilden waren offenbar etwas bestürzt und hörten einen Augenblick auf zu arbeiten und zu brüllen. Schon wollten sie ihr Treiben wieder fortsetzen, da quirlte mit einem Mal eine Unmasse Rauches aus dem Verdeck empor; er glich einer schwarzen Gewitterwolke; dann strömte aus den Eingeweiden dieser Wolke eine ungeheure Säule lebendigen Feuers, die sich wohl eine Viertelmeile hoch in die Lüfte erhob; dann breitete sich diese Flamme ganz plötzlich im Kreis aus; dann war wie durch Zauber in einem Nu die Luft, so weit der Blick reichte, mit einem wahnsinnigen Durcheinander von Holz, Metall und menschlichen Gliedern erfüllt; und zuletzt kam die Erschütterung selbst in ihrer vollsten und tollsten Gewalt, die uns wie ein Sturmwind zu Boden warf, während die Berge das Getöse in unaufhörlichem Echo widerhallten und ein dichter Hagel winziger Trümmerteile auf allen Seiten rings um uns niederrasselte.
Das unter den Barbaren angerichtete Verderben übertraf bei weitem unsere kühnsten Erwartungen, und sie hatten nun in der Tat die volle, reife Frucht ihrer Verräterei geerntet. Wohl an Tausend gingen durch die Explosion zugrunde, und mindestens ebenso viel waren aufs Ärgste verstümmelt. Die Oberfläche der Bucht war von den im Todeskampf ächzenden und ertrinkenden Schuften förmlich übersät, und am Strand verhielt sich die Sache noch schlimmer. Sie schienen durch die Plötzlichkeit und Vollständigkeit ihrer Niederlage gänzlich betäubt, und keiner machte einen Versuch, dem anderen zu helfen. Auf einmal aber änderte sich ihr Benehmen von Grund aus. Von dumpfer Ergebung gingen sie, so schien es uns, in den Zustand wildester Aufregung über, stürzten wie toll hin und her, umkreisten einen bestimmten Punkt am Strand mit dem seltsamsten Ausdruck des Entsetzens, der Wut und der heißen Neugier auf ihren hässlichen Gesichtern und brüllten unaufhörlich mit aller Kraft ihrer Lungen: »Tekeli-li! Tekeli-li!«
Nun zog eine größre Abteilung bergwärts, um alsbald mit Holzbündeln beladen zurückzukehren. Sie brachten das Holz an die Stelle, wo das Gedränge am dichtesten war; jetzt teilten sich die Massen, und wir konnten die Ursache all der furchtbaren Aufregung wahrnehmen. Etwas Weißes lag dort auf dem dunklen
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