Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
Vom Netzwerk:
Koje und sprach offenherzig über den Maat und die Zustände an Bord des Schiffes. Sein Benehmen war launisch, um nicht zu sagen grotesk. Einmal war Augustus durch sein Verhalten sehr beunruhigt. Endlich begab er sich wieder aufs Verdeck, indem er murmelte, er werde dem Gefangenen morgen ein gutes Essen bringen. Während des Tages kamen zwei Harpuniere, begleitet vom Koch; alle drei waren nahezu im letzten Stadium der Trunkenheit. Gleich Peters sprachen sie ohne Rücksicht über ihre Pläne. Sie schienen untereinander uneins in Bezug auf den Kurs, der eingehalten werden sollte; einig waren sie nur in einem Punkt, nämlich bezüglich des Angriffes auf das Schiff von den Kapverdi-Inseln, das stündlich erwartet wurde. Die Meuterei schien nicht allein der Beute wegen in Szene gesetzt worden zu sein; ein persönlicher Groll des Unterschiffers gegen Kapitän Barnard schien den hauptsächlichen Anstoß gegeben zu haben. Jetzt gab es offenbar zwei Parteien, die des Unterschiffers und die des Kochs. Jener wollte das erste geeignete Schiff besetzen und es an irgendwelchem westindischen Eiland auf Seeräuberei einrichten. Doch die Gegenpartei, der auch Dirk angehörte, war stärker; sie wollten den ursprünglichen Kurs nach dem südlichen Teile des Stillen Ozeans beibehalten, dort entweder Walfische fangen oder etwas anderes beginnen, je nach den Umständen. Peters hatte oftmals diese Gegend besucht, und seine Vorstellungen waren von großem Gewicht bei den Meuterern, die zwischen Gewinn und Vergnügen unklar hin und her schwankten. Er betonte, welch eine neue, abwechslungsreiche Welt sich auf den zahllosen Inseln der Südsee finde, welch vollkommene Sicherheit, welche ungezügelte Freiheit man dort genießen könne, wie üppig das Leben, wie angenehm das Klima, wie wollüstig schön die Frauen seien. Noch war nichts Bestimmtes abgemacht; aber die Schilderungen des Halbblutes hatten sich der glühenden Einbildungskraft der Seeleute bemächtigt, und es war mehr als wahrscheinlich, dass sein Vorschlag durchgehen würde.
    Nach einer Stunde entfernten sich die drei Männer, und während dieses Tages betrat niemand weiter das Vorderkastell. Augustus lag bis zum Abend still. Dann streifte er Strick und Handschellen ab und machte sich an sein Vorhaben. In einer der Kojen fand er eine Flasche, füllte sie mit Wasser und seine Tasche mit kalten Kartoffeln. Zu seiner Freude entdeckte er auch eine Laterne mit einem Stückchen Talgkerze darin. Als es ganz dunkel war, kroch er durch das Loch in der Scheidewand, nachdem er die Vorsicht gehabt hatte, der Koje das Ansehen zu geben, als schliefe hier einer. Als er hindurch war, hing er seine Jacke wie vorhin an seinem Messer auf; das fehlende Stückchen Planke fügte er vorläufig nicht wieder ein. Er war jetzt im Zwischendeck und arbeitete sich wie gestern zwischen den Tranfässern und dem oberen Verdeck nach der Hauptluke hin. Hier zündete er ein Licht an und stieg hinunter, indem er nur mit der größten Mühe zwischen den festen Verstauungen des Kielraums vorwärts drang. Bald beunruhigten ihn der unerträgliche Geruch und die Stickigkeit der Luft. Er konnte es kaum für möglich halten, dass ich meine Einsperrung so lange hatte überleben können. Er rief mich wiederholt beim Namen, aber ich antwortete nicht, und seine Befürchtungen schienen zur Wahrheit zu werden. Die Brigg stampfte heftig, und der Lärm war so groß, dass ein leiser Ton, wie mein Atem oder Schnarchen, nicht vernehmbar gewesen wäre. Er öffnete die Blendlaterne und hielt sie, so oft sich Gelegenheit ergab, so hoch als möglich, damit ich, falls ich lebte, das Herannahen der Hilfe zu erkennen vermöchte. Noch immer war von mir nichts zu vernehmen, und die Vermutung, ich sei tot, gestaltete sich ihm allmählich zur Gewissheit. Trotzdem beschloss er, einen Weg zu meinem Koffer zu erzwingen. Eine Zeitlang kam er im jämmerlichsten Zustand der Besorgnis weiter, bis er endlich den Durchgang vollkommen verstopft fand und einsah, dass er auf diesem Weg sein Ziel nicht erreichen werde. Seine Gefühle überwältigten ihn, er warf sich verzweifelnd unter das Gerumpel und weinte wie ein Kind. In diesem Moment hörte er den Krach, den ich durch das Wegwerfen meiner Flasche hervorrief. Auf diesem so geringfügigen Vorkommnis beruhte, wie es scheint, mein Schicksal. Das aber habe ich erst nach vielen Jahren erkannt. Natürliche Scham und ein Bedauern seiner Schwäche verhinderten Augustus, mir sofort zu beichten, was er mir später

Weitere Kostenlose Bücher