Gesammelte Werke
erholt hatte; er gab kein Zeichen von Wasserscheu, trank vielmehr, was wir ihm boten, mit sichtlichem Behagen. Während des Tages gewann er alle seine Kräfte und seinen guten Appetit zurück. Ohne Zweifel stand sein wunderliches Benehmen in keiner Beziehung zur Hundswut, es war vielmehr eine Folge der schädlichen Luft des Kielraums. Ich freute mich herzlich, dass ich darauf bestanden hatte, ihn mitzunehmen. Dieser Tag war der dreißigste Juni, der dreizehnte Tag nach der Abfahrt des »Grampus« von Nantucket.
Am zweiten Juli kam der Maat herunter, besoffen wie gewöhnlich und in ausgezeichneter Laune. Er trat in die Koje meines Freundes, gab ihm einen Klaps auf den Rücken und fragte ihn, ob er sich würde zu benehmen wissen, falls er freigegeben werde, und ob er verspräche, die Kajüte nicht mehr zu betreten. Natürlich antwortete Augustus mit Ja, worauf der Halunke ihn losband, nachdem er ihn genötigt hatte, Rum aus einer Flasche zu trinken, die er aus seiner Rocktasche zog. Nun stiegen beide hinauf, und während dreier Stunden bekam ich Augustus nicht zu Gesicht. Dann kam er mit der guten Nachricht, dass er auf der Brigg frei umhergehen dürfe, nur achter dürfe er sich nicht blicken lassen, und dass er wie bisher im Vorderkastell schlafen müsse. Er brachte mir auch ein gutes Essen und einen reichlichen Vorrat an Wasser. Die Brigg kreuzte noch in Erwartung des Schiffes von den Kapverden, und ein Segel war in Sicht, das für jenes gehalten wurde. Da sich in den folgenden Tagen nichts von Bedeutung ereignete, will ich hier in Tagebuchform so kurz wie möglich darüber berichten.
3. Juli. Augustus besorgte mir drei wollene Decken, so dass ich mir in meinem Versteck ein bequemes Lager einrichten konnte. Niemand außer ihm besuchte das Vorderkastell. Tiger machte sich’s in der Koje dicht bei der Öffnung bequem und schlief sich gründlich aus, als ob er sich noch nicht ganz von seinem Unwohlsein erholt hätte. Gegen Abend warf sich eine Bö auf das Schiff, bevor man die Leinwand verringern konnte, so dass es beinahe gekentert wäre. Der Anprall hörte sofort wieder auf, und abgesehen von einem Riss im Vortopsegel erlitt die Brigg keinen Schaden. Peters behandelte Augustus mit steter Freundlichkeit und unterhielt sich lange Zeit mit ihm über den Stillen Ozean und die Inseln, die er in dieser Gegend besucht hatte. Er fragte ihn, ob er nicht mit den Meuterern eine Art Entdeckung und Vergnügungsreise in jene Gegenden machen wolle, und fügte hinzu, die Leute gingen allmählich auf die Absichten des Unterschiffers ein. Augustus hielt es für angezeigt, darauf zu erwidern, dass er gern solche abenteuerliche Fahrt unternehmen würde, da sich nichts Besseres tun lasse, und dass alles und jedes einem Seeräuberleben vorzuziehen sei.
4. Juli. Das in Sicht gelangte Schiff erwies sich als eine kleine Brigg, die von Liverpool kam; man ließ sie unbelästigt ihres Weges ziehen. Augustus hielt sich tagsüber an Deck auf, um möglichst viel über die Absichten der Meuterer zu erfahren. Sie stritten oft und heftig miteinander; einmal wurde ein Harpunier, Jim Bonner, über Bord geworfen. Die Partei des Maats fing an, die Oberhand zu gewinnen. Jim Bonner gehörte zur Partei des Kochs, zu der auch Peters zählte.
5. Juli. Gegen Tagesanbruch kam eine steife Brise von Westen, die mittags zu einem Sturm anschwoll, so dass die Brigg unter Schnau- und Focksegel laufen konnte. Beim Raffen des Vortopsegels stürzte Simms, ein gewöhnlicher Matrose und ebenfalls von der Partei des Schiffskochs, über Bord; er war stark bezecht und ertrank, ohne dass irgendjemand einen Versuch zu seiner Rettung gemacht hätte. Jetzt zählte die Bemannung des Schiffes dreizehn Personen, nämlich Dirk Peters, Symour, den schwarzen Koch, Jones, Greely, Hartman Rogers und William Allen von der Partei des Kochs; der Maat, dessen Namen ich nie gehört habe, Absalom Hicks, Wilson, John Hunt und Richard Parker von der Partei des Maats; dazu Augustus und mich selbst.
6. Juli. Der Sturm dauerte den ganzen Tag, er blies in schweren Böen; dazu regnete es, durch die Fugen der Brigg drang eine Menge Wasser ein, und die Pumpen waren in ununterbrochener Tätigkeit; auch Augustus musste mithelfen. In der Dämmerung kam ein stattliches Schiff nahe an uns vorüber; man bemerkte es erst, als es in Rufweite war. Wahrscheinlich war es jenes, dem die Meuterer auflauerten. Der Maat rief es an, aber das Heulen des Sturmes verschlang die Antwort. Um elf brach sich eine See
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