Gesandter des Teufels
würde. Lange genug, dass es Richard gelingen konnte, zu fliehen? Lange genug, dass Richards Anhänger -und, bei Gott, es mussten noch ein paar von ihnen übrig sein! - einen Aufstand initiieren konnten, um ihn wieder auf den Thron zu setzen?
Die Männer waren von ihren Pferden abgesessen und hatten die Zügel einigen Soldaten überlassen. Nun stiegen sie die Stufen hinauf, die zum Eingang des Bergfrieds führten.
Richard wandte sich der Tür zu und wartete ruhig.
Raby betrat als Erster das Gemach und zog sich die Handschuhe aus. Er sah Richard am gegenüberliegenden Ende des Gemachs am Fenster stehen, sagte jedoch nichts.
Er trat beiseite, um Northumberland und Neville Platz zu machen.
Richard sog scharf die Luft ein, als er Neville sah, und fragte sich, ob sich Bolingbroke womöglich so sicher fühlte, dass er gar nicht mehr auf den Anbruch der Nacht warten oder die Identität seines Henkers geheim halten würde.
Doch Richard war ein echter Plantagenet, und deshalb empfing er die Neuankömmlinge lediglich mit einer hochmütigen Geste. Er hob leicht das Kinn und setzte eine verächtliche Miene auf.
»Seid gegrüßt, Ihr Herren Verräter«, sagte er. »Wollt Ihr Euer finsteres Werk etwa im Schein der Nachmittagssonne verrichten?«
»Wir sind hierhergekommen, Lord Bordeaux«, sagte Northumberland und sprach Richard mit dem geringsten seiner Titel an, »um Euch über die Entscheidung des Parlaments bezüglich Eures weiteren Schicksals zu unterrichten.«
»Das Parlament hat kein Recht, über mein Schicksal zu bestimmen. Ich bin der rechtmäßige König von England und wurde von Gott eingesetzt, um ...«
»Wie Ihr sicher wisst«, sagte Raby, »hat Euch das Parlament angeklagt und für schuldig befunden, vorsätzlich und ohne Rücksicht auf die Rechte Eurer Untertanen Euren Krönungseid gebrochen zu haben. Ihr seid ein verfluchter Tyrann, Richard, und eine Schande für Euren verstorbenen Vater.«
»Ihr seid es nicht wert, mit mir zu sprechen!«, sagte Richard, doch in seine Stimme hatte sich ein furchtsamer Ton geschlichen. »Ich bin Euer König und Gebieter, und das werde ich auch bleiben.«
»Ihr seid nichts als ein Narr«, sagte Northumberland und zog ein zusammengefaltetes Pergament aus dem Beutel an seinem Gürtel.
Er faltete es auseinander. »Richard, ehemaliger König von England, hiermit setze ich Euch über den Beschluss von Ober-und Unterhaus des Parlaments in Kenntnis, dass Ihr, Richard von Bordeaux, im Laufe der nächsten Tage in das Gefängnis der Burg Pontefract verbracht und dort unter der Obhut Heinrich von Lancasters eingekerkert werden sollt. Es soll Euch fürderhin an nichts fehlen. Ihr werdet das beste Brot und Fleisch erhalten, das für Geld zu kaufen ist, aber wisset, dass jeder Befreiungsversuch mit Eurem Tod und dem Eurer Verbündeten geahndet wird.«
Richards Lippen zitterten leicht. »Ich bitte darum, in die Verbannung außer Landes geschickt zu werden. Es gibt keinen Grund, warum ich dem König auf der Tasche liegen sollte.«
Jetzt trat Neville vor, der zwischen Northumberland und Raby stand.
»Ihr werdet in die Verbannung geschickt, Richard. Und zwar zu denen, die am meisten Grund haben, Euch zu hassen ... Euer eigenes Volk.«
»Glaubt Ihr etwa, Euer hochgeschätzter Hai wird sich jemals seines Throns sicher sein können?«, schrie Richard plötzlich, und Speichel sprühte ihm aus dem Mund. »Glaubt Ihr, Gott wird tatenlos zusehen, wie sich Bolingbroke mit-hilfe von Verrat meines Throns bemächtigt?«
Neville zuckte ein wenig zusammen, und Richard nahm das als Anlass fortzufahren. »Alle Wasser der Meere wären nicht genug, den Balsam vom Haupt eines gesalbten Königs abzuwaschen«, sagte er. »Für jeden Mann, der in Bolingbrokes Namen den kalten Stahl gegen meine Krone erhebt, gibt es einen Engel in Gottes Himmelreich. Der Himmel wacht über mein Recht, Neville, ganz gleich, was für einen Verrat Bolingbroke hier auf Erden begeht!«
Neville öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch er wusste nichts zu sagen, und Raby warf ihm einen besorgten Blick zu.
»In zwei Nächten wird man Euch zum Verrätertor bringen«, sagte Raby und wandte sich wieder Richard zu. »Dort werdet Ihr ein Schiff besteigen und nach Pontefract reisen.«
»Ich wünsche Bolingbroke alles Gute mit seinem Verrat«, sagte Richard leise und wütend, »und hoffe, dass er genügend zu seiner Verteidigung vorzubringen hat, wenn er sich schließlich vor Gott dafür verantworten muss.«
Northumberland
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