Gesandter des Teufels
sie nicht an, den Blick immer noch wie erstarrt auf Neville gerichtet, der davongezerrt wurde.
»Tu etwas!«, sagte Margaret.
»Was denn?«, fauchte Bolingbroke und sah sie schließlich an. »Soll ich etwa Robert und Roger gegen vierzig Soldaten kämpfen lassen und in den sicheren Tod schicken?«
»Rette ihn, Hai!«, flüsterte Margaret.
»Im Namen aller Heiligen, Weib!«, knurrte Bolingbroke. »Sei dankbar dafür, dass sie ihn ins Kloster Blackfriars bringen, wo Thorseby zumindest dafür sorgen wird, dass er eine Gerichtsverhandlung erhält, anstatt in das Verlies des Towers oder das Ludgate-Gefängnis, wo er noch vor Einbruch der Nacht den Schwertern von Richards Lakaien zum Opfer fallen würde!«
Er sah zu Courtenay hinüber, der in einigen Schritten Entfernung dastand, das Schwert in der Hand, und Neville hilflos hinterher blickte.
»Robert?«, sagte Bolingbroke. »Kommt, helft Eurer Herrin. Wir müssen so schnell wie möglich in den Savoy Palace zurückkehren.«
»Margaret«, wandte er sich leise an Nevilles Gemahlin, während Courtenay auf sie zukam. »Sei versichert, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um deinen Gemahl zu befreien.«
Margaret machte eine verzweifelte Geste und begann zu weinen.
Bolingbroke wandte sich von ihr ab und sah zum Kloster Blackfriars hinüber, das in der Ferne dunkel aufragte. Richard soll zur Hölle fahren!
»Du kannst nichts dagegen tun«, sagte Lancaster.
»Ich kann ihn doch nicht im Stich lassen!«
»Hai«, sagte Lancaster sanft und doch so bestimmt wie möglich. »Du hast keine andere Wahl.«
Bolingbroke schaute seinen Vater zweifelnd an, ging dann ein paar Schritte und starrte blind auf das Stundenbuch, das geöffnet vor seinem Vater auf einem Lesepult lag.
»Richard wartet nur darauf, dass du irgendeine Verzweiflungstat begehst, um Neville zu befreien«, fuhr Lancaster fort.
»Ich kann ihn nicht einfach da lassen ...«
»Er wird dort keiner großen Gefahr ausgesetzt sein, Hai...«
»Es sei denn, Thorseby befindet ihn der Ketzerei für schuldig und will ihn auf den Scheiterhaufen bringen.«
Lancaster musterte seinen Sohn nachdenklich. »Hat er denn einen Grund dafür, Hai?«
Bolingbroke drehte sich um. »Nein ... nein. Natürlich nicht.«
»Thorseby wird ihn irgendwann freilassen müssen. Ich werde dafür sorgen, dass die Angelegenheit vor das Parlament gebracht wird.«
Bolingbroke warf seinem Vater einen spöttischen Blick zu, und Lancaster verlor die Geduld.
»Ich werde die Sache vor das Parlament bringen, Hai, und ich werde mit dem Oberrichter des königlichen Gerichtshofs sprechen. Ich werde mich überall für Neville einsetzen ... doch im Augenblick ist das alles, was wir tun können. Du musst dich mit der Tatsache abfinden, dass sich Tom im Moment in den Händen des Ordensgenerals der Dominikaner befindet, der die Unterstützung des Königs besitzt. Gegen eine solche Übermacht kannst du nichts ausrichten, Hai. Gar nichts.«
Er hielt inne. »Jedenfalls nicht, wenn du Richard nicht einen guten Grund dafür liefern willst, dich wegen Missachtung der Gesetze in den Tower werfen zu lassen. Hai, hast du mich verstanden?«
Bolingbroke blickte seinen Vater an und nickte dann zustimmend.
KAPITEL zwei
Gründonnerstag Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
(22. März 1380)
Jeanne stand vor Karl, und er mied ihren Blick, weil er nicht noch einmal hören wollte, was sie ihm während der letzten zehn Tage wieder und wieder gesagt hatte. Die Engländer in Orleans belagern?
»Wir sind nicht stark genug«, sagte er nun wohl schon zum hundertfünfzigsten Mal.
»Gott und seine Erzengel werden an unserer Seite kämpfen«, antwortete Jeanne, wie sie es stets auf diesen Einwand hin tat.
Karl verzog das Gesicht und versuchte, seine Furcht zu verbergen. Er wollte nicht in den Krieg ziehen, er wollte nicht König sein. Das war mal wieder typisch für seinen Großvater, das Zeitliche zu segnen, während er die Gastfreundschaft des englischen Königs genoss! Karl wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden, damit er sich den Dingen widmen konnte, die ihm im Leben wichtig waren. Zum Beispiel der Musik; den besänftigenden Balladen der alten Troubadoure und den aufrüttelnden Gesängen aus jüngerer Zeit.
Er wollte nicht Gottes Auserwählter sein. Jedenfalls nicht mehr. Anfangs war es aufregend gewesen, als er Jeanne zum ersten Mal begegnet war ...
doch inzwischen ... inzwischen schien ihm das Ganze viel zu gefährlich.
Karl beneidete Philipp
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