Gesandter des Teufels
Westen befand.
Karl nickte. »Was ist damit?«
Jeanne lehnte sich im Sattel zurück und lächelte strahlend. »Inmitten der Bäume befindet sich ein kleines Heiligtum, das der heiligen Katherine geweiht ist. Ihr und ich werden dorthin reiten, zusammen mit Seiner Majestät, dem König von Navarra, den sechs Fürsten, die jetzt hinter Euch reiten und«, sie deutete auf Katherine und Isabella, »Eurer Mutter und Eurer Schwester. Dort werden wir das Wunder schauen, das ich Euch prophezeit habe.«
Karl runzelte die Stirn. »Werden wir dort auch sicher sein?«
»Gott wacht über uns«, sagte Jeanne, und damit musste Karl sich zufriedengeben. Er brachte mit einiger Not seinen Hengst dazu, Jeanne in die Gegenrichtung zu folgen, während diese auf das kleine Waldstück zuritt.
Unter den Bäumen herrschte Zwielicht, und es war kühl und still, abgesehen von dem Knistern und Rascheln toter Zweige und Blätter unter den Hufen der Pferde. Jeanne ritt wieder voran. Ihr rötlich grauer Hengst trabte so sicher vorwärts, als würde er den Weg sein ganzes Leben lang schon kennen. Unmittelbar hinter Jeanne ritten zwei der Fürsten aus Karls Gefolge, und dahinter Karl, Philipp, die beiden Frauen und die restlichen vier Fürsten.
Sie wurden nicht von den Soldaten begleitet.
Die Kapelle der heiligen Katherine bestand aus grob behauenem Stein und trug ein tiefgezogenes Schieferdach; sie duckte sich unter zwei riesigen Buchen. Zwar besaß sie eine Tür, aber weder Fenster noch einen Turm. Nichts wies auf die Heiligkeit des Ortes hin, abgesehen von den Blumen, die vor ihren Stufen auf den Boden gestreut worden waren.
Mit einem leisen Befehl brachte Jeanne ihren Hengst wenige Schritte vor der Kapelle zum Stehen und glitt von seinem Rücken hinunter.
»Kommt«, sagte sie und sah zu den anderen hinüber, um sich zu vergewissern, dass sie ebenfalls von den Pferden stiegen. »Die heilige Katherine erwartet uns.«
Philipp wechselte einen Blick mit Katherine - was würde geschehen? -, doch er folgte Jeanne mit so viel Selbstsicherheit, wie er aufbringen konnte.
Als er die Kapelle betrat, wurde ihm klar, warum Jeanne darauf bestanden hatte, dass nur wenige sie begleiteten.
Die Kapelle war winzig, und in ihrem Inneren war gerade genug Platz für die Ankömmlinge. An der gegenüberliegenden Wand befand sich ein großer Block aus Sandstein, der als Altar diente. Ein helles Leinentuch lag darauf, auf dem mehrere dicke, brennende Kerzen standen. An der Wand dahinter hing ein grob zusammengefügtes Kreuz mit einer unbeholfen geschnitzten Christusfigur.
Auf dem Altar lagen frische Blumen.
Jeanne wartete, bis sich alle in der Kapelle versammelt hatten, und wandte sich dann an zwei der Fürsten.
»Ihr Herren«, sagte sie und lächelte so lieblich, dass Philipp plötzlich glaubte, nie eine schönere Frau erblickt zu haben, »seht ihr die Steinplatte, die vor dem Altar in die Erde eingelassen ist?«
Sie nickten. »Wie können wir dir zu Diensten sein, heilige Jungfrau?«, fragte einer der beiden.
»Hebt sie an«, sagte Jeanne, »und lasst uns sehen, was darunter ist.«
Die Fürsten, die beide in den besten Jahren waren, traten vor, gingen in die Hocke und ergriffen jeder eine Kante der Steinplatte. Sie strengten sich mit aller Kraft an, hielten kurz inne und versuchten es noch einmal.
Mit einem Knirschen verschob sich die Steinplatte.
Nachdem sie noch einmal tief Luft geholt hatten, gelang es den beiden Fürsten, die Platte zur Seite zu kippen, worauf alle einen Schritt zurück machten - außer Jeanne, die mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen das Geschehen verfolgte.
Ein übler Geruch von modriger Erde stieg in die Luft auf, und alle husteten und würgten.
Als sie sich an den Geruch gewöhnt hatten, blickten sie schließlich auf einen Flecken feuchter Erde hinab, der unter der Steinplatte zum Vorschein gekommen war.
Im ersten Moment glaubte Philipp, nur die nackten, miteinander verflochtenen Wurzeln der beiden Buchen zu sehen, die die Kapelle überragten, doch dann wurde ihm klar, dass die verfilzten Fasern keine Wurzeln waren, sondern ein Tuch, das vor langer Zeit dort vergraben worden sein musste.
Das Tuch und sein Inhalt mussten Generationen lang dort gelegen haben, denn die Erde sah vollkommen unberührt aus.
Jeanne beugte sich vor und grub mit bloßen Händen in der Erde. Dann stieß sie einen befriedigten Laut aus und zog etwas hervor.
Es war ein Schwert - in einem Tuch, das so alt und vermodert war, dass es beinahe
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