Gesandter des Teufels
froh sein.
Er wollte keine Nachkommen. Jedenfalls nicht von Mary.
»Ich hätte ihm so gern dieses Kind geschenkt«, sagte Mary »War es ...
war es ... ?«
»Ja«, sagte Margaret, auch wenn sie nicht wusste, was Mary sie fragen wollte. Sie wusste nur, dass es die Antwort war, die sie hören wollte.
Marys Lippen zitterten, und sie begann zu weinen. »Warum kann ich keine gute Ehefrau sein?«, flüsterte sie.
Margaret wurde plötzlich von schrecklicher Wut auf Hai erfüllt. »Du bist die beste Ehefrau, die man sich nur wünschen kann«, murmelte sie. »Sei jetzt still und ruh dich aus, solange du noch kannst.«
Neville stand mit Bolingbroke an der Reling des Schiffes, unendlich erleichtert darüber, dass ihre Seereise nun bald vorbei sein würde. Sie hätte eigentlich viel kürzer sein sollen, doch der Kapitän des Schiffes hatte sich offenbar verirrt und war mehrmals die Küste von Flandern hinauf und hinunter gesegelt, ehe er in den richtigen Hafen eingelaufen war.
Wäre es doch nur nicht das einzige Schiff gewesen, das an jenem Tag nach Flandern gesegelt war, als sie England verlassen mussten ...
Der kräftige Wind, der ihnen vom Land entgegenwehte, heiterte Neville ein wenig auf. Er legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und ließ sich den Wind über Gesicht und Haar streichen.
Nach einer Weile sah er wieder zu Bolingbroke hinüber, der den Blick auf ein paar Boote gerichtet hatte, die am Kai eines kleinen Hafens vertäut waren. »Wie weit ist es noch, Hai?«
Bolingbroke deutete auf eine Landzunge, die sich westlich des Kais erstreckte und an deren Ende sich eine silbrig funkelnde Flussmündung befand. »Siehst du den Fluss dort? Die Stadt liegt nur wenige Stunden Fahrt stromaufwärts.«
Neville nickte, dankbar dafür, dass sie die letzte Etappe ihrer Reise bald erreicht hatten. Sie waren zu der großen Stadt Gent unterwegs, der Hauptstadt von Flandern. Dort war Lancaster geboren - daher stammte auch sein volkstümlicher Name Johann von Gent -, als seine Mutter im Gefolge Eduards III. durch Europa gereist war. Der Graf von Flandern war schon immer ein Freund der Familie Lancaster gewesen, und Bolingbroke wusste, dass man ihn dort herzlich willkommen heißen würde.
Es war sicher der beste Ort, an dem der verwundete Falke seine Flügel heilen konnte. »Mein Fürst?« Salisbury und Courtenay hatten sich ihnen genähert. »Der Kapitän hat gesagt, dass wir die Frauen an Deck bringen dürfen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir anlegen.«
»Was? Fürchtet er denn nicht, in der Zwischenzeit von Seeungeheuern angegriffen zu werden?«, fragte Bolingbroke.
Neville warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ich werde Roger und Robert begleiten«, sagte er. »Zusammen werden wir es wohl schaffen, die Frauen hochzuholen.«
Die Zustände im Inneren der Kabine erschütterten Neville zutiefst. Auch in seiner Kabine waren das Gedränge und der Gestank schlimm gewesen, doch das war nichts im Vergleich zu der übelkeitserregenden, stickigen Atmosphäre, die in dem Höllenloch herrschte, in dem die Frauen eingesperrt waren.
Nachdem er die Tür geöffnet hatte, stand er einen Moment lang fassungslos da.
Bleich und eingefallen kauerten die Frauen über Eimern und Schüsseln.
Kaum eine von ihnen blickte auf.
Neville brauchte einen Moment, um über den Gestank hinwegzukommen und seine Gemahlin zu finden.
Agnes, die mit Rosalind im Arm direkt neben der Tür saß, war die Erste, die er entdeckte. Neville streckte die Hand aus, ergriff Agnes' Arm und half ihr auf die Beine. Sie stolperte, und Neville nahm ihr Rosalind ab und drückte das Kind kurz an sich, ehe er es an Courtenay weiterreichte.
Courtenay rümpfte die Nase über den Gestank des Mädchens, doch er hielt es fest und trat einen Schritt beiseite, um Agnes Platz zu machen, damit sie die Kabine verlassen konnte.
»Bring sie nach oben«, sagte Neville, und Courtenay nickte, erleichtert, dass er wieder an die frische Luft zurückkehren konnte.
»Tom?«
Margaret! Neville drehte sich wieder zur Kabine um und versuchte, in dem trüben Licht etwas zu erkennen. Schließlich sah er Margaret auf einer Bettkante sitzen.
»Gütiger Himmel, Meg!«, sagte er, erschrocken über ihren Anblick.
»Geht es dir gut?«
»Nein«, flüsterte sie, »aber Mary geht es noch schlechter.«
»Bei allen Heiligen«, murmelte Neville, denn nun hatte er auch Mary entdeckt, die auf dem Bett lag. Er drängte sich durch die am Boden liegenden Frauen hindurch, ohne zu merken,
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