Gesandter des Teufels
Bolingbroke Mary so beleidigte.
»Es freut mich sehr, Euch zu sehen, Mylady«, sagte Bolingbroke leise.
»Wie geht es dem Kind?«
Margaret löste sich von ihm, ihre Wangen waren vor lauter Verlegenheit gerötet. Warum erkundigst du dich nach meiner Gesundheit, Hai, wenn deine Gemahlin ganz offensichtlich krank ist?
»Sehr gut«, sagte sie. »Das Kind kann es kaum erwarten, das Licht der Welt zu erblicken.«
Bolingbroke nickte und wandte sich schließlich wieder Mary zu, um sich auch nach ihrem Befinden zu erkundigen und dabei so viel Besorgnis an den Tag zu legen, wie es sich für einen Mann seiner Gemahlin gegenüber geziemte. Inzwischen waren Diener zur Anlegestelle heruntergekommen und begannen geschäftig hin und her zu eilen, während die Frauen und Rosalind zum Palast gebracht wurden.
Als die Gesellschaft die Treppe erreicht hatte, die vom Garten in den Palast führte, hielt Neville Bolingbroke zurück, während die anderen vorgingen. »Nun?«, fragte er.
Bolingbroke schenkte ihm ein Lächeln. »Das Parlament hat entschieden, dass Richard das Recht auf den Thron verwirkt hat und abdanken soll. In etwa einer Woche werden sie eine Abordnung zu ihm schicken und ihn bitten, zurückzutreten.«
Nevilles Gesicht rötete sich vor Aufregung. »Und?« »Und was, mein Freund?«
Neville machte eine ungeduldige Geste. »Spann mich nicht auf die Folter, Hai.«
»Nun ... das Parlament hat außerdem den Thron für unbesetzt erklärt, und es wird eine Abstimmung im Ober-und Unterhaus darüber geben, wer zum nächsten König gekrönt werden soll.«
Jetzt lächelte Neville. »Abstimmung« war ein hübsches Wort, das jedoch wenig zu bedeuten hatte. Es gab nur einen Mann, der für den Thron in Frage kam. »Und Richard?«
Das Leuchten schwand ein wenig aus Bolingbrokes Augen. »Er soll in den Kerker der Burg Pontefract geworfen werden.«
»Was? Er wird nicht hingerichtet?«
»Die Hinrichtung eines Königs ist eine ernste Angelegenheit, Tom.«
Neville sah ihn bestürzt an. »Aber wenn er am Leben bleibt, werden sich all deine Gegner um ihn sammeln, Hai.«
Bolingbroke schwieg einen Moment lang, ließ den Blick über den Garten und die Themse schweifen, bis er schließlich bei der großen Palastanlage von Westminster verharrte.
»Einen Mann können viele Unglücksfälle ereilen.« Er sah wieder Neville an, und sein Blick war verhangen und düster. »Ich glaube nicht, dass Richards Einkerkerung besonders beschwerlich sein oder lange währen wird.«
Neville nickte. »Mein Lord, wenn Ihr gestattet, würde ich gern derjenige sein, der ...«
»Sprich es nicht aus, Tom. Aber natürlich - dir soll das Recht zufallen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Margaret gerächt werden kann.«
»Es ist vorbei, Margaret«, sagte Neville spät am Abend, als er an den warmen, weichen Leib seiner Gemahlin geschmiegt im Bett lag. »Wir haben gewonnen.« Gütiger Himmel, es war herrlich, sie wieder bei sich zu haben. »Haben wir das?«, sagte sie.
Seine Hand strich über ihren gewölbten Leib und folgte den Umrissen des Kindes darin.
»Ja. Der Dämonenkönig wird schon bald vernichtet sein. England -
Gottes Wille - hat obsiegt.«
Margaret schwieg eine Weile und überlegte, was sie sagen sollte.
»Wir sind alle weit gereist«, sagte Margaret schließlich leise, »doch wir sind noch längst nicht am Ziel.«
Neville antwortete nicht. Er war bereits eingeschlafen.
TEIL 4
Horn Monday
Von unbezähmbarer Neugierde erfüllt, nahm Pandora die Schatulle in die Hand und öffnete ihren Deckel. Da strömten zahllose Seuchen und Unheil daraus hervor und verbreiteten sich unter den Menschen. Pandora schloss den Deckel eilig wieder -
doch o Jammer! Die Schatulle war bereits leer. Das Einzige, was noch darin verblieben war, war die Hoffnung.
Alter griechischer Mythos
KAPITEL 1
Horn Monday Im zweiten Jahr der Regentschaft Richard II. (10.
September 1380)
Neville hatte am frühen Morgen gemeinsam mit Bolingbroke im Hof des Lambeth Palace seine Waffenübung absolviert und danach mit seiner Tochter gespielt. Nun schlenderte er gemächlich durch den Palastgarten, auf der Suche nach Margaret. Er wollte den Rest des Tages mit ihr verbringen, da Bolingbroke ihm gesagt hatte, dass er nach Westminster müsse, um sich mit den Beamten des Kanzleigerichts zu treffen.
Im Laufe mehrerer Generationen hatten die Erzbischöfe von Canterbury um den Palast am Ufer der Themse herum eine Reihe wunderschöner, miteinander verbundener Gärten angelegt. Die
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