Gesang des Drachen
Hause.«
»Wir gehen jetzt«, sagte sie, aber ihre Stimme zitterte. Mit der freien Hand tastete sie nach dem Kriegshammer auf ihrem Rücken. »Diese Männer werden dir nichts tun.«
Das wird interessant, dachte Cedric. Den Kopftuchträgern war ihre Geste ebenfalls nicht entgangen. Sie verteilten sich und umkreisten die Elfe langsam, so wie Wölfe ihre Beute.
Horst zog sein Schwert. »Nur eine Ungläubige würde ihren Sohn dem Schattenlord vorenthalten.«
Sie schüttelte den Kopf. Ihre Blicke huschten über die Menge. Sie baten um Hilfe, aber Cedric wusste, dass es auf diesem Platz niemanden gab, der sich für die Elfe einsetzen würde. Das Wort Ungläubige hatte sie zur Außenseiterin gemacht.
»Ich glaube mit ganzem Herzen«, sagte sie laut, den Arm immer noch um ihren Jungen gelegt. »Aber ich werde Jorgas erst zum Unterricht schicken, wenn er dazu bereit ist.«
»Du wirst tun, was man dir sagt.« Horst nickte den beiden anderen Männern zu, die nun auch ihre Schwerter zogen. Die Elfe nahm den Hammer vom Rücken. Sie hielt ihn ungeschickt in einer Hand. Cedric bezweifelte, dass sie je zuvor eine solche Waffe benutzt hatte.
»Wir sollten gehen«, sagte Bricius. Es war so still auf dem Platz geworden, dass er leise sprechen musste. »Alle sind abgelenkt.«
Er hatte recht. Gläubige, Händler und Kopftuchträger beobachteten stumm die Auseinandersetzung. Sogar die Wachen hatten sich abgewandt.
Trotzdem blieb Cedric stehen. »Nein. Heute ist schon genug Unheil angerichtet worden. Es reicht.«
Bricius widersprach nicht. Er musste längst gehört haben, was Rimmzahn Micah angetan hatte. »Was hast du vor?«, fragte er stattdessen.
»Ich werde den Kampf ein wenig fairer gestalten.«
Magie kribbelte in seinen Fingerspitzen. Vor ihm auf dem Platz wich die Menge zurück und bildete einen Kreis. Die Elfe musste sich von ihrem Sohn fast losreißen, so fest klammerte er sich an sie.
»Lauf nach Hause, Jorgas.« Der Junge zögerte, aber sie stieß ihn weg. Cedric sah den Schmerz in ihrem Blick. »Lauf!«
Tränen liefen über Jorgas' Gesicht, als er sich abwandte. Niemand hielt ihn auf.
»Jeder hier kann mir sagen, wo deine Hütte steht«, sagte Horst. »Ich werde dafür sorgen, dass dein Sohn nicht von einer Ungläubigen verzogen wird.«
Ein Großteil der Menge schien ihm zuzustimmen, doch einige, vor allem die Händler, die vom Rand des Platzes aus zusahen, wirkten skeptisch. Der Glaube an den Schattenlord saß vielleicht nicht so tief, wie Rimmzahn und seine Schergen annahmen.
Die Elfe legte nun auch die zweite Hand um den Griff des Hammers und holte mit der Waffe aus. »Ich bin mit Jorgas zwölf Tage lang vor Alberichs Todesreitern durch die Wüste geflohen, nachdem sie meinen Mann und meine Eltern getötet hatten. Ich werde mir meinen Sohn nicht auch noch nehmen lassen.«
»Oh doch, das wirst du«, sagte Horst. Er täuschte einen Schwertstoß nach rechts vor, aber Cedric war klar, dass er links zuschlagen würde. Die Elfe ahnte jedoch davon nichts und drehte sich mit, präsentierte ihrem Angreifer damit die ungeschützte Seite.
Cedric hob einen Finger. Magie knisterte, Horst stolperte. Sein Schwertstoß ging ins Leere. Die Elfe erkannte die Gefahr, der sie entgangen war, im gleichen Moment und fuhr herum. Den Schwung, den sie dabei nahm, legte sie in ihren eigenen Schlag. Der schwere, flache Hammerkopf raste auf Horst zu. Cedric sah, wie sich dessen Augen weiteten. Er stand auf dem falschen Fuß und konnte nicht ausweichen, doch im gleichen Moment riss ihm eine unsichtbare Kraft die Beine unter dem Körper weg. Er schlug mit dem Hinterkopf gegen die leere Auslage eines Standes und sackte zusammen.
Cedric zog die Augenbrauen hoch und sah Bricius an. Dieser hob die Schultern. »Es soll heute nicht noch mehr Tote geben.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob wir das verhindern können«, sagte Cedric mit einem Blick auf die anderen beiden Kopftuchträger, die nun die Elfe umkreisten. Sie drehte sich mit ihnen und versuchte verzweifelt, keinen der beiden aus den Augen zu verlieren.
Auf einmal drehte sie den Hammer zwischen ihren Händen. Cedric sah die Überraschung auf ihrem Gesicht und spürte das Kribbeln der Magie auf seiner Haut. Die Elfe schwang die schwere Waffe so kunstvoll, als habe man sie jahrelang daran ausgebildet.
Die Männer wichen zurück. Ihr Opfer wirkte nicht mehr so wehrlos wie zuvor, die Unsicherheit war ihnen nun deutlich anzusehen. Die Elfe beendete ihre Vorführung mit einem
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