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Gesang des Drachen

Gesang des Drachen

Titel: Gesang des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Schemen ohne Hoffnung auf Erlösung.
    Ich werde ja nur ein paar Minuten brauchen, beruhigte er sich selbst.
    Er warf einen Blick auf seine Bewacher. Ihre Aura war bläulich wie die der meisten Menschen, aber Simon bemerkte winzige schwarze Fäden, die wie Würmer auf ihr schwammen. Der Einfluss des Schattenlords griff bereits ihre Essenz an.
    Es war still in dieser Geisterwelt. Simon hörte weder seine eigenen Schritte noch das Rauschen des Windes in den Bäumen. Die Münder der Menschen, an denen er vorbeiging, bewegten sich lautlos. Auch ihre Auren litten bereits unter dem Schattenlord. Überall auf ihnen sah Simon die kleinen schwarzen Würmer.
    Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, wird es zu spät sein, dachte er.
    Seine Schritte führten ihn zu Rimmzahns Hütte. Der Prophet hatte sich dorthin zurückgezogen, bewacht von einem halben Dutzend Glaubenskriegern, die vor der Tür standen. Simon ging einfach an ihnen vorbei. Er spürte ein kurzes Ziehen, dann glitt er schon durch die Wand der Hütte.
    In der grauen Geisterwelt schienen die Umrisse des Mobiliars mit den Wänden zu verschmelzen. Die Stille zerrte an Simons Nerven. Er sah Rimmzahn, der vollständig angezogen auf seinem Bett lag, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Den Blick hatte er zur Decke gerichtet, als würde er angestrengt über etwas nachdenken. Schwarze Würmer krochen zu Tausenden über seine Aura. Sie schienen ihn bei lebendigem Leib aufzufressen.
    Genau das passiert hier auch, dachte Simon. Von der tiefen blauen Aura, die Rimmzahn einst umgeben haben musste, waren nur noch einzelne Fäden übrig geblieben. Der Schattenlord hatte ihn bis ins Innerste verdorben.
    In diesem Moment wurde Simon klar, dass Rimmzahn nicht mehr zu helfen war.
    Er fuhr sich mit seiner Geisterhand durch Haare, die er nicht fühlen konnte. Seine Gestalt war nur eine Illusion, geschaffen, um ihm die Reise durch diese Welt zu erleichtern. Er konnte nichts damit berühren oder bewegen. So mächtig war der Zauber nicht.
    Vorsichtig machte er einen weiteren Schritt in die Hütte. Rimmzahn schien allein zu sein, er konnte den Schattenelfen nirgendwo entdecken. Simon fluchte lautlos. Nur wegen ihm ging er dieses Risiko ein. Die Erkenntnis, dass Rimmzahn verloren war, half ihm nicht bei seinem Vorhaben. Er musste mehr über dessen dunklen Begleiter herausfinden.
    Simon blieb neben dem Bett stehen. Die Vorhänge der Hütte waren zugezogen, es fiel nur wenig Tageslicht herein, doch einer dieser dünnen Streifen erhellte Rimmzahns Gesicht.
    Unter all dem schwarzen Gewimmel bewegte er den Mund.
    Er spricht mit jemandem, dachte Simon überrascht. Mit sich selbst oder ...
    Eine Ahnung überkam ihn. Er legte den Kopf in den Nacken und stolperte erschrocken zurück.
    Der Schattenelf hing unter der Decke. Sein Körper war ein diffuser, wabernder Rauch, durch den Simon das graue Holz eines Balkens sehen konnte. Die Fäden, die ihn mit Rimmzahn verbanden, waren kaum zu sehen, doch in ihre Schwärze mischte sich tiefes Blau.
    Ich hatte recht, dachte Simon. Er ernährt sich von Rimmzahn.
    Einen Moment lang blieb er stehen, aber der Schattenelf reagierte nicht auf ihn. Simon überwand seinen Ekel und trat wieder an das Bett, betrachtete ihn genauer. Den Schattenelfen umgab keine Aura, und er sah nicht anders aus als in der realen Welt. Die Magie, die von ihm ausging, war dunkler als alles, was Simon je gespürt hatte. Sie pulsierte im Rhythmus von Rimmzahns schlagendem Herzen, wurde mal schwächer, dann wieder stärker.
    Ich weiß, was du bist, dachte Simon.
    Der Schattenelf erstarrte plötzlich. »Jemand ist hier.«
    Seine Stimme, so düster und obszön wie er selbst, hallte durch die Stille der Geisterwelt. Rimmzahn fuhr von seinem Bett hoch, während Simon bereits durch die geschlossene Tür stolperte. Eigentlich war es unmöglich, in dieser Welt angegriffen zu werden, da sie in keiner Realität existierte, doch normalerweise konnte man dort auch nichts hören, geschweige denn sagen.
    Auf dem Platz herrschte plötzlich Unruhe. Simon nahm an, dass Rimmzahn etwas gerufen hatte, denn auf einmal setzten sich seine Wachen in Bewegung und schwärmten aus. Simon rannte auf seinen Körper zu. Die Männer, die man ihm zugeteilt hatte, gingen ebenfalls los, wollten ihn offensichtlich wecken.
    Mist, dachte Simon. Er machte sich nicht mehr die Mühe, Menschen auszuweichen, sondern lief einfach durch sie. Der Baumstamm, auf dem sein Körper lag, befand sich keine fünf Meter mehr von ihm entfernt,

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