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Gesang des Drachen

Gesang des Drachen

Titel: Gesang des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sich die Versammelten bewegten, strahlte ein Gefühl aus, das Naburo nur als falsch bezeichnen konnte.
    Wie Puppen an Drahtfäden.
    Es war unheimlich, wie zielstrebig und einheitlich sich die Menge vorwärtsbewegte, als hörten die Bewohner den Klang eines Horns, der sie hinaus auf den Hügel rief. Die meisten von ihnen lächelten selig, aber Naburo entdeckte auch Gesichter, die nur vortäuschten, glücklich zu sein. Besonders die Augen eines mit Laub bewachsenen Elfen fielen ihm auf. In ihnen lauerten unterschwellige Wut und der Wille zum Kampf. Ein bulliger Mensch – nein, Elf – machte einen ganz ähnlichen Eindruck, und er sah nicht aus wie einer, der den Kampf scheute. Hielt der Schattenlord überhaupt die Knute über diese Männer?
    Mit wachsendem Erstaunen sah Naburo, dass sich von der anderen Seite weitere Elfen näherten, sich beide Gruppen vermischten und gemeinsam vor dem Dicken auf die Knie gingen, nachdem der einen heftigen Wortwechsel mit einem Kerl namens Rudy führte, der ihn wiederum als Frans anredete.
    Spyridon drückte die beiden Äste ein Stück weiter auseinander. »Was machen die da? Und warum tragen sie diese Tücher? Sind das diese Irren, von denen Jack geredet hat?«
    »Woher soll ich das wissen? Vielleicht haben sie eine Initiative gegründet: Unser Vulkan muss sauberer werden.«
    »War das etwa ein Witz, Naburo? Wenn ja, dann sprich nicht so trocken. Witze erzählt man so, dass andere sie begreifen. Das ist der Sinn davon.«
    Naburo grinste und berührte sein Handgelenk. Seitdem er sich von Kariyana endgültig verabschiedet hatte, war sein Herz leicht wie eine Feder. Selbst das schreckliche Erlebnis mit Torio verblasste wie ein dunkler Traum am Morgen nach dem Aufwachen. »Ich übe noch.«
    »Verstehe.«
    Sie schwiegen und konzentrierten sich, um das Gesagte besser zu verstehen. Der Dicke namens Frans redete von befreiten Kindern. Naburo hörte aufmerksam zu und versuchte zu rekonstruieren, was im Vulkan vor sich gegangen war, seitdem Laura und die anderen geflohen waren.
    Unten auf der Wiese stimmte eine pummlige kleine, sehr junge Frau in einem weiten, erdfarbenen Kleid ein Lied an. Die anderen fielen ein, sangen oder summten vor sich hin. Der Vorgang verwunderte Naburo. Er rechnete jeden Augenblick damit, angegriffen zu werden, immerhin konnte der Schattenlord nicht wissen, dass Spyridon gekommen war, um ihm zu dienen. Oder besaß das dunkle Wesen telepathische Kräfte, die ihm dieses Wissen vermittelten? Zeigte er sich deshalb nicht?
    »Wenn das da die Armee vor Ort sein soll, hat Alberich leichtes Spiel«, flüsterte er. »Die meisten sehen nicht aus wie Kämpfer.«
    »Es gibt auch die Iolair«, sagte Spyridon. »Du weißt, dass sie sich irgendwo verkrochen haben müssen. Es sind nicht alle da unten.«
    »Aber weit mehr Elfen, als ich dachte.« Naburo streckte seine mentalen Kräfte aus, suchte nach der magischen Energie in sich und tastete behutsam mit unsichtbaren Fingern nach der Aura des Schattenlords. Er kannte sie inzwischen und konnte sie wiederfinden. Aber er entdeckte sie nicht. Verwundert verstärkte er seine Bemühungen und rechnete jederzeit mit einer Antwort, die ihn vom Baum fegte. Doch er konnte den Schattenlord nicht aufspüren. In welchem der Menschen hatte sich das dunkle Wesen versteckt? Und warum verbarg es sich, anstatt offen im Vulkan zu herrschen?
    Vielleicht bereitet er sich auf den Kampf gegen Alberich vor und ist deshalb beschäftigt.
    Spyridon veränderte auf dem breiten Ast geringfügig seine Position. »Da unten ist einer der Anführer der Iolair. Er ist der erste, den ich sehe, also kann ich ihm meine Dienste anbieten. Den mit dem Laub auf dem Kopf meine ich, das muss nach Vedas Beschreibung Bricius sein.«
    »Was ist mit dem Schattenlord? Spürst du, in wem er sich verbirgt?«
    »Ich ...« Spyridon zuckte zurück. Die Sängerin im erdfarbenen, wallenden Kleid zeigte auf den Baum. »Sie haben uns entdeckt.«
     
    Naburo gab das Versteckspiel auf. Er schwebte neben dem springenden Spyridon zu Boden und verhielt absichtlich eine Länge über der Wiese in der Luft. Manchmal reichte schon eine gute Show, um Abstand zu schaffen.
    Die Menschen und Elfen, die auf sie zurannten, wurden langsamer und starrten sie an. Der dicke Frans trat vor. »Wer seid ihr? Spione Deochars? Wo ist sein Lager?« Seine Augen verengten sich zornig, und noch ehe Naburo oder Spyridon zu einer Antwort ansetzen konnten, fuhr er fort: »Habt ihr die Kinder befreit?«
    Spyridon deutete

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