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Gesang des Drachen

Gesang des Drachen

Titel: Gesang des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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vollständig von seiner Herzschwäche erholt zu haben. Vielleicht lief seine Zeit doch nicht schneller ab – immerhin blieben ihnen allen nur noch wenige Tage, im besten Fall zwei Wochen. »Klingt nach einem Abenteuer«, sagte er.
    »Hast du es nicht gerade noch Wahnsinn genannt?«
    »Komm.« Er zog sie mit sich. Sie betraten einen der Plattformausläufer und packten die an der Brüstung befestigten Schlaufen, die ihnen Halt boten. Überall herrschte hektische Betriebsamkeit.
    Der Titanendactyle ging tiefer. Das unvorstellbar große Wesen schob sich zwischen die Sonne und Alberichs Heer. Der blinde Lenker brachte es geschickt in eine Position, die einen gigantischen Schatten auf die Truppenausläufer warf.
    Unten blickten mehrere Söldner hoch. Auch Alberich hob den Kopf. Aus ihrer Höhe war er nicht mehr als eine winzige Figur, klein wie eine Puppe.
    »Festhalten!«, ordnete Josce an. »Macht die Pfeile und Wurfspeere bereit! Ran an die Geschütze! Noch werden wir Abstand halten, aber das hindert uns nicht, Alberich einen Denkzettel zu verpassen!«
    Unten klangen Rufe auf. Pfeile sirrten in ihre Richtung, doch die Schützen waren zu weit entfernt, um zu treffen. Die meisten Geschosse erreichten sie nicht. Der Rest ging trotz der gigantischen Flügelspannweite daneben.
    »Klarer Vorteil für uns«, sagte Milt mit einer Grimasse, die Anspannung und Aufregung zugleich zeigte. »Von unten nach oben zu schießen dürfte schwerer sein als von oben nach unten.«
    Laura klammerte sich fest und versicherte sich, dass der Dolch Girne gut gesichert im Polster der Jacke lag.
    Der Schatten des Dactylen bedeckte inzwischen einen großen Teil des Heeres. Die Tiere im Tross wurden unruhig. Einige der Pferde tänzelten und scheuten. Sie witterten das Unheil über ihnen. Helles Gewieher scholl durch den Krater.
    Der Titanendactyle ist eine so unbegreifliche Waffe, dachte Laura. Was kann er im Kampf alles anrichten? Seine verheerende Wirkung hatte sie schon beim Angriff der Iolair auf Morgenröte erlebt. Was mochte noch in ihm stecken? Sie warf Milt einen schnellen Blick zu und sah im Hintergrund, wie Josces Leute die Geschütze bedienten.
    »Jetzt!«, schrie Josce.
    Der Dactyle ließ sich ein weiteres Stück fallen, um in den bestmöglichen Abstand für sein Vorhaben zu kommen.
    Laura schloss die Augen. Ihr Magen zuckte wie bei einer Achterbahnfahrt. Sie erinnerte sich, wie sie vor einigen Jahren auf einer Kirmes in einem Freefall Tower gesessen hatte. Sie hasste es. Sie hatte es vorher gehasst, währenddessen und danach. Und sie hasste es, wenn Arun mit der Cyria Rani ein halsbrecherisches Manöver durchführte, das ihren Magen fast bis in die Kehle beförderte.
    »Ja!«, stieß Milt neben ihr aus. Er war so angespannt und aufgeregt wegen des Angriffs, dass er völlig vergaß, wie sehr er unter Flugangst litt. Allerdings hatte sie sich seit der Passage auf Aruns fliegendem Schiff und auch dem Fliegenden Holländer deutlich gebessert.
    Blinzelnd sah Laura, wie Geschosse in die Reihen fuhren. Mehrere Echsenkrieger sanken zu Boden, drei Reittiere fielen samt ihren Reitern. Die Rufe wurden lauter.
    Unten hob Alberich die Arme. Rotgoldenes Licht sammelte sich um ihn. Es wuchs rasch an, breitete sich über seinem Kopf aus und schoss auf sie zu. Die Luft schmeckte nach Elektrizität, und ein unangenehmes Knistern breitete sich aus.
    »Nichts wie weg«, hörte sie Finn sagen. »Der Alte wird sauer.«
    Josce schien es ähnlich zu sehen wie er. Noch hatte die Schlacht um Cuan Bé nicht begonnen.
    »Ausweichen!«, befahl sie. »Und hoch mit uns!«
    Der Dactyle beschrieb mit unglaublicher Wendigkeit einen Halbkreis und stieg. Er riss den walgroßen, zahnbewehrten Schnabel auf und stieß einen Schrei aus, der Laura durch die Knochen ging. Am liebsten hätte sie die Handflächen gegen die Ohren gepresst.
    Ein Speer aus Licht, lang wie ein Haus, jagte dicht am Ruderschwanz des Dactylen vorbei und verlor sich Richtung Sonne.
    »Das sah knapp aus«, flüsterte Milt.
    Laura schluckte. Sie wusste nicht, ob es dem Titanendactylen überhaupt etwas ausgemacht hätte, von Alberichs Fluch getroffen zu werden, aber sie war froh, es nicht herausfinden zu müssen.
    »Auf nach Cuan Bé«, sagte Josce. »Ich bin sicher, wir werden erwartet.«
     
    »Wie viel Zeit bleibt uns?« Gerfinn sah fragend in die Runde. Er stand mit Deochar, Eroly und zwei anderen ranghohen Iolair hinter dem blauen Tuch.
    Deochar schätzte die Entfernung und die Zeit, die Alberich

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