Gesang des Drachen
befehligen? Ich brauche jemanden, der vom Lager aus die Befehlsgewalt übernimmt, denn mich zieht es hinaus. Ich will Alberich bluten sehen.«
Bricius nickte grimmig. »Verlass dich auf mich.«
Spyridon hob die Hand. »Auch ich werde eine Weile warten und lediglich bei den Planungen helfen, Deochar. Zu eurem Schutz. Sobald ich aktiv in die Schlacht eingreife und von euch den Befehl zum Angriff erhalte, wird auch Yevgenji gezwungen sein, gegen die Iolair vorzugehen. Einige Stunden der Ruhe vor ihm kann ich euch noch verschaffen.«
»Gut. Einverstanden.« Deochar glaubte nicht, dass sie gegen Alberich und Yevgenji auf lange Sicht eine Chance hatten, aber er wusste, dass er bis zum Letzten kämpfen würde. Und Spyridon auf seiner Seite zu wissen war ein gutes Gefühl. »Dann lasst uns keine Zeit verlieren. Mit jeder Minute gewinnt Alberichs Heer an Boden.«
Deochar genoss die Strahlen der Sonne auf der Haut. Er sah sich um und erkannte, dass es den anderen Iolair, die so lange mit ihm in der Höhle hatten ausharren müssen, ebenso ging. Obwohl Alberich vorrückte, war die Stimmung aufgekratzt wie vor einem Fest. Die Iolair waren endlich wieder vereint, der Schattenlord hatte Cuan Bé verlassen. Allein diese Nachricht breitete sich wie ein Lauffeuer aus und sorgte für Euphorie.
Aber wo ist der Schattenlord? Deochar konnte sich darüber nicht lange den Kopf zerbrechen. Er hatte zu viel zu tun. Es galt, einen weiteren Hinterhalt vorzubereiten.
Taria kam auf ihn zu. Aufgrund der Vereinigung der Iolair hatte er sie freigelassen. Es gab nichts mehr, was sie verraten konnte, und ihre Tochter brauchte sie.
»Deochar ... lass mich dir helfen ...«
»Du hast das Leben der Elfen und Menschen aufs Spiel gesetzt, die mir anvertraut wurden«, sagte er leise. »Ich wüsste nicht, warum ich auch nur mit dir reden sollte.«
Ihre Wangen färbten sich dunkel. »Ich ... Du weißt, warum ich es getan habe ...«
»Ja. Aber das rechtfertigt es nicht. Auch andere Iolair haben Kinder und dennoch nicht die Gemeinschaft gefährdet. Geh, Taria. Sorg meinetwegen mit Eroly dafür, dass das Krankenlager den bestmöglichen Schutz erhält, oder organisiere das Versteck für die Kinder und Alten. Aber verschwinde aus meinem Blickfeld.«
Sie wandte sich ab und ging davon. Deochar spürte Erleichterung. Tarias Gegenwart schmerzte ihn, denn er konnte ihr nicht vergeben.
Ein Schatten fiel auf sein Gesicht.
»Seht!«, rief Bricius. »Bei allen Göttern, das ist Josce!«
Deochar blickte auf. Wahrhaftig! Der Titanendactyle zeichnete seinen gewaltigen Umriss am Himmel ab. Der lange Körper verdunkelte das Licht der Sonne. Mit einer grazilen Wendung setzte das gigantische Wesen zum Tiefflug an. Der Ruderschwanz peitschte durch die Luft, dass Deochar Wind ins Gesicht fuhr. Auf der Plattform hinter den endlos erscheinenden Flügeln drängten sich Menschen und Elfen. Josce stieß einen schrillen, jubilierenden Schrei aus, der weit über die Ebene hallte. Die große Zentaurin stand ganz vorn an der Brüstung und breitete die Arme aus.
Das zweite Wunder, dachte Deochar, und endlich spürte auch er sein Herz leicht werden. Mit dem Titanendactylen an ihrer Seite und der Verstärkung konnten sie Alberich die Stirn bieten. Das Blatt wendete sich zu ihren Gunsten.
»Ja!« Er riss die Faust in den Himmel.
Sie sind zurückgekehrt. Endlich. Deochar lachte.
27.
Vereint gegen Alberich
Der Titanendactyle schwebte, einer Festung gleich, in der Luft über Cuan Bé. Die Sonne schien feurig vom Himmel und vertrieb die Schatten und Sorgen in Lauras Herzen. Bricius selbst holte sie und Nidi mit einer geflügelten Schlange ab und brachte sie hinunter auf den Hauptplatz des Lagers. Dort herrschte eine Stimmung wie bei einem Volksfest. Milt und Finn flogen bei anderen Elfen mit.
»Genial!«, rief Finn. »Was für eine Zusammenkunft!«
Zusammen mit dem Licht strahlten Ankommende und Empfangende um die Wette, winkten und riefen.
Laura wandte sich nach links und rechts. Sie wusste gar nicht, wen sie zuerst begrüßen sollte. Neue Befürchtungen und Freude mischten sich in ihr zu einer verwirrenden Empfindungsmischung. Wie war es den anderen unter der Herrschaft des Schattenlords ergangen? Sie stürzte Gina entgegen. Die junge Frau rannte lachend auf sie zu. Eine Schwellung verunstaltete ihr Gesicht, ansonsten sah sie gesund aus. Sie hatte sogar abgenommen.
»Gina! Wie geht es den anderen?«
Neben ihnen stürmte Josce Bricius und Deochar mit donnernden
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