Geschäfte mit der Ewigkeit
sich in Ihrem Besitz befindet ...«
»Sie wollen es also auch?«
»Wenn Ihnen etwas zustößt, wenn ...«
»Nein«, sagte Ann. »Es gehört mir nicht. Daniel Frost hat es mir anvertraut.«
»Aber es könnte verlorengehen. Es ist eine Waffe, sehen Sie das nicht ein? Ich weiß nicht, was es enthält, aber wir ...«
»Ich verstehe. Sie würden alles benutzen, was Ihnen in die Hände fällt. Egal, wie Sie es bekommen. Und egal, was es ist.«
»Nicht sehr freundlich ausgedrückt, aber es entspricht wohl den Tatsachen.«
»Mister Sutton«, sagte Ann. »Ich fahre jetzt an den Randstein. Ich fahre langsamer, aber ich werde nicht anhalten. Ich möchte, daß Sie aussteigen.«
»Wie Sie wünschen, Miß.«
»Und lassen Sie mich bitte in Ruhe«, fügte sie hinzu. »Es genügt, wenn mir die eine Partei nachspioniert. Zwei wären zuviel.«
Es war falsch gewesen, Marcus Appleton aufzusuchen, sagte sie sich. Gerichtlich konnte sie ohnehin nicht vorgehen. Und ein Bluff, auch wenn er gut war, nützte nichts. Es stand zuviel auf dem Spiel, und zu viele Leute hatten persönliches Interesse an den Vorgängen. Man konnte sie nicht alle abschütteln.
Im Augenblick gab es nur eine Lösung. Sie konnte weder in ihr Büro, noch in ihre Wohnung zurückgehen. Denn die Jagd hatte begonnen.
Sie verlangsamte den Wagen, und Sutton stieg schwerfällig aus.
»Vielen Dank für die Fahrt«, sagte er.
»Gern geschehen.« Sie fädelte das Auto wieder in den Verkehr ein.
Sie hatte etwas Bargeld und ihre Kreditkarten bei sich. Es war also gar nicht nötig, nach Hause zu fahren.
Auf der Flucht, dachte sie. Aber eigentlich war sie nicht auf der Flucht. Sie suchte jemanden.
Hoffentlich ist ihm noch nichts zugestoßen, dachte sie.
28
Er war weit südlich an Chikago vorbeigefahren. Einmal hatte er aus der Ferne die dunstverschleierten Türme und Wolkenkratzer gesehen, die sich am unteren Ende des Sees erhoben. Nun befand er sich westlich davon und fuhr in Richtung Norden. Er folgte immer noch den gewundenen alten Straßen. Manchmal verloren sie sich einfach im Nichts oder wurden so unbefahrbar, daß er umkehren mußte. Dann kehrte er an den Ausgangspunkt zurück und versuchte den nächsten mit Gras überwachsenen Weg.
Er war nur langsam vorangekommen. Warum aber sollte er sich auch beeilen? Immer und immer wieder sagte er sich, daß er kein bestimmtes Ziel vor Augen hätte. Der Ort, an den er dachte, bestand vermutlich nur noch in seiner Phantasie. Die Behaglichkeit und Wärme, die von ihm auszustrahlen schien, war nicht mehr als eine Illusion. Wenn er ankam, fand er sicher die gleiche Öde und Leere vor wie überall am Weg.
Doch obwohl er sich diese Dinge vorsagte, trieb ihn sein Inneres vorwärts.
Er traf wenige Menschen. Die Gegenden, die er durchfuhr, waren zum größten Teil unbewohnt. Hin und wieder sah er eine Familie, die sich in einer der leeren Farmen niedergelassen hatte und dort recht und schlecht kampierte. Manchmal stieß er auf kleine Dörfer, deren Bewohner sich bis jetzt hartnäckig geweigert hatten, in die großen Städte zu ziehen. Sie bildeten kleine Trupps, die vergeblich gegen den wachsenden Verfall ankämpften.
Manchmal kam er an Monitor- und Rettungsstationen vorbei. Die Rettungswagen und Helikopter standen jeden Augenblick zum Einsatz bereit. Sobald ein Transmitter sein Signal einstellte, wußte man, daß ein Herz stillstand. Man sah die Koordinaten nach und raste an die angegebene Stelle.
Frost stellte sich vor, daß es in Stationen wie diesen wenig zu tun gab. Die Bevölkerung war so weit verteilt, daß Monate vergehen konnten, bis ein einziger Todesfall vorkam. Aber selbst in Gebieten, in denen nur hin und wieder ein Durchreisender aufgezeichnet wurde, hielt man die Rettungsstationen in tadellosem Zustand.
Trotz der vielen Gerüchte und Kritiken am Ewigkeits-Zentrum funktionierte der Dienst am Kunden einwandfrei. Frost bemerkte es mit einem gewissen Stolz. So mußte es sein. Eine solide Geschäftsbasis bestand nun einmal im Vertrauen zwischen Auftraggebern und Kunden.
Die Straßen, die Frost auswählte, waren für ein schnelles Vorwärtskommen nicht sonderlich geeignet. Und die Notwendigkeit, nach Nahrungsmitteln zu suchen, hielt ihn noch länger auf. Er plünderte die Beerensträucher und holte sich Frühobst von den halb verwilderten, alten Obstgärten. Er angelte mit Erfolg in kleineren und größeren Bächen. Aus einem starken Hickory-Sprößling schnitzte er einen Bogen. Er übte sich stundenlang
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