Geschäfte mit der Ewigkeit
und seinen sonstigen Besitz, und sie hatten ihn in den Fluß geworfen. Damit war die Sache erledigt.
Er kam an einen Bach und überquerte eine alte Steinbrücke, die schon an vielen Stellen abbröckelte. Darunter hatte sich schwarzer Schlamm angesammelt.
Frost ging weiter und schlug mit beiden Händen gegen die Insekten, die ihn umschwärmten. Es war ein hoffnungsloses Bemühen. Er fuhr mit der Hand über den Hals, und sie war voll von zerquetschten Moskitos, die sofort von ihren Artgenossen abgelöst wurden.
Er wußte, daß es abends noch schlimmer kommen würde. Die Fliegen verschwanden zwar bei Anbruch der Dämmerung, aber die Moskitos würden in ganzen Schwärmen aus den Sümpfen kommen. Die Biester, die er jetzt abwehrte, bildeten nur die Vorhut.
Wenn er ein Feuer machen könnte, würde ihn der Rauch schützen. Oder draußen auf einer Sandbank im Fluß hielt der Nachtwind die Insekten ab. Oder vielleicht konnte er einen der Hügel erklettern und dort oben der schlimmsten Plage entgehen.
Ein Feuer war unmöglich. Und der Gedanke, auf den Hügel zu klettern oder noch einmal durch das Schilf waten zu müssen, ließ ihn erschauern. Es gab hier zuviel Giftefeu und Klapperschlangen, und selbst wenn er den Fluß erreichte, konnte er nicht sicher sein, daß er eine Sandbank fand. Er war kein guter Schwimmer.
Aber er mußte etwas unternehmen. Es war bereits Spätnachmittag, und er hatte nicht mehr viel Zeit.
Er stand auf der Straße und blinzelte zu den Hügelrücken hinauf, die von Bäumen und Gestrüpp bewachsen waren und erst ganz weit oben in nackten Fels übergingen.
Vielleicht gab es doch eine Möglichkeit. Langsam formte sich die Idee. Er drehte sich um, ging zurück zu der alten Steinbrücke und kletterte zum Bach hinunter.
Dann nahm er eine Handvoll Schlamm auf. Er war schwarz und breiig und roch abscheulich. Frost schmierte das Zeug auf seine Brust. Dann holte er mehr davon und schmierte es auf Arme und Schultern. Er klatschte sich ganze Ballen auf den Rücken. Dann verrieb er vorsichtig etwas auf seinem Gesicht. Der Schlamm klebte fest und schützte ihn. Das hohe Summen der Moskitos klang immer noch in seinen Ohren, aber sie ließen sich nicht auf der Schlammschicht nieder.
Er bedeckte seinen Körper, so gut er konnte, mit dem schwarzen Brei.
Da saß er also, ein nackter Wilder. Es ging ihm noch schlechter als in der Stadt. Denn nun besaß er nichts, absolut nichts. Er war fast am Ziel seiner Reise angekommen, und nun war er geschlagen. Die schwache Hoffnung war endgültig zerstört. Er wurde mit seiner augenblicklichen Situation nicht mehr fertig. Er hatte keinerlei Ausrüstung und auch keine Ahnung, wie er sie sich beschaffen konnte.
Vielleicht sollte er am nächsten Morgen zurück zu den Bummlern gehen – wenn sie noch da waren und erlaubten, daß er sich ihnen anschloß. Es war nicht das Leben, das er sich erträumt hatte, aber vielleicht gaben sie ihm wenigstens eine Hose und ein Paar Schuhe. Er konnte arbeiten und sich sein Essen verdienen.
Aber höchstwahrscheinlich würden sie ihn vertreiben, sobald er auftauchte. Denn er war ein Verbannter, und nicht einmal die Bummler wollten etwas mit Verbannten zu tun haben. Außer, sie nahmen ihn als Prügelknaben, als Sündenbock in den Stamm auf.
Er zuckte bei dem Gedanken zusammen. Sein Stolz bäumte sich noch einmal auf.
Oder vielleicht sollte er sich jetzt zu dem letzten Verzweiflungsschritt entschließen. Er konnte zur nächsten Monitorstation gehen und sich den Tod geben lassen. Und in fünfzig oder hundert oder tausend Jahren wachte er dann auf und hatte nicht mehr als jetzt. Man würde natürlich die Tätowierungen entfernen, sobald man ihn wiedererweckte, und er konnte sich wieder wie ein normaler Bürger bewegen, aber das war auch alles. Sie würden ihm Kleider schenken, und er konnte sich in einer Reihe mit den anderen anstellen, wenn die Essensrationen verteilt wurden. Er würde weder Hoffnung noch Würde besitzen. Aber die Unsterblichkeit ...
Er erhob sich und ging ein Stück stromaufwärts, wo er ein paar Sträucher mit Brombeeren gesehen hatte. Er aß ein paar, dann ging er zurück an den Bach und setzte sich ans Ufer. Er schmierte neuen Schlamm an die Stellen, von denen er abgefallen war.
Es war klar, daß er im Augenblick nicht viel tun konnte. Die Dunkelheit brach herein, und die Moskitos umtanzten ihn in ganzen Schwärmen. Er mußte hierbleiben und am Morgen den Rest der Beeren essen. Dann konnte er die Schlammschicht erneuern
Weitere Kostenlose Bücher