Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)
nicht benehmen. Du weißt ganz genau, dass du deine Mutter absichtlich provoziert hast. Mit diesem einen betont unpersönlichen Satz hast du deutlich zum Ausdruck gebracht, was du von der Idee hältst, ihr regelmäßig zu schreiben. Ich verstehe dich ja, aber du musst die Situation ernst nehmen und vernünftig sein!«
»Sie verstehen mich überhaupt nicht. Ich habe Ihnen schon das letzte Mal gesagt, dass ich das alles nicht mehr möchte. Und das habe ich ernst gemeint! Ich bin ja nicht blöd. Ich kann schon klar denken. Sie können mir vertrauen. Ich möchte einfach mit denen nichts mehr zu tun haben. Das wird sich nicht mehr ändern. Ich weiß, woher ich komme. Ich hab die regelmäßig gesehen. Ich weiß, wie die leben. Ich möchte das nicht mehr. Ich lebe hier und hier gehöre ich hin«, sagte ich und blieb sogar ruhig dabei. Ich fühlte mich ziemlich erwachsen. Jetzt war alles klar.
»So einfach ist das nicht, Janine. Und das weißt du auch. Solange deine Mutter das Sorgerecht für dich hat, müssen wir alle gemeinsam entscheiden, was für dich das Beste ist. Und das funktioniert nicht im Streit. Für die Lösung, dass du ihr schreibst, hatten wir uns das letzte Mal hier gemeinsam entschieden. Du hattest zugestimmt, ihr zu schreiben, weil du Abstand von deiner Mutter wolltest. Mit solchen Provokationen wie dieser Karte machst du doch alles nur noch schlimmer. Du verärgerst sie. So geht das nicht.«
»Wir haben gar nicht gemeinsam entschieden, sondern Sie haben das entschieden! Und Sie haben noch nie gut für mich entschieden! Ich bin kein Kleinkind, ich kann selbst entscheiden«, jetzt hatte ich wirklich langsam genug. Frau Antunes wollte mich einfach nicht verstehen und hörte nicht auf, mich wie ein Baby zu behandeln! Ich wurde wütend und schrie:
»Ich bin nicht blöd, und wenn ich sage, ich will meine Mutter nicht mehr sehen und ich will ihr auch nicht mehr schreiben, dann meine ich das ernst!« Ich war aufgesprungen und starrte sie an. Sie sah nicht mehr ganz so sicher und überheblich aus wie vorher. »Nehmen Sie mich doch endlich auch mal ernst und nicht nur meine Mutter! Schließlich geht es hier um mein Leben. Ich weiß, warum ich das alles nicht mehr will und warum ich das so entscheide. Ich hab ihr einfach nichts zu sagen, was soll ich ihr denn dann schreiben? Ich werde der nie wieder eine Karte schreiben und nie wieder einen Fuß da reinsetzen. Sie können mich nicht zwingen. Sonst packe ich meine Sachen und haue ab.«
»Nina, beruhige dich doch!« Mama war total erschrocken. Zu Frau Antunes sagte sie immer wieder: »Das meint sie nicht so. Das kriege ich wieder hin!«
Aber aus mir sprudelte es nur so raus. Ich war so wütend! Alle wollten immer über mich bestimmen!
»Doch, ich meine das genau so! Ich hab keinen Bock mehr auf den Scheiß!«
»Janine, bleib doch ruhig! Wir finden schon eine Lösung!«, sagte Frau Antunes. Sie sah jetzt richtig schockiert aus.
»Die einzige Lösung ist, dass ich sie nicht mehr besuche! Wenn Sie mich zwingen, die zu besuchen, hau ich ab!« Ich merkte, dass mir Tränen über die Wangen liefen, aber das war mir egal.
»Janine, hör doch auf zu weinen und beruhige dich!«, sagte Mama. Sie stand jetzt neben mir, legte ihre Hand auf meine Schulter und wollte mir über den Rücken streichen.
Ich zitterte am ganzen Körper, in meinem Kopf schwirrte und sirrte es. Ich ertrug das alles nicht mehr! Die sollten mir endlich mal zuhören!
»Lass mich in Ruhe!«, brüllte ich und machte mich los. Ich hatte Lust, irgendetwas kaputtzumachen, oder ganz schnell zu rennen oder laut zu schreien …
Plötzlich fing Stefan an zu heulen und alle redeten durcheinander. Kerstin sagte, ich sollte aufhören zu schreien, Papa versuchte, Mama zu beruhigen, die auch angefangen hatte zu weinen.
Ich hielt das alles nicht mehr aus! Ich lief zur Tür und knallte sie hinter mir zu. Dann rannte ich in mein Zimmer.
Adoption
Das erste, das der Mensch im Leben vorfindet,
das letzte, wonach er die Hand ausstreckt, das kostbarste,
was er im Leben besitzt, ist die Familie.
ADOLF KOLPING
»Und du bist dir sicher, dass meine Mutter bei meiner Anhörung nicht dabei ist?«
»Ich hoffe es, Janine, ich hoffe es. Frau Antunes hat gesagt, sie tut alles in ihrer Macht Stehende, damit dir diese Situation vor Gericht erspart bleibt.«
Seit wir losgefahren waren, hatte Papa kein Wort gesagt. Deshalb hatte ich das Schweigen gebrochen, auch wenn ich eigentlich schon wusste, was er antworten würde. Es
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