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Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Titel: Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Kunze
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man nicht redet …«, hakte Frau Antunes ein.
    »Das glaube ich nicht! Und Sie glauben es auch nicht. Dass meine Mutter da saß und es allen egal war, dass ich das nicht wollte, sagt doch schon alles. Ihre Wünsche werden immer wichtiger sein als meine. So lange sie der Adoption nicht zustimmt und vor Gericht die Mutti spielt, wird kein Richter für mich entscheiden.«
    Frau Antunes nickte langsam. Dann seufzte sie. »Vielleicht hast du recht, Janine. Es ist schwierig. Und wird immer schwierig sein. Adoptionen gegen den Willen der leiblichen Eltern sind tatsächlich sehr selten. Und wir haben wohl auch ein bisschen Pech mit dem Richter gehabt. Trotzdem dachte ich, wir hätten eine Chance. Wer nicht kämpft, hat schon verloren, weißt du.« Sie lächelte ein bisschen.
    Ich nickte. »Ja, aber sie bekommt immer eine Chance mehr als ich. Egal, ob ich kämpfe oder nicht. Die Regeln sind für sie gemacht und nicht für mich. Deshalb sehe ich nicht ein, warum ich sie befolgen sollte.« Mehr gab es für mich nicht zu sagen. Ich stand auf.
    Frau Antunes sah mich traurig an. Sie nickte, stand auch auf und umarmte mich kurz. Dann ging ich wieder in mein Zimmer.
    Eine halbe Stunde später hörte ich, wie Mama Frau Antunes und Frau Schneider verabschiedete. Kurze Zeit darauf kam sie in mein Zimmer.
    »Ich weiß, es ist schwierig, aber kannst du es uns nicht ein wenig leichter machen, Janine? Ich verstehe, wie wütend du bist, aber deine Mutter und das Jugendamt sitzen einfach am längeren Hebel. Das haben sie uns ja gerade erst demonstriert. Überleg es dir doch noch einmal mit der Karte, ja?«
    Ich schüttelte den Kopf und sagte: »Ich will mit der wirklich nichts mehr zu tun haben, die Frau kann mir mal gestohlen bleiben.«
    Mama nickte, aber ich sah, dass sie totale Panik hatte. Wir schwiegen eine Weile. Es gab nichts mehr zu sagen. Wir hatten das alles schon so oft besprochen. Da fiel mir etwas ein:
    »Mama, was kostet eine Nasen- OP ?« Die Frage war mir schon die ganzen Tage durch den Kopf gegangen.
    »Warum willst du das denn wissen?« Mama sah mich entgeistert an.
    »Ich hasse meine Nase, ich möchte sie operieren lassen.«
    Mama schüttelte den Kopf: »Das kannst du machen, wenn du erwachsen bist und selber Geld hast. Du operierst jetzt erst mal gar nichts an deiner Nase, die ist schön und bleibt genau so, wie sie ist.«
    Damit stand sie auf und ging in die Küche, um Abendessen zu machen.
    Als wir zusammen gekämpft hatten, hatte ich mich Mama und Papa ganz nah gefühlt. Endlich war klar gewesen, wo ich hingehörte. Sie hatten mich verstanden. Dieses Gefühl war plötzlich wie weggeblasen. Sie dachten auf einmal ganz anders als ich und waren mir fremd in ihrem ständigen Bemühen, alles richtig zu machen. Was uns so lange zusammengeschweißt hatte, trennte uns jetzt.

Model
    Es gibt keine großen Entdeckungen und Fortschritte, solange es noch ein unglückliches Kind auf Erden gibt.
    ALBERT EINSTEIN
    Caro und ich saßen auf einer halbhohen Mauer im Pausenhof. Caro war meine Banknachbarin, seit ich auf der Realschule war und nicht mehr neben Silvia und Steffi sitzen konnte, die beide auf dem Gymnasium geblieben waren. Gerade war ein Vortrag von einem Berufsberater in der Aula gewesen. Zum Glück war der Vortrag jetzt vorbei. Es war superlangweilig gewesen. Der Typ vom Arbeitsamt hatte nichts erzählt, was wir nicht schon gewusst hätten, trotzdem musste der ganze Jahrgang zu dem Vortrag anrücken.
    »Was ist denn eigentlich deine Mutter von Beruf?«
    »Meine Mutter ist Hausfrau«, antwortete ich.
    »Nein, ich meine, deine leibliche Mutter«, sagte Caro.
    »Ach so. Die modelt und ist Tänzerin. Deshalb ist sie immer viel unterwegs.« Ich hatte im Moment überhaupt keine Lust, über sie zu reden. Aber wenn ich Caro das sagen würde, würde sie nur noch mehr bohren.
    »Wie, die ist ein richtiges Model? Mit Fotoshootings und so?« Caro schien ziemlich beeindruckt zu sein.
    »Mhm.« Ich dachte an den Modekatalog, den Helmut mir einmal gezeigt hatte. Wenn ich ehrlich war, waren das die einzigen Modefotos, die ich je von ihr gesehen hatte. Ich wusste eigentlich gar nichts darüber. Ich hatte noch nicht mal eine Ahnung, ob meine Mutter das immer noch machte oder nicht. Auch über das Tanzen wusste ich eigentlich nichts Genaues. War es nicht bescheuert, dass eine Frau, über die ich so wenig wusste, so viel Macht über mich hatte?
    Egal. Wenn ich sagte, dass sie tanzte und Model war, hörte es sich danach an, dass sie viel

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