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Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Titel: Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Kunze
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Pflegekind ins Heim, wenn sie in den Urlaub fahren oder sogar an Weihnachten. Aber wie gesagt, das sind ganz wenige und es hat überhaupt nichts mit dir zu tun! Also vergiss es am besten gleich wieder.«
    Ich musste schlucken. Ich wusste, dass Mama recht hatte: Das hatte alles gar nichts mit mir zu tun. Trotzdem fand ich die Vorstellung schrecklich, dass die Eltern ihre Kinder ins Heim steckten, wenn sie mal was Schönes machten, wie in den Urlaub fahren.
    »Das ist alles so schlimm, und ich weiß nicht, warum man das nicht verändern kann. Natürlich ist es schwierig, allen gerecht zu werden. Gerade, wenn noch andere Kinder da sind. Aber es kann doch nicht sein, dass ich einem Kind einerseits helfen will. Und wenn es um die Dinge geht, die eine Familie letztlich ausmachen, wie Urlaub oder Weihnachten, gebe ich das Kind in ein Heim, weil mir das zu teuer wird. Was sind denn das für Eltern?« Mama hatte wieder Tränen in den Augen. Das schien sie wirklich aufzuwühlen.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
    »Wir haben das Geld für dich angespart, damit du etwas hast, wenn du achtzehn bist«, sagte sie leise.
    Ich hatte einen Kloß im Hals. Ich dachte über das nach, was sie gesagt hatte. Vielleicht sollte man den Pflegeeltern einfach kein Geld dafür geben. Oder diesen ganzen Pflegeeltern-Quatsch einfach abschaffen!
    »Wenn es so schwierig ist, gute Pflegeeltern zu finden, warum gibt es denn dann überhaupt Pflegeeltern? Warum dürfen die Kinder nicht einfach von jemandem adoptiert werden?«
    »Viele leibliche Eltern lieben ihre Kinder, auch wenn sie eine Zeitlang nicht in der Lage sind, sich um sie zu kümmern. Die Gesetze sollen verhindern, dass ein Kind zu schnell von seinen leiblichen Eltern entfernt wird und dass Familien ohne Not auseinandergerissen werden«, sagte Mama. Es hörte sich an, als hätte sie es auswendig gelernt. Sie klang müde.
    »Meine Mutter hat mich nie geliebt.«
    »Das stimmt nicht, Janine. Das darfst du nicht denken! Sie hat sicher viele Fehler gemacht, aber ich bin mir ganz sicher, dass sie dich auf ihre Weise sehr liebt.«
    Warum verteidigte Mama sie immer? Und versuchte, ihr alles recht zu machen?
    »Aber warum hat sie mich dann weggegeben? Ich meine, sie war doch nicht in einer Notlage oder so, oder? Sie war auch nicht krank oder arm oder so was. Sie hat mich einfach nicht genug geliebt!«
    »Deine Mutter hat dich immer sehr geliebt, aber als du geboren wurdest, hatte sie keinen geregelten Job und kein geregeltes Leben. Ein Kind hatte in ihrem Leben keinen Platz.«
    »Aber warum denn nicht?«
    Mama seufzte. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir auswich. Oder irgendetwas verschwieg.
    »Mama, ich bin kein kleines Kind mehr. Ich bin fünfzehn!«
    Mama lächelte leicht und sagte: »Ja, aber erst seit einer Woche.«
    Ich verdrehte die Augen. Sie würde wahrscheinlich nie aufhören, mich wie ein kleines Kind zu behandeln. »Sag mir endlich, was damals war, als ich zu euch gekommen bin.«
    »Deine Mutter hat damals vor allem nachts gearbeitet. Sie war ein Nachtmensch, eine … na ja, eine Partygängerin. Dein Vater und sie hatten noch keine feste Beziehung.«
    »Aber als Model arbeitet man doch nicht nachts!«
    Mama nickte. Nach einer Pause sagte sie: »Sie hat damals auch nicht als Model gearbeitet, Janine. Sie ist mit Männern ausgegangen und hat dafür Geld bekommen.«
    Ich schluckte. Ich wusste nicht genau, was Mama damit meinte, aber ich ahnte, dass es nichts Gutes war. »Hat sie das lange gemacht?«
    »Soweit ich weiß, nicht. Ich glaube, das war nur eine kurze Episode in ihrem Leben. Die meiste Zeit hat sie als Kellnerin und Tänzerin gearbeitet. Und eine Zeitlang eben auch als Model. Aber das könnte sie dir sicherlich alles noch viel besser selbst erzählen, wenn du sie mal wieder besuchen würdest.«
    »So genau will ich das gar nicht wissen«, murmelte ich.
    »Janine, jeder Mensch macht Fehler in seinem Leben. Verurteile deine Mutter nicht leichtfertig. Sieh es doch mal so: Hätte sie dich nicht weggegeben, wärst du nie zu uns gekommen! Das wäre doch schrecklich, oder?«
    Ich nickte. Mama hatte recht. Wenn auch auf eine seltsam verdrehte Weise. Trotzdem würde ich meiner Mutter nicht verzeihen.
    »Wie war das denn, als ich zu euch gekommen bin?«
    »Das weißt du doch, das hab ich dir doch schon oft erzählt.«
    »Erzähl es mir noch mal!«, sagte ich. Die Geschichte hörte ich gerne. Vor allem die Stelle, wenn Mama sagte, dass sie mich sofort mitnehmen wollte. Früher hatte

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