Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Titel: Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Kunze
Vom Netzwerk:
übrig, als der Anmeldung für nächstes Jahr zuzustimmen. Ich hatte mittlerweile auch einfach Angst, dass es Mama irgendwann mit mir reichte und sie mich dafür verantwortlich machte, dass der Haussegen in der kompletten Familie so oft schief hing. Insgeheim schwor ich mir, dass Mamas Rechnung, dass ich im Laufe des nächsten Jahres doch wieder Spaß an der Schule finden würde und noch Abi machen würde, nicht aufgehen würde.
    Im Laufe des Sommers war ich ein paarmal bei Christian zu Hause gewesen. Zweimal waren wir sogar zu mir gegangen. Ich dachte, wenn Mama und Papa ihn erst ein bisschen besser kennen würden, würden sie ihn vielleicht akzeptieren. Er war Mama gegenüber extrem höflich, aber ich merkte sofort, dass das nichts werden würde. Für Mama war er einfach ein Schönling, dem man nicht trauen konnte. Sie sagte zwar nichts mehr, aber sie lehnte ihn ab, das merkte ich deutlich.
    Viel Zeit, die wir zusammen verbringen konnten, hatten wir sowieso nicht. Christian machte dieses Jahr Abitur und ich Mittlere Reife. Er musste viel lernen und tat es auch. Sehr zum Leidwesen meiner Eltern beschränkten sich meine Aktivitäten auf meine Sportgruppen und Verabredungen mit meinen Freunden. Mit der Schule hatte ich abgeschlossen und das würde sich auch nach den Sommerferien nicht ändern. Für die Hauswirtschaftsschule würde ich mir definitiv kein Bein ausreißen.
    Ich mochte Christian sehr gerne und bewunderte ihn, weil er so erwachsen und cool war. Trotzdem kamen mir manchmal Zweifel, ob wir wirklich zueinander passten. Außerdem wusste ich nach wie vor nicht, ob ich ihm vertrauen konnte. Hatte Mama vielleicht doch ein bisschen recht mit ihren Vorbehalten? An den Wochenenden ging er immer aus. Da ich nach wie vor um zwölf zu Hause sein musste, konnte ich nur selten mitkommen. Ich hatte keine Ahnung, was er trieb, wenn ich nicht dabei war, und mit wem er unterwegs war. Aber wenn ich seine blauen Augen sah, waren alle diese Gedanken wie weggewischt.
    Trotz meines geringen Engagements schaffte ich die Mittlere Reife ohne Probleme. Anfang August begann die Hauswirtschaftsschule, die ich gähnend langweilig fand. Wir lernten kochen, putzen und bügeln, hatten aber auch jede Menge normale Fächer wie Bio, Mathe, Chemie und so weiter. Christian hatte sein Abi geschafft und war vor einer Woche aus dem Urlaub zurückgekommen. Wir hatten uns seitdem zwei Mal gesehen und er kannte nur ein Thema: Wann ich endlich mal bei ihm übernachten würde. Zuerst hatte ich gesagt: »Nicht, bevor ich achtzehn bin.« Seitdem nannte er mich nur noch »kleine Nonne«. Das fand ich nicht besonders schmeichelhaft. Aber ich wusste, ich brauchte Mama gar nicht erst zu fragen. Sie würde mir niemals erlauben, bei einem Jungen zu übernachten. Ganz egal, was ich ihr versprach oder was meine Freundinnen durften. Bei mir war es immer »etwas anderes«.
    Mitte August machte Christians Freund Marc eine Party. Und mir kam eine Idee. Am Mittwoch bevor die Party steigen würde, beschloss ich, mit Mama zu reden:
    »Am Samstag ist doch die Party bei Marc Odenthal«, begann ich. Ich hatte mich den ganzen Sommer extrem zusammengerissen und war wenig weg gewesen. Deshalb hatte sie mir die Party diesmal ohne große Diskussionen erlaubt.
    »Ja, ja, ich weiß. Wir hatten ja schon darüber geredet. Bis um zwölf kannst du bleiben.«
    »Könnte ich nicht bei Silvia übernachten am Samstag?«
    »Wieso das denn? Silvia wohnt doch nur ein paar Straßen entfernt, das ist doch auch nicht näher bei den Odenthals als wir.«
    »Ja, aber wenn ich bei ihr übernachte, muss ich nicht mehr mitten in der Nacht alleine mit dem Fahrrad durch die Gegend fahren.«
    »Das macht dir doch sonst auch nichts aus. Im Gegenteil, es kann dir normalerweise ja gar nicht spät genug sein zum Fahrradfahren!«
    »Ach bitte, Mama. Ich hab so lange nicht mehr bei Silvia übernachtet! Ihre Mutter ist ja da, wir sind auch auf jeden Fall um zwölf zu Hause, versprochen.«
    Mama sah mich zweifelnd an. »Das muss ich mir erst noch überlegen.«
    Damit war die Diskussion für sie anscheinend erst mal erledigt. Sie ließ mich alleine in der Küche sitzen und sagte, sie würde jetzt einkaufen fahren.
    Nach dem Abendessen versuchte ich mein Glück erneut. Manchmal musste man bei Mama einfach hartnäckig bleiben. Und siehe da: Diesmal hatte diese Taktik tatsächlich Erfolg. Nach viel Hin und Her war Mama einverstanden. Aber nur, wenn ich ihr hoch und heilig versprach, dass wir um zwölf zu Hause

Weitere Kostenlose Bücher