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Geschichte der deutschen Sprache

Geschichte der deutschen Sprache

Titel: Geschichte der deutschen Sprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Roelcke
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Gelehrten, die sich an dieser Diskussion beteiligen, ist sicher Jacob Grimm, der sich sehr konsequent für das etymologische Prinzip einsetzt, wonach zum Beispiel der aus dem Germanischen
t-
Laut entstandene
s
-Laut eigens durch den Buchstaben
ß
gekennzeichnet werden soll (was dann auf Schreibungen wie
Haß
und
Waßer
hinausläuft). Die beiden Beispiele lassen bereits deutlich werden, dass sich Grimm mit seinen Vorstellungen nicht ganzdurchsetzen kann (so wird nach der sog. alten Rechtschreibung bis zum Ende des 20. Jahrhunderts
Haß
, aber
Wasser
geschrieben). In einem weiteren bedeutsamen Punkt scheitern Grimms Normbestrebungen ebenfalls: Er versucht die Großschreibung der Substantive, die sich in der frühen Neuzeit herausgebildet hat und von Gottsched zur Norm erhoben wurde, wieder abzuschaffen und durch konsequente Kleinschreibung zu ersetzen. Doch auch hier muss er sich letztlich beugen: Mit der Großschreibung der Substantive bleibt durch die Orientierung an einer bestimmten Wortart ein weiteres Rechtschreibprinzip (nämlich das grammatische Prinzip) für die deutsche Rechtschreibung wirksam. Im Hinblick auf die Schriftart sind Grimms Vorstellungen indessen zum Tragen gekommen (wenn auch nicht zu seinen Lebzeiten): Anfang der 1940er Jahre wird die Frakturschrift von der noch heute üblichen Antiqua ersetzt.
    Trotz oder gerade wegen der Diskussion um die richtige Schreibweise im Deutschen und nicht zuletzt auch wegen der Einführung der allgemeinen Schulpflicht wird gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Ruf nach einer verbindlichen Regelung immer lauter. Es werden einige Konferenzen abgehalten, an denen sowohl Sprachwissenschaftler als auch Schulgelehrte teilnehmen. Konrad Duden fasst daraufhin in dem Orthographischen Wörterbuch (1880) seine Vorstellungen zusammen (vereinfacht im sog. Buchdruckerduden, 1903) und beeinflusst damit die entscheidende Konferenz von 1901 nachhaltig. Der «Duden» gilt von nun an über viele Jahrzehnte als letzte Instanz in Sprachenfragen und wird von 1956 bis 1996 in der Bundesrepublik als maßgeblich für die amtliche deutsche Rechtschreibung angesehen. Diese Bedeutung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass zahlreiche Bereiche der deutschen Rechtschreibung nach wie vor strittig bleiben. Und so kommt es immer wieder zum Wunsch nach Nachbesserungen oder gar Neuregelungen, die die Institution des Duden-Wörterbuchs sowie des Verlags, der ihn bis 1996 in über zwanzig Auflagen herausbringt, in Frage stellen. Nach langen Diskussionen unter Beteiligung von zahlreichen Sprachwissenschaftlern wird schließlich eine Rechtschreibreform (1996/2006) durchgesetzt. Seinenoffiziellen Status als sprachliche Entscheidungsinstanz hat das Duden-Wörterbuch seither verloren: Die amtliche Rechtschreibung ist nunmehr nur für einen begrenzten Bereich der Schriftsprache gültig; im Übrigen ist jedem freigestellt, nach welchen Regeln er schreiben möchte. Seinen Status als inoffizielle Entscheidungsinstanz innerhalb der deutschsprachigen Bevölkerung wird der «Duden» jedoch sicher noch (neben anderen Werken seiner Art) eine ganze Weile behalten.
    In der Reform von 1996 sind folgende Bereiche Gegenstand der neuen Regelungen: Erstens die Zusammen- und Getrenntschreibung mit einer deutlich erkennbaren Bevorzugung der Getrenntschreibung; zweitens die Groß- und Kleinschreibung mit einer eindeutigen Stärkung der Großschreibung von Substantiven (eine Regel, die das Deutsche mit keiner anderen Sprache der Welt teilt); drittens die Fremdwortschreibung mit einer Tendenz, Wörter aus anderen Sprachen entgegen ihrer ursprünglichen Schreibung an die deutsche Schreibung anzupassen; und viertens schließlich die
s
-Schreibung, bei der das
ß
nach Kurzvokalen wegfällt. Nachdem sich die Öffentlichkeit zuvor kaum für die Reformdiskussion interessiert hat, löst die Veröffentlichung der neuen Regelungen schlagartig einen Sturm der Entrüstung hervor: Es werden zahlreiche Appelle gegen die Umsetzung der Reform veröffentlicht; Buch- und Zeitschriftenverlage boykottieren die Reform und führen bisweilen eigene Regelungen ein. Schließlich wird eine Reform der Reform erforderlich: In dieser Reform von 2006 bleiben nun die Regelungen der 96er Reform im Prinzip bestehen; doch werden zahlreiche Schreibvarianten zugelassen, die dieser ihre Spitzen nehmen sollen (so zum Beispiel
kennenlernen
neben
kennen lernen
,
bei weitem
neben
bei Weitem
,
zuhause
neben
zu

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