Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
Wenn ein Curaca sich empörte, so wurde er nach dem Gesetz bestraft, aber die Strafe nicht auf den
Sohn ausgedehnt, der dem Vater im Amte zu folgen bestimmt war;im Gegentheil man verlieh ihm dieß Amt, indem man ihm den Fehler seines Vaters vorstellte und ihn ermahnte nicht auch in
denselben zu verfallen. – Hatte ein Richter einen Urtheilsspruch gefällt, so konnte er ganz und gar die durch das Gesetz verhängte
Strafe nicht erlassen, sondern mußte sie bei Todesstrafe pünktlich vollziehen lassen. – Die Strenge der Gesetze flößte den
Unterthanen einen solchen Abscheu vor dem Laster ein, daß in dem großen Reiche die beste Ordnung herrschte und es trotz der
Menge verschiedener Stämme einer einzigen großen Familie glich. Da man überdieß jedes Gesetz für göttlich hielt, so beobachtete
man es auch mit Freuden, und man fand während des ganzen Jahres kaum einen einzigen, der einen strafbaren Fehler begangen
hatte. Jeden, der ein Gesetz verletzte, hielt man für einen Gottesfrevler, so daß sich die Schuldigen häufig aus Gewissensbissen
selbst beim Richter angaben. – Jeder Richter mußte von Monat zu Monat Rechenschaft über seine Urtheile ablegen, damit man
daraus ersehen konnte, ob jeder seine Pflicht erfüllte. – Auch Gesetze gegen den Luxus waren eingeführt. Der Inca Pachacutec
verordnete, daß nur die Prinzen und ihre Söhne Gold, Silber, Edelsteine und kostbare Federn oder Kleider aus der feinen Wolle
der Vicunaziege tragen durften. – In Bezug auf das Essen gebot das Gesetz Mäßigkeit; bezüglich des Trinkens bestand keine
Verordnung, jeder durfte sich so oft er wollte berauschen. – Einer der größten Gesetzgeber war der obengenannte Pachacutec;
er erließ unter andern Gesetze gegen Hochverräther und Majestätsverbrecher, gegen Gotteslästerer, Mörder, untreue Vasallen,
Ehebrecher, gegen die welche Mädchen aus dem Hause ihrer Eltern entführten oder ihnen Gewalt anthaten; ingleichen gegen Räuber,
Sodomiter, Unzüchtige und so weiter. Es sind von ihm noch eine Reihe von Denksprüchen übrig, die wir unsern Lesern wegen ihrer
Eigenthümlichkeit hier mittheilen wollen.
»Ein Reich befindet sich in ruhigem Zustande und Ordnung herrscht in ihm, wenn die Unterthanen, Beamten und Statthalter ihrem
Könige freiwillig und in Liebe gehorchen.« – »Der Neid ist ein Wurm, der die Eingeweide der Neidischen auffrißt und verzehrt.«
– »Der leidet doppelt Pein, welcher einen andern beneidet und selbst beneidet wird.« – »Es ist besser von andern beneidet
werden, wenn man rechtschaffen ist, als wenn man aus Bosheit Neid gegen andere hegt.« – »Man thut sich selbstSchaden, wenn man andere beneidet.« – »Der welcher Neid gegen Rechtschaffene in sich trägt, zieht von diesen nur Böses, gerade
wie die Spinne, die wir aus den schönsten Blumen Gift ziehen sehen.« – »Betrunkenheit, Zorn und Thorheit gehen beinahe gleichen
Schritt, doch die beiden erstern sind freiwillig und vorübergehend, während die Thorheit immer dauert.« – »Der Mensch verdammt
sich selbst zum Tode, welcher jemanden mit kaltem Blute tödtet ohne einen Grund dafür zu haben oder ohne dazu beauftragt zu
seyn.« – »Es ist nothwendig, daß der zum Tode verdammt werde, der seinesgleichen den Tod gegeben hat; ich bestätige deßhalb
das Gesetz meiner Vorfahren, das die Todesstrafe über alle Mörder verhängt!« –
»In einem gutgeordneten Staate darf man niemals Taugenichtse und Träge dulden, die statt sich ehrlich nähren zu wollen, nur
von Raub und Diebstahl leben. Es ist deßhalb sehr billig, daß diese Diebe gehängt werden.« –
»Die Ehebrecher, die das Bett anderer schänden und mithin den Frieden und die Ruhe der Familien stören, sollen als Räuber
betrachtet und ohne Gnade zum Tode verdammt werden.« –
»Ein edles und großes Herz zeigt sich in der Geduld, mit welcher es die Schläge des Schicksals erträgt.« – »Die Ungeduld ist
ein Zeichen eines gemeinen Herzens, das keine Bildung, sondern nur böse Gewohnheiten besitzt.« – »Die Könige und Statthalter
müssen Milde und Freigebigkeit gegen ihre Unterthanen üben, wenn sie den Gesetzen, die man ihnen gegeben hat, gehorchen; müssen
aber jeden, der sie übertritt, bestrafen.« – »Schlechte Richter, von welchen die streitenden Parteien betrogen werden und
die sich bestechen lassen, sind als Räuber zu betrachten.« – »Die Statthalter in den Provinzen müssen besonders auf zwei
Weitere Kostenlose Bücher