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Geschichte der O und Rückkehr nach Roissy

Titel: Geschichte der O und Rückkehr nach Roissy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Réage
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waren, wie O von René. Die anderen Zimmer in den Stockwerken waren für die Mitglieder, die sich in Roissy aufhielten. Innerhalb der Klausur durften die Mädchen nur in Begleitung umhergehen; sie waren zu absolutem Schweigen verpflichtet, selbst untereinander, und mußten die Augen gesenkt halten; stets waren ihre Brüste nackt und meistens auch der Rock vorn oder hinten hochgeschlagen. Man verfügte nach Belieben über die Mädchen. Wie immer man sich ihrer bediente, was immer man von ihnen forderte, es kostete nicht mehr. Man konnte dreimal im Jahr kommen oder dreimal in der Woche, eine Stunde oder vierzehn Tage hier bleiben, ein Mädchen nur ausziehen oder es bis aufs Blut peitschen, der jährliche Mitgliedsbeitrag war derselbe. Der Aufenthalt wurde wie in einem Hotel berechnet. Die zweite Gittertür trennte von diesem zentralen Teil des Gebäudes einen Flügel, der die kleine Klausur genannt wurde. In seiner Verlängerung lagen die Wirtschaftsgebäude, wo Anne-Marie wohnte. In der kleinen Klausur logierten die Mädchen der eigentlichen Gemeinschaft, und zwar sozusagen in Doppelzimmern, denn sie waren durch eine halbe Trennwand unterteilt; an diese Wand stießen zu beiden Seiten die Kopfenden der Betten. Es waren gewöhnliche Betten, nicht ein mit Pelz bedeckter Divan wie in dem Zimmer, in dem O das erste Mal untergebracht gewesen war. Die beiden Zimmer hatten jeweils ein Bad und eine gemeinsame Garderobe. Die Türen ließen sich nicht abschließen, und die Klubmitglieder konnten im Laufe der Nacht, die die Mädchen angekettet verbrachten, jederzeit hereinkommen. Aber abgesehen von dem Anketten gab es keine bindende Vorschrift. Jenseits der dritten Gittertür, die, wenn man vor der Hauptgittertür stand, linker Hand lag - die zweite rechter Hand -, befand sich der frei zugängliche und gleichsam öffentliche Teil von Roissy: ein Restaurant, eine Bar, kleine Salons im Erdgeschoß, und in den Stockwerken die Zimmer. Die Klubmitglieder konnten in der Bar und im Restaurant ihre Gäste empfangen, ohne daß diese ein Eintrittsgeld bezahlen mußten. Aber jedermann oder annähernd jedermann konnte sich einen »vorläufigen Ausweis« ausstellen lassen, der für zwei Besuche galt und sehr teuer war. Man erwarb damit lediglich das Recht, das auch den Gästen eingeräumt wurde, in der Bar zu trinken, das Mittag- oder Abendessen zu verzehren, ein Zimmer zu nehmen und sich ein Mädchen heraufkommen zu lassen, und alles wurde gesondert in Rechnung gestellt. Im Restaurant und in der Bar gab es einen Oberkellner und einen Barmixer und einige Kellner - die Küchenräume lagen im Souterrain -, aber die Mädchen bedienten an den Tischen. Im Restaurant trugen sie die Uniform. In der Bar - angetan mit seidenen Abendkleidern, einer Spitzenmantille ähnlich der Mantille der Uniform, die das Haar, die Schultern und die Brust bedeckte hielten sie sich nur auf, um darauf zu warten, daß man sie wähle. Das Restaurant und die Bar deckten normalerweise ihre Unkosten, das Hotel auch. Das Geld, das die Mädchen verdienten, wurde nach festgelegten Sätzen geteilt: so und so viel für Roissy, so und so viel für das Mädchen. Der Preis war nicht für alle gleich: O erfuhr, daß sie das Doppelte bezahlt bekommen würde, weil sie offiziell einem Klubmitglied gehörte und Eisen und ein Zeichen trug. Bei zwei anderen Mädchen verhielt es sich genau so, eine davon war die kleine, rundliche Rothaarige mit der weißen Haut, die sie bei Anne-Marie gesehen hatte. Ein Mädchen peitschen kostete extra, sie durch einen Diener peitschen lassen ebenso. Die Rechnungen wurden im Büro des Hotels bezahlt, Trinkgelder direkt ausgehändigt. Die unmittelbare Nähe von Paris, das fürstliche und dennoch diskrete Aussehen der Gebäude, die komfortable Einrichtung und die Vorzüglichkeit des Restaurants, das Theatralische an der Kostümierung der Mädchen und die Anwesenheit der Diener, die Gefahrlosigkeit und Ungezwungenheit des Geschlechtsverkehrs, schließlich und vor allem das, was man über die Vorgänge hinter den Gittertüren der Klausur wußte, all das trug Roissy zahlreiche Kunden ein, die fast ausschließlich Geschäftsleute waren, und unter ihnen ebenso viel Ausländer wie Franzosen. Das öffentliche Roissy existierte ebenso wenig wie das heimliche Roissy: Country Club war eine Bezeichnung, die niemanden täuschte, aber es kam häufig vor, daß der Mann mit den grauen Schläfen, der als der Hausherr von Roissy galt, aber nur der Verwalter war, das eine oder

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